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Jedem Baume des Walds, um den ich wandernd mich

schlinge,

Denkmal bleibe des Glücks! ruf' ich ihm weihend und

froh.

Doch die Stimme verleih' ich nur dir, wie unter der Menge

Einen die Muse sich wählt, freundlich die Lippen ihm tüßt.

Ländliches Glück.

Seyd, o Geister des Hains, o seyd, ihr Nymphen des Flusses,

Eurer Entfernten gedenk, eueren Nahen zur Lust! Weihend feierten jen' im Stillen die ländlichen Feste;

Wir dem gebahnten Pfad folgend beschleichen das Glück. Amor wohne mit uns, es macht der himmlische Knabe Gegenwärtige lieb, und die Entfernten euch nah.

Philomele.

Dich hat Amor gewiß, o Sängerin, fütternd erzogen; Kindisch reichte der Gott dir mit dem Pfeile die Kost. So, durchdrungen von Gift die harmlos athmende Kehle, Trifft mit der Liebe Gewalt nun Philomele das Herz.

Goethe, Gedichte.

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Geweihter Plah.

Wenn zu den Reihen der Nymphen, versammelt in heiliger Mondnacht,

Sich die Grazien heimlich herab vom Olympus gesellen, Hier belauscht sie der Dichter und hört die schönen Gejänge,

Sieht verschwiegener Tänze geheimnißvolle Bewegung. Was der Himmel nur Herrliches hat, was glücklich die

Erde

Reizendes immer gebar, das erscheint dem wachenden Träumer.

Alles erzählt er den Musen, und daß die Götter nicht zürnen,

Lehren die Musen ihn gleich bescheiden Geheimnisse sprechen.

Der Park.

Welch ein himmlischer Garten entspringt aus Ded' und aus Wüste,

Wird und lebet und glänzt herrlich im Lichte vor mir. Wohl den Schöpfer ahmet ihr nach, ihr Götter der Erde! Fels und See und Gebüsch, Vögel und Fisch und Gewild.

Nur daß euere Stätte sich ganz zum Eden vollende,
Fehlt ein Glücklicher hier, fehlt euch am Sabbat die
Rub.

Die Lehrer.

Als Diogenes still in seiner Tonne sich sonnte,

Und Calanus mit Lust stieg in das flammende Grab, Welche herrliche Lehre dem raschen Sohn des Philippus, Wäre der Herrscher der Welt nicht auch der Lehre zu groß!

Versuchung.

Reichte die schädliche Frucht einst Mutter Eva dem Gatten, Ach! vom thörichten Biß kränkelt das ganze Geschlecht. Nun, vom heiligen Leibe, der Seelen speiset und heilet, Kostest du, Lydia, fromm, liebliches büßendes Kind! Darum schick' ich dir eilig die Frucht voll irdischer Süße, Daß der Himmel dich nicht deinem Geliebten entzieh'.

Ungleiche Heirath.

Selbst ein so himmlisches Paar fand nach der Verbindung sich ungleich:

Psyche ward älter und klug, Amor ist immer noch

Kind.

Heilige Familie.

Odes süßen Kindes, und o der glücklichen Mutter,
Wie sie sich einzig in ihm, wie es in ihr sich ergößt!
Welche Wonne gewährte der Blick auf dieß herrliche Bild
mir,

Stünd' ich Armer nicht so heilig, wie Joseph, dabei!

Entschuldigung.

Du verklagest das Weib, sie schwanke von Einem zum Andern!

Tadle sie nicht! sie sucht einen beständigen Mann.

Feldlager.

1790.

Grün ist der Boden der Wohnung, die Sonne scheint durch die Wände,

Und das Vögelchen singt über dem leinenen Dach; Kriegerisch reiten wir aus, besteigen Silesiens Höhen, Schauen mit gierigem Blick vorwärts nach Böhmen

hinein;

und keine Feindin; o

Aber es zeigt sich kein Feind

bringe,

Wenn uns Mavors betrügt, bring' uns, Cupido, den

Krieg !

An die Knappschaft zu Tarnowik.

Den 4. September 1790.

Fern von gebildeten Menschen, am Ende des Reiches, wer hilft euch

Schäße finden und sie glücklich zu bringen an's Licht? Nur Verstand und Redlichkeit helfen; es führen die beiden Schlüssel zu jeglichem Schaß, welchen die Erde verwahrt.

Der Chinese in Rom.

Einen Chinesen sah ich in Rom; die gesammten Gebäude Alter und neuerer Zeit schienen ihm lästig und schwer. Ach! so seufzt er, die Armen! ich hoffe, sie sollen bes greifen,

Wie erst Säulchen von Holz tragen des Daches Gezelt, Daß an Latten und Pappen, Geschnig und bunter Vergoldung

Sich des gebildeten Aug's feinerer Sinn nur erfreut. Siehe, da glaubt' ich, im Bilde, so manchen Schwärmer zu schauen,

Der sein luftig Gespinnst mit der soliden Natur Ewigem Teppich vergleicht, den ächten reinen Gesunden Krank nennt, daß ja nur er heiße, der Kranke, gesund.

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