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Deines leisen Fußes Lauf
Weckt aus tagverschloßnen Höhlen
Traurig abgeschiedne Seelen,
Mich und nächt'ge Vögel auf.

Forschend übersieht dein Blick
Eine großgemeßne Weite.
Hebe mich an deine Seite!

Gieb der Schwärmerei dieß Glück!
Und in wollustvoller Ruh
Säh' der weitverschlagne Ritter
Durch das gläserne Gegitter
Seines Mädchens Nächten zu.

Des Beschauens holdes Glück
Mildert solcher Ferne Qualen;
Und ich sammle deine Strahlen
Und ich schärfe meinen Blick.
Hell und heller wird es schon
Um die unverhüllten Glieder,
Und nun zieht sie mich hernieder,
Wie dich einst Endymion.

Brautnacht.

Im Schlafgemach, entfernt vom Feste,
Sigt Amor dir getreu und bebt,
Daß nicht die List muthwill'ger Gäste
Des Brautbetts Frieden untergräbt.

Es blinkt mit mystisch heil'gem Schimmer
Vor ihm der Flammen blasses Gold;
Ein Weihrauchswirbel füllt das Zimmer,
Damit ihr recht genießen sollt.

Wie schlägt dein Herz beim Schlag der Stunde,

Der deiner Gäste Lärm verjagt;

Wie glühst du nach dem schönen Munde,

Der bald verstummt und nichts versagt.
Du eilst um alles zu vollenden
Mit ihr ins Heiligthum hinein;
Das Feuer in des Wächters Händen
Wird wie ein Nachtlicht still und klein.

Wie bebt vor deiner Küsse Menge
Jhr Busen und ihr voll Gesicht;
Zum Zittern wird nun ihre Strenge,
Denn deine Kühnheit wird zur Pflicht.
Schnell hilft dir Amor sie entkleiden,
Und ist nicht halb so schnell als du;
Dann hält er schalkhaft und bescheiden
Sich fest die beiden Augen zu.

Schadenfreude.

In des Papillons Gestalt
Flattr' ich, nach den leßten Zügen,
Zu den vielgeliebten Stellen,
Zeugen himmlischer Vergnügen,

Ueber Wiesen, an die Quellen,
Um den Hügel, durch den Wald.

Ich belausch' ein zärtlich Paar;
Von des schönen Mädchens Haupte
Aus den Kränzen schau' ich nieder;
Alles was der Tod mir raubte
Seh' ich hier im Bilde wieder,
Bin so glücklich wie ich war.

Sie umarmt ihn lächelnd stumm,
Und sein Mund genießt der Stunde,
Die ihm güt'ge Götter senden,
Hüpft vom Busen zu dem Munde,
Von dem Munde zu den Händen,
Und ich hüpf' um ihn herum.

Und sie sieht mich Schmetterling.
Zitternd vor des Freunds Verlangen
Springt sie auf, da flieg' ich ferne.
„Liebster, komm, ihn einzufangen!
Komm! ich hätt' es gar zu gerne,
Gern das kleine bunte Ding."

Nähe.

Wie du mir oft, geliebtes Kind,

Ich weiß nicht wie, so fremde bist!

Wenn wir im Schwarm der vielen Menschen sind,

Das schlägt mir alle Freude nieder.

Doch ja, wenn alles still und finster um uns ist, Erkenn' ich dich an deinen Küssen wieder.

An die Erwählte.

Hand in Hand! und Lipp' auf Lippe!
Liebes Mädchen, bleibe treu!

Lebe wohl! und manche Klippe
Fährt dein Liebster noch vorbei;
Aber wenn er einst den Hafen
Nach dem Sturme wieder grüßt,
Mögen ihn die Götter strafen,
Wenn er ohne dich genießt.

Frisch gewagt ist schon gewonnen,
Halb ist schon mein Werk vollbracht;
Sterne leuchten mir wie Sonnen,
Nur dem Feigen ist es Nacht.
Wär' ich müßig dir zur Seite,
Drückte noch der Kummer mich;
Doch in aller dieser Weite
Wirk' ich rasch und nur für dich.

Schon ist mir das Thal gefunden,
Wo wir einst zusammen gehn,
Und den Strom in Abendstunden
Sanft hinunter gleiten sehn.

Diese Pappeln auf den Wiesen,
Diese Buchen in dem Hain!
Ach! und hinter allen diesen

Wird doch auch ein Hüttchen seyn.

Erster Verlust.

Ach, wer bringt die schönen Tage, Jene Tage der ersten Liebe,

Ach, wer bringt nur eine Stunde Jener holden Zeit zurück!

Einsam nähr' ich meine Wunde
Und mit stets erneuter Klage
Traur' ich um's verlorne Glück.

Ach, wer bringt die schönen Tage, Jene holde Zeit zurück!

Nachgefühl.

Wenn die Reben wieder blühen, Rühret sich der Wein im Fasse; Wenn die Rosen wieder glühen, Weiß ich nicht, wie mir geschieht.

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