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Erklärung einer antiken Gemme.

Es steht ein junger Feigenstock
In einem schönen Garten;
Daneben sigt ein Ziegenbock,
Als wollt' er seiner warten.

Allein, Quiriten, wie man irrt!
Der Baum ist schlecht gehütet;
Und ihm zur andern Seite schwirrt
Ein Käfer ausgebrütet.

Es fliegt der Held mit Panzerbrust
Und naschet in den Zweigen,
Und auch der Bock hat große Lust,
Gemächlich aufzusteigen.

Drum seht, ihr Freunde, schon beinah
Das Bäumchen nackt von Blättern ;
Es stehet ganz erbärmlich da
Und flehet zu den Göttern.

Drum hört die guten Lehren an,
Ihr Kinder, zart von Jahren:
Vor Ziegenbock und Käferzahn
Soll man ein Bäumchen wahren!

Kazenpastete.

Bewährt den Forscher der Natur
Ein frei und ruhig Schauen,
So folge Meßkunst seiner Spur
Mit Vorsicht und Vertrauen.

Zwar mag in Einem Menschenkind
Sich beides auch vereinen;
Doch daß es zwei Gewerbe sind,
Das läßt sich nicht verneinen.

Es war einmal ein braver Koch,
Geschickt im Appretiren;
Dem fiel es ein, er wollte doch
Als Jäger sich geriren.

Er zog bewehrt zu grünem Wald,
Wo manches Wildpret haus'te,
Und einen Kater schoß er bald,
Der junge Vögel schmaus'te.

Sah ihn für einen Hasen an
Und ließ sich nicht bedeuten,
Pastetete viel Würze dran
Und set' ihn vor den Leuten.

Doch manche Gäste das verdroß,
Gewisse feine Nasen:

Die Kaße, die der Jäger schoß,
Macht nie der Koch zum Hasen.

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Séance.

Hier ist's, wo unter eignem Namen
Die Buchstaben sonst zusammen kamen.
Mit Scharlachkleidern angethan
Saßen die Selbstlauter oben an:
A, E, I, O und U dabei,
Machten gar ein seltsam Geschrei.

Die Mitlauter kamen mit steifen Schritten,
Mußten erst um Erlaubniß bitten:
Präsident A war ihnen geneigt;

Da wurd' ihnen denn der Plaß gezeigt;
Andre aber die mußten stehn,

Als Pe-Ha und Te-Ha und solches Getön.
Dann gab's ein Gerede, man weiß nicht wie;
Das nennt man eine Akademie.

Legende.

In der Wüsten ein heiliger Mann
Zu seinem Erstaunen thät' treffen an
Einen ziegenfüßigen Faun, der sprach:
„Herr, 'betet für mich und meine Gefährt',
Daß ich zum Himmel gelassen werd',
Zur Seligen Freud': uns dürstet darnach.“
Der heilige Mann dagegen sprach:

"

Es steht mit deiner Bitte gar gefährlich,

Und gewährt wird sie dir schwerlich.

Du kommst nicht zum englischen Gruß:

Denn du hast einen Ziegenfuß.“

Da sprach hierauf der wilde Mann:
Was hat euch mein Ziegenfuß gethan?
Sah ich doch manche strack und schön
Mit Eselstöpfen gen Himmel gehn."

Autoren.

Ueber die Wiese, den Bach herab,
Durch seinen Garten,

Bricht er die jüngsten Blumen ab;

Ihm schlägt das Herz vor Erwarten.

Sein Mädchen kommt

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O Gewinnst! O Glück! Jüngling, tauschest deine Blüthen um einen Blick!

Der Nachbar Gärtner sieht herein

Ueber die Hecke: „So ein Thor möcht' ich seyn!
Hab' Freude, meine Blumen zu nähren,
Die Vögel von meinen Früchten zu wehren;
Aber sind sie reif: Geld! guter Freund!
Soll ich meine Mühe verlieren?“

Das sind Autoren, wie es scheint.
Der eine streut seine Freuden herum,
Seinen Freunden, dem Publikum ;
Der andre läßt sich pränumeriren.

Recensent.

Da hatt' ich einen Kerl zu Gast,
Er war mir eben nicht zur Last;

Ich hatt' just mein gewöhnlich Essen,
Hat sich der Kerl pumpsatt gefressen,
Zum Nachtisch, was ich gespeichert hatt'.
Und kaum ist mir der Kerl so satt,
Thut ihn der Teufel zum Nachbar führen
Ueber mein Essen zu räsonniren:

„Die Supp' hätt' können gewürzter seyn,
Der Braten brauner, firner der Wein."

Der Tausendsakerment!

Schlagt ihn todt den Hund! Es ist ein Recensent.

Dilettant und Kritiker.

Es hatt' ein Knab' eine Taube zart,

Gar schön von Farben und bunt,
Gar herzlich lieb nach Knabenart
Geäßet aus seinem Mund,

Und hatte so Freud' am Täubchen sein,
Daß er nicht konnte sich freuen allein.

Da lebte nicht weit ein Altfuchs herum,
Erfahren und lehrreich und schwäßig darum;
Der hatte den Knaben manch Stündlein ergeht,
Mit Wundern und Lügen verprahlt und verschwäßt.

„Muß meinem Fuchs doch mein Täubelein zeigen!“
Er lief und fand ihn strecken in Sträuchen.

,,Sieh, Fuchs, mein lieb Täublein, mein Täubchen so

schön!

Hast du dein Tag so ein Täubchen gesehn?"

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