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Thränen rinnen von den Wangen,
Was ich thue, was ich lasse;
Nur ein unbestimmt Verlangen
Fühl' ich, das die Brust durchglüht.

Und zulet muß ich mir sagen,
Wenn ich mich bedenk' und fasse,
Daß in solchen schönen Tagen
Doris einst für mich geglüht.

Nähe des Geliebten.

Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer Vom Meere strahlt;

Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
In Quellen malt.

Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
Der Staub sich hebt;

In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
Der Wandrer bebt.

Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
Die Welle steigt.

Im stillen Haine geh' ich oft zu lauschen,
Wenn alles schweigt.

Ich bin bei dir, du seyst auch noch so ferne,
Du bist mir nah!

Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
Owärst du da!

Gegenwart.

Alles kündet dich an!
Erscheinet die herrliche Sonne,
Folgst du, so hoff' ich es, bald.

Trittst du im Garten hervor,
So bist du die Rose der Rosen,
Lilie der Lilien zugleich.

Wenn du im Tanze dich regst,
So regen sich alle Gestirne
Mit dir und um dich umher.

Nacht! und so wär' es denn Nacht!
Nun überscheinst du des Mondes
Lieblichen, ladenden Glanz.

Ladend und lieblich bist du,
Und Blumen, Mond und Gestirne
Huldigen, Sonne, nur dir.

Sonne! so sey du auch mir
Die Schöpferin herrlicher Tage;
Leben und Ewigkeit ist's.

An die Entfernte.

So hab' ich wirklich dich verloren ? Bist du, o Schöne, mir entflohn? Noch klingt in den gewohnten Ohren Ein jedes Wort, ein jeder Ton.

So wie des Wandrers Blick am Morgen
Vergebens in die Lüfte dringt,

Wenn, in dem blauen Raum verborgen,
Hoch über ihm die Lerche singt:

So dringet ängstlich hin und wieder
Durch Feld und Busch und Wald mein Blick;
Dich rufen alle meine Lieder;

O komm, Geliebte, mir zurück!

Am Flusse.

Verfließet, vielgeliebte Lieder,
Zum Meere der Vergessenheit!
Kein Knabe sing' entzückt euch wieder,
Kein Mädchen in der Blüthenzeit.

Ihr sanget nur von meiner Lieben;
Nun spricht sie meiner Treue Hohn.
Ihr wart in's Wasser eingeschrieben;
So fließt denn auch mit ihm davon.

Wehmuth.

Ihr verblühet, süße Rosen,
Meine Liebe trug euch nicht;
Blühtet, ach, dem Hoffnungslosen,
Dem der Gram die Seele bricht!

Jener Tage dent' ich trauernd,
Als ich, Engel, an dir hing,
Auf das erste Knöspchen lauernd
Früh zu meinem Garten ging;

Alle Blüthen, alle Früchte
Noch zu deinen Füßen trug,
Und vor deinem Angesichte
Hoffnung in dem Herzen schlug.

Ihr verblühet, süße Rosen,
Meine Liebe trug euch nicht;
Blühtet, ach, dem Hoffnungslosen,
Dem der Gram die Seele bricht!

Abschied.

Zu lieblich ist's, ein Wort zu brechen,
Zu schwer die wohlerkannte Pflicht,
Und leider kann man nichts versprechen,
Was unserm Herzen widerspricht.

Du übst die alten Zauberlieder,

Du lockst ihn, der kaum ruhig war,
Zum Schaukelkahn der süßen Thorheit wieder,
Erneust, verdoppelst die Gefahr.

Was suchst du mir dich zu verstecken!

Sen offen, flieh nicht meinen Blick!
Früh oder spät mußt' ich's entdecken,
Und hier hast du dein Wort zurück.

Was ich gesollt, hab' ich vollendet;

Durch mich sey dir von nun an nichts verwehrt;

Allein verzeih' dem Freund, der sich nun von dir wendet, Und still in sich zurücke kehrt.

Wechsel.

Auf Kieseln im Bache da lieg' ich, wie helle!
Verbreite die Arme der kommenden Welle,
Und buhlerisch drückt sie die sehnende Brust;
Dann führt sie der Leichtsinn im Strome darnieder;
Es naht sich die zweite, sie streichelt mich wieder:
So fühl ich die Freuden der wechselnden Lust.

Und doch, und so traurig, verschleifst du vergebens
Die köstlichen Stunden des eilenden Lebens,
Weil dich das geliebteste Mädchen vergißt!
Druf sie zurüde die vorigen Zeiten!
Es tüßt sich so füße die Lippe der Zweiten,
Als kaum sich die Lippe der Ersten geküßt.

Beherzigung.

Ach, was soll der Mensch verlangen?

Ist es besser, ruhig bleiben?
Klammernd fest sich anzuhangen?
Ist es besser, sich zu treiben?

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