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XXIII. March 10,107

Von der Herbstzeit.

Du magst den Lenz und Sommer preisen,

Mir, mir gefällt des Herbstes Frucht,
Die man in großen Fässern sucht,

In schönen Gläsern pflegt zu weisen.
Wo fröhliche Gemüther sein,

Da bist auch du, o edler Wein!

Du kannst den Helden Stärke machen,
Wenn sich der Feind im Felde zeigt,
Wenn ehe man die Stadt ersteigt,
Die Mörser und Karthaunen krachen.
Wo tapfere Soldaten sein

Da bist auch du, o edler Wein!

Du heißt die Männer länger sitzen
In löblicher Gesellschafts-Lust!
Wem die Melancholei bewußt,
Kannst du das alte Blut erhizen.
Wo die verliebten Herzen sein,
Da bist auch du, o edler Wein!

Du bist der beste Koch auf Erden,
Der beste Leibarzt in der Welt,
Der zu Gesunden sich gesellt,

Die Schwachen wieder stark läßt werden.
Darum soll mir, o edler Wein!

Der Herbst ein ganzes Wein-Jahr sein.

v. Hoffmanswaldau.

XXIV. March 1,87!

Der Unterschied zwischen des Phōbus Rohr und

Davids Harfe.

Gedenk' auch du einmal, getreue Poesie!

An Sachen, die nicht so nach Welt und Thorheit schmecken.
Und leide, daß mein Fuß dich von dem Wege zieh',
Auf welchem Lust und Schein den Untergang verdecken.
Man rühmt dir allzeit nach, du seist ein Himmelskind :
Gieb thätigen Beweis, dein Vaterland zu glauben!
Nachdem Geschmack, Geruch und Farb' und Wirkung sind,
Nachdem erfährt man auch den Boden reifer Trauben.

Du hast der Eitelkeit so dienstbar aufgespielt, Biel Feuer angesteckt, manch schlüpfrig Lied geschrieben, Und manchen reichen Thor, der sonst sich anders fühlt, Durch Lob und Schmeichelei zum Hochmuth angetrieben. Die Sünd ist zwar nicht klein, doch wird sie leicht verziehn, Wenn Buß und Besserung die Arbeit heilig machen: Du mußt dein Saitenchor nach Davids Harfe ziehn! O was bekommst du hier für groß' und hohe Sachen!

Kein Maro, kein Homer, kein hoher Pindarus Hat für sein Heldenlied so reichen, starken Zunder; Du brauchst nicht erst den Geist, der jene treiben muß: Betracht und schätze nur des Höchsten Werk' und Wunder. Du bist so sehr verwöhnt und hast ein thöricht Ohr, Wofern dir Jupiter und Venus besser klingen, Als wenn die Sulamith und Assaphs güldnes Rohr Vom großen Zebaoth und schönem Freunde fingen.

Liegt Elims Palmenstadt nicht höher als Atben? Beschämt nicht Hermons Thau des Pindus Gößenbügel? Aurora macht den Vers bei weitem nicht so schön, Als wenn sich David wünscht der Morgenröthe Flügel. Was gibt Elysium? Verlogne Frucht und Lust!

Komm, laß dir Gottes Stadt vom liebsten Jünger zeigen: Ihr Schatten wirft dir schon viel Klarheit in die Brust, Und was du hier gewinnst, das ist ein sehnlich Schweigen.

Wie! Schärfst du schon den Kiel zum Risse dieser Pracht? Sie läßt sich nicht so wohl erzählen als genießen. Auch dazu weiß ich Rath! komm mit und gib fein Acht, Was dort auf Golgatha für Segensströme fließen! Es ist das rothe Meer in jen' gelobtes Land, Das unser Josua am Kreuze scharf erfochten: Hier übe deine Kunst, hier wecke Geist und Hand, Zerreiß auch, was mir sonst der Helicon geflochten.

Wir finden reichern Schmuck: was soll der Lorbeerkranz? Nimm, was der Heiland trägt, und kröne mir die Scheitel, Und sprich: Hier schenk' ich dir den wahren Dichterglanz: Wer andern Nachruhm sucht, der handelt blind und eitel. Joh. Chr. Günther.

Bweite Periode.

Von Gellert bis Goethe.

XXV.

March 11,1891

An die Tonkunst.

Göttin der Tonkunst, auf purpurnen Schwingen,

Kamst du von Sion zu Menschen herab;

Lehrtest sie flöten, und spielen, und singen,

Griffst in die Harfe, die Jova dir gab.

Thiere und Pflanzen

Strebten zu tanzen;

Kummer und Schwermuth mit wolkigem Blick

Wichen dir, mächtige Göttin! zurück.

Jetzt töntest du der Liebe Freuden

Ins hohe Harfenspiel.

Du fangst von Minneseligkeiten,

Und jede Note war Gefühl.

Göttin der Tonkunst, auf purpurnen Schwingen,

Kamst du von Sion zu Menschen herab!

Jetzt fängst du an zu spielen

Den stummgeword'nen Schmerz,

Bis süße Thränen fielen,

Und lüfteten das Herz.

Göttin der Tonkunst, auf purpurnen Schwingen, Kamst du von Sion zu Menschen herab!

Jeht rauschten die Saiten Bon hüpfenden Freuden;

Es kam in blühendem Kranz

Der deutsche wirbclude Tanz.

Göttin der Tonkunst, auf purpurnen Schwingen,

Kamst du von Sion zu Menschen herab!

Nun schwang die Göttin sich zum Chor
Der Feiernden im Gotteshaus empor,
Und griff mit mächt'ger Faust
Ins Orgelspiel. Die Töne flogen
Brausend empor; so braust
Der Ocean mit seinen Wegen

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Und Halleluja donnerte der Chor

In Fugen zum Himmel empor.

Göttin der Tonkunst, auf purpurnen Schwingen,

Kamst du von Sion zu Menschen herab!

Schubart.

XXVI. March

1161891

Die Ehre Gottes aus der Natur.

Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre,
Ihr Schall pflanzt Seinen Namen fort.

Ihn rühmt der Erdkreis, Ihn preisen die Meere;
Vernimm, o Mensch, ihr göttlich Wort!

Buchheim's Deutsche Lyrik.

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