Page images
PDF
EPUB

Und die Fackel, wie sie glomm,
Ließ man eilig wandern,
Jeder drückte sie geschwind
In die Hand des andern.

Und mir reichte Dorilis
Sie mit Spott und Scherze;
Kaum berührt mein Finger sie,
Hell entflammt die Kerze.

Sengt mir Augen und Gesicht,
Sezt die Brust in Flammen,
Ueber meinem Haupte schlug
Fast die Gluth zusammen.

Löschen wollt' ich, patschte zu;
Doch es brennt beständig;
Statt zu sterben ward der Fuchs
Recht bei mir lebendig.

Heidenröslein.

Sah ein Knab' ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden,

War so jung und morgenschön, Lief er schnell es nah zu sehn, Sah's mit vielen Freuden. Röslein, Röslein, Röslein roth, Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!

Röslein sprach: ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihr doch kein Weh und Ach,
Mußt' es eben leiden.

Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Blinde Kuh.

O liebliche Therese!

Wie wandelt gleich ins Böse

Dein offnes Auge sich!

Die Augen zugebunden

Hast du mich schnell gefunden,

Und warum fingst du eben mich?

Du faßtest mich aufs beste,
Und hieltest mich so feste;
Ich sank in deinen Schooß.

Kaum warst du aufgebunden,
War alle Lust verschwunden;
Du ließest kalt den Blinden los.

Er tappte hin und wieder,
Verrenkte fast die Glieder,
Und alle foppten ihn.

Und willst du mich nicht lieben,
So geh' ich stets im Trüben,
Wie mit verbundnen Augen hin.

Christel.

Hab' oft einen dumpfen düstern Sinn,

Ein gar so schweres Blut!

Wenn ich bei meiner Christel bin,

Ist alles wieder gut.

Ich seh' sie dort, ich seh' sie hier

Und weiß nicht auf der Welt

Und wie und wo und wann sie mir, Warum sie mir gefällt.

Das schwarze Schelmenaug' dadrein,

Die schwarze Braue drauf,
Seh' ich ein einzigmal hinein,

Die Seele geht mir auf.

Ist eine, die so lieben Mund,

Liebrunde Wänglein hat?

Ach, und es ist noch etwas rund,

Da sieht kein Aug' sich satt!

Und wenn ich sie denn fassen tarf
Im luft'gen deutschen Tanz,

Das geht herum, das geht so scharf,

Da fühl ich mich so ganz!

Und wenn's ihr taumlig wird und warm,

Da wieg' ich sie sogleich

An meiner Brust, in meinem Arm;

's ist mir ein Königreich!

Und wenn sie liebend nach mir blickt

Und alles rund vergißt,

Und dann an meine Brust gedrückt

Und weidlich eins geküßt,

Das läuft mir durch das Rückenmark

Bis in die große Zeh!

Ich bin so schwach, ich bin so stark,

Mir ist so wohl, so weh!

Da möcht' ich mehr und immer mehr,
Der Tag wird mir nicht lang;

Wenn ich die Nacht auch bei ihr wär',
Davor wär' mir nicht bang.

Ich denk', ich halte sie einmal

Und büße meine Lust;

Und endigt sich nicht meine Qual,

Sterb' ich an ihrer Brust!

Goethe, Gedichte.

2

Die Spröde.

An dem reinsten Frühlingsmorgen
Ging die Schäferin und sang,
Jung und schön und ohne Sorgen,
Daß es durch die Felder klang.
So la la! le ralla!

Thyrsis bot ihr für ein Mäulchen
Zwei, drei Schäfchen gleich am Ort,
Schalkhaft blickte sie ein Weilchen ;
Doch sie sang und lachte fort,
So la la! le ralla!

Und ein andrer bot ihr Bänder
Und der dritte bot sein Herz;

Doch sie trieb mit Herz und Bändern
So wie mit den Lämmern Scherz,

Nur la la! le ralla!

Die Bekehrte.

Bei dem Glanz der Abendröthe
Ging ich still den Wald entlang,
Damon saß und blies die Flöte,
Daß es von den Felsen klang,
So la la! le ralla!

« PreviousContinue »