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Dort wollen wir niedersinken
Unter dem Palmenbaum,
Und Lieb' und Ruhe trinken

Und träumen seligen Traum.

CXCIII

Die Lotosblume ängstigt.

Die Lotosblume ängstigt
Sich vor der Sonne Pracht,
Und mit gesenktem Haupte
Erwartet sie träumend die Nacht.

Der Mond, der ist ihr Buhle, Er weckt sie mit seinem Licht, Und ihm entschleiert sie freundlich Ihr frommes Blumengesicht.

Sie blüht und glüht und leuchtet
Und starret stumm in die Höh';
Sie duftet und weinet und zittert
Vor Liebe und Liebesweh.

Heine

Heine

CXCIV.

Die stille Wasserrose.

Die stille Wasserrose
Steigt aus dem blauen See,

Die feuchten Blätter zittern,

Der Kelch ist weiß wie Schnee.

Da gießt der Mond vom Himmel
All seinen goldnen Schein,
Gießt alle seine Strahlen
In ihren Schooß hinein.

Im Wasser um die Blume
Kreiset ein weißer Schwan:
Er singt so süß, so leise,
Und schaut die Blume an.

Er singt so süß, so leise, Und will im Singen vergehn O Blume, weiße Blume, Kannst du das Lied verstehn?

Geibel

CXCV.

Im April.

Du feuchter Frühlingsabend,
Wie hab' ich dich so gern!
Der Himmel wolkenverhangen,
Nur hie und da ein Stern.

Wie leiser Liebesodem
Hauchet so lau die Luft,
Es steigt aus allen Thalen
Ein warmer Veilchendust.

Ich möcht' ein Lied ersinnen,

Das diesem Abend gleich,

Und kann den Klang nicht finden

So dunkel, mild und weich.

CXCVI.

Frühlingsblick.

Durch den Wald, den dunkeln, geht

Holde Frühlingsmorgenstunde,

Durch den Wald vom Himmel weht
Eine leise Liebeskunde.

Selig lauscht der grüne Baum, Und er taucht mit allen Zweigen In den schönen Frühlingstraum, In den vollen Lebensreigen.

Geibel.

Blüht ein Blümlein irgendwo, Wird's vom hellen Thau getränket, Das einsame zittert froh,

Daß der Himmel sein gedenket.

In geheimer Laubesnacht Wird des Vogels Herz getroffen Von der großen Liebesmacht, Und er singt ein süßes Hoffen.

All das frohe Lenzgeschick

Nicht ein Wort des Himmels kündet;
Nur sein stummer, warmer Blic
Hat die Seligkeit entzündet;

Also in den Winterharm,
Der die Seele hielt bezwungen,
Ist ein Blick mir, still und warm,
Frühlingsmächtig eingedrungen.

CXCVII.

Herz, mein Herz, sei nicht beklommea.

Herz, mein Herz, sei nicht beklommen,

Und ertrage dein Geschick.

Neuer Frühling giebt zurück,

Was der Winter dir genommen.

Und wie viel ist dir geblieben! Und wie schön ist noch die Welt! Und mein Herz, was dir gefällt, Alles, alles darfst du lieben!

Lenau.

Heine.

CXCVIII.

Leise zieht durch mein Gemüth.

Leise zieht durch mein Gemüth
Liebliches Geläute,

Klinge, fleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.

Kling hinaus bis an das Haus,

Wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
Sag, ich lass' fie grüßen.

CXCIX.

Im wunderschönen Monat Mai.

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,

Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,

Da hab' ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.

Heine.

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