Und so kannst du weiter ziehen! Diene Freunden und Betrübten. Dort wo hohe Mauern glühen, Find' ich bald den Bielgeliebten. Ach, die wahre Herzenskunde, 6. Suleika. Ach, um deine feuchten Schwingen, West, wie sehr ich dich beneide! Denn du kannst ihm Kunde bringen Was ich in der Trennung leide. Die Bewegung deiner Flügel Weckt im Busen stilles Sehnen; Blumen, Auen, Wald und Hügel Stehn bei deinem Hauch in Thränen. Doch dein mildes, sanftes Wehen Eile denn zu meinem Lieben, Sag' ihm, aber sag's bescheiden: Wird mir seine Nähe geben. Goethe. CLXXXIX. Loos des Lyrikers. Stets am Stoff klebt unsere Seele, Handlung Gerne zeigt jedwedem bequem Homer sich, Aber Pindar's Flug und die Kunst des Flaccus. Jenen ward bloß geistiger Reiz, des Liedchens Leichter Takt nicht, der den umschwärmten Pußtisc Ziert. Es dringt kein flüchtiger Blick in ihre Mächtige Seele. Ewig bleibt ihr Name genannt und tönt im Ohr der Menschheit; doch es gesellt sich ihnen Selten freundschaftsvoll ein Gemüth und huldigt Körnigem Lieffinn. Platen. Fünfte Periode. Von Goethe's Tode bis auf die Gegenwart. CXC. An Dichter und Leser. Willst du dichten sammle dich, Vor das Bild der Schönheit trete, Seine Fülle tief erschauest, Willst du lesen ein Gedicht A. Stöber CXCI. Antwort. „Frei, los und ledig singe der Poet, Nicht an der Scholle bleib' er kleben! Einsam in Gluth, wie weiland der Prophet, „Die kühn des Gottes herrlich Feuer schürt Auf Bergen hoch und auf Altären, Die, aufgehoben, an die Sterne rührt, Wie mag die Hand denn nur, vom Ring umschnürt, . Zugleich des Herdes Flämmchen nähren? „Wie mag die Lippe nur, der fort und fort Wohllaut und Geist vereint enttönen, Wie mag die Lippe nur zu Schaffnerwort, „Wie mag die Stirn, die Ephen grün umlaubt, Die Stirn, die junge Lorbeern schmücken, Lorbeeren trotzig vom Olymp geraubt, Wie mag, das Welten trägt, das Dichterhaupt Das Flügelroß gehört in keinen Stall; Der in des Waldes dunkelgrünem Schooß Von Liedern trieft, die lechzend flammen: Derselbe Schnabel singt nicht Lieder bloß, Derselbe Schnabel trägt aus Laub und Moos Doch auch ein Nestchen sich zusammen! Freiligrath. CXCII. Auf Flügeln des Gesanges. Dort liegt ein rothblühender Garten Die Lotosblumen erwarten Ihr trautes Schwesterlein. Die Veilchen kichern und kosen, Sich duftende Mährchen ins Ohr. Es hüpfen herbei und lauschen |