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Wie man Geld und Zeit verthan, Zeigt das Büchlein luftig an.

1.

Sarkophagen und Urnen verzierte der Heide mit Leben: Faunen tanzen umber, mit der Bacchantinnen Chor Machen sie bunte Reihe; der ziegengefüßete Pausback Zwinget den heiseren Ton wild aus dem schmetternden Horn.

Cymbeln, Trommeln erklingen; wir sehen und hören den Marmor.

Flatternde Vögel! wie schmeckt herrlich dem Schnabel die

Frucht!

Euch verscheuchet kein Lärm, noch weniger scheucht er den Amor,

Der in dem bunten Gewühl erst sich der Fackel erfreut. So überwältiget Fülle den Tod, und die Asche da drinnen Scheint, im stillen Bezirk, noch sich des Lebens zu freun. Eo umgebe denn spät den Sarkophagen des Dichters Diese Rolle, von ihm reichlich mit Leben geschmückt.

2.

Kaum an dem blaueren Himmel erblickt' ich die glänzende Sonne,

Reich, vom Felsen herab, Epheu zu Kränzen geschmückt, Sah den emsigen Winzer die Rebe der Pappel verbinden, Ueber die Wiege Virgils kam mir ein laulicher Wind. Da gesellten die Musen sich gleich zum Freunde; wir pflogen

Abgerißnes Gespräch, wie es den Wanderer freut.

Goethe, Gedichte.

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3.

Immer halt' ich die Liebste begierig im Arme geschlossen, Immer drängt sich mein Herz fest an den Busen ihr an, Immer lehnet mein Haupt an ihren Knieen, ich blicke

Nach dem lieblichen Mund, ihr nach den Augen hinauf. Weichling! schölte mich Einer, und so verbringst du die Lage?

Ach, ich verbringe sie schlimm! Höre nur, wie mir geschieht:

Leider wend' ich den Rücken der einzigen Freude des Lebens; Schon den zwanzigsten Tag schleppt mich der Wagen dahin.

Vetturine troßen mir nun, es schmeichelt der Kämm'rer,
Und der Bediente vom Plaß sinnet auf Lügen und Trug.
Will ich ihnen entgehn, so faßt mich der Meister der Posten;
Postillone sind Herrn, dann die Dogane dazu!
„Ich verstehe dich nicht! du widersprichst dir! du schienest
Paradiesisch zu ruhn, ganz wie Rinaldo beglückt.“
Ach! ich verstehe mich wohl: es ist mein Körper auf Reisen,
Und es ruhet mein Geist stets der Geliebten im Schooß.

4.

Das ist Italien, das ich verließ. Noch stäuben die Wege, Noch ist der Fremde geprellt, stell' er sich, wie er auch will. Deutsche Redlichkeit suchst du in allen Winkeln vergebens ; Leben und Weben ist hier, aber nicht Ordnung und Zucht; Jeder sorgt nur für sich, mißtrauet dem Andern, ist eitel, Und die Meister des Staats sorgen nur wieder für sich. Schön ist das Land; doch ach! Faustinen find' ich nicht wieder.

Das ist Italien nicht mehr, das ich mit Schmerzen

verließ.

5.

In der Gondel lag ich gestreckt und fuhr durch die Schiffe, Die in dem großen Canal, viele befrachtete, stehn. Mancherlei Waare findest du da für manches Bedürfniß, Weizen, Wein und Gemüs, Scheite, wie leichtes Gesträuch.

Pfeilschnell drangen wir durch; da traf ein verlorener Lorbeer Derb mir die Wangen. Ich rief: Daphne, verlegest du mich?

Lohn erwartet' ich eher! Die Nymphe lispelte lächelnd:
Dichter fünd'gen nicht schwer. Leicht ist die Strafe.
Nur zu!
6.

Seh' ich den Pilgrim, so kann ich mich nie der Thränen

enthalten.

O, wie beseliget uns Menschen ein falscher Begriff!

7.

war mir lieber als alles!

Eine Liebe hatt' ich, sie

Aber ich hab' sie nicht

mehr! Schweig, und ertrag' den Verlust!

8.

Diese Gondel vergleich' ich der sanft einschaukelnden Wiege, Und das Kästchen darauf scheint ein geräumiger Sarg. Recht so! Zwischen der Wieg' und dem Sarg wir schwanken und weben

Auf dem großen Canal sorglos durch's Leben dahin.

9.

Feierlich sehen wir neben dem Doge den Nuncius gehen;

Sie begraben den Herrn, einer versiegelt den Stein. Was der Doge sich denkt, ich weiß es nicht; aber der Andre Lächelt über den Ernst dieses Gepränges gewiß.

10.

Warum treibt sich das Volk so und schreit? Es will sich ernähren,

Kinder zeugen, und die nähren, so gut es vermag. Merke dir, Reisender, das, und thue zu Hause deß

gleichen!

Weiter bringt es kein Mensch, stell' er sich, wie er

11.

auch will.

Wie sie klingeln, die Pfaffen! Wie angelegen sie's machen, Daß man komme, nur ja plappre, wie gestern so heut! Scheltet mir nicht die Pfaffen; sie kennen des Menschen Bedürfniß!

Denn wie ist er beglückt, plappert er morgen wie heut!

12.

Mache der Schwärmer sich Schüler, wie Sand am Meere der Sand ist

Sand, die Perle sey mein, du, o vernünftiger Freund!

13.

Süß den sprossenden Klee mit weichlichen Füßen im Frühling,

Und die Wolle des Lamms tasten mit zärtlicher Hand; Süß voll Blüthen zu sehn die neulebendigen Zweige, Dann das grünende Laub locken mit sehnendem Blick. Aber füßer, mit Blumen dem Busen der Schäferin schmeicheln;

Und dieß vielfache Glück läßt mich entbehren der Mai.

14.

Diesem Ambos vergleich' ich das Land, den Hammer dem Herrscher

Und dem Volke das Blech, das in der Mitte sich krümmt.

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