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Ergo bibamus.')

Hier sind wir versammelt zu löblichem Thun,
Drum, Brüterchen! Ergo bibamus!
Die Gläser, sie klingen, Gespräche, sie ruhn,
Beherziget Ergo bibamus!

Das heißt noch ein altes, ein tüchtiges Wort:
Es passet zum Ersten und passet so fort,
Und schallet ein Echo vom festlichen Ort,
Ein herrliches Ergo bibamus.

Ich hatte mein freundliches Liebchen gesehn,
Da dacht' ich mir: Ergo bibamus!

Und nahte mich freundlich, da ließ sie mich stehn;
Ich half mir und dachte: Bibamus!
Und wenn sie versöhnet euch herzet und küßt,
Und wenn ihr das Herzen und Küssen vermißt,
So bleibet nur, bis ihr was Besseres wißt,
Beim tröstlichen Ergo bibamus.

Mich ruft mein Geschick von den Freunden hinweg;
Ihr Redlichen! Ergo bibamus!

1) Also trinken wir! Vgl. Farbenlehre. Polemischer Theil 391: „Es fällt uns bei dieser Gelegenheit ein, daß Basedow, der ein starker Trinker war und in seinen besten Jahren in guter Gesellschaft einen sehr erfreulichen Humor zeigte, stets zu behaupten pflegte, die Conclusion Ergo bibamus passe zu allen Prämissen. Es ist schön Wetter: ergo bibamus! Es ist ein häßlicher Tag: ergo bibamus! Wir sind unter Freunden: ergo bibamus! Es find fatale Bursche in der Gesellschaft: ergo bibamus!" Als Goethe im Jahre 1806 diese Stelle Riemern dictirte, meinte dieser, es sei der natürlichste, ungesuchteste Refrain zu einem Trinkliede und dichtete, von Goethe aufgefordert, das folgende:

hört, Freunde, ich sag euch ein treffliches Wort,

Heißt: Ergo bibamus;

Es hilft euch so keines an jeglichem Ort,

Wie Ergo bibamus:

Denn was euch behaget und was euch auch plagt,
Bedenket das Wort nur und thut, was es sagt,

Das Ergo bibamus.

Hat Einer zum Beispiel noch Silber und Gold,
Dann Ergo bibamus;

Und ist es ihm wieder von dannen gerollt,

Drum Ergo bibamus ::

(Forti. . n. S.)

Ich scheide von hinnen mit leichtem Gepäck;

Drum doppeltes Ergo bibamus!

Und was auch der Filz von dem Leibe sich schmorgt,')
So bleibt für den Heitern doch immer gesorgt,
Weil immer dem Frohen der Fröhliche borgt;
Drum, Brüderchen! Ergo bibamus!

Was sollen wir sagen zum heutigen Tag!
Ich dächte nur: Ergo bibamus!
Er ist nun einmal von besonderem Schlag;
Drum immer aufs neue: Bibamus!

Er führet die Freude durchs offene Thor,
Es glänzen die Wolken, es theilt sich der Flor,
Da scheint uns ein Bildchen, ein göttliches, vor;
Wir klingen und singen: Bibamus!

Ist Einem sein Liebchen, sein Weibchen so hold,

Dann Ergo bibamus;

Doch wenn sie auch schmälet und wenn sie auch schmollt,
Nur Ergo bibamus :|:

Lacht Einem das Glück zu mit sonnigem Schein,
Dann Ergo bibamus;

Und stürmt es ein andermal wider ihn ein,
Drum Ergo bibamus :|:

Heut schenket der Wirth von dem Besten uns ein,
Drum Ergo bibamus;

Ein andermal fehlt es, muß andrer herein;
Dann Ergo bibamus :|:

Nun weil du uns lehrtest das treffliche Wort,
Das Ergo bibamus,

Und gutes Wort findet auch günstigen Ort,
Wie Ergo bibamus:

So singen wir trinkend in Einem fort

Und üben in Thaten das herrliche Wort,

Das Ergo bibamus

Goethe fand den Versuch nicht übel, dichtete aber 1810 sein eigenes Ergo bibamus

für die Liedertafel.

1) Ablargt.

Musen und Grazien in der Mark.")

wie ist die Stadt so wenig; 2)
Laßt die Maurer künftig ruhn!
Unfre Bürger, unser König
Könnten wohl was Bessers thun.3)
Ball und Oper wird uns tödten;
Liebchen, komm auf meine Flur! -
Denn besonders die Poeten,
Die verderben die Natur.

wie freut es mich, mein Liebchen,
Daß du so natürlich bist;
Unsre Mädchen, unsre Bübchen
Spielen künftig auf dem Mist!
Und auf unsern Promenaden
Zeigt sich erst die Neigung stark;
Liebes Mädchen, laß uns waten,
Waten noch durch diesen Quark.

Dann im Sand uns zu verlieren,
Der uns keinen Weg versperrt!
Dich den Anger hin zu führen,
Wo der Dorn das Röckchen zerrt!
Zu dem Dörfchen laß uns schleichen
Mit dem spißen Thurme hier;

Welch ein Wirthshaus sonder gleichen!
Trocknes Brod und saures Bier!

1) Im Xenienalmanach 1796. Bezieht sich auf den Kalender der Musen und Grazien für das Jahr 1796, herausgegeben von dem Prediger Friedrich Wilhelm August Schmidt zu Werneuchen in der Mittelmark (1764-1838), gegen den auch die Schiller'sche Xenie 246 gerichtet ist:

Kalender der Musen und Grazien.

Musen und Grazien! oft habt ihr euch schrecklich verirret,
Doch dem Pfarrer noch nie selbst die Perücke gebracht.

Die vorliegende Parodie hält sich hauptsächlich an das im Anhange des Kalenders, Ländliche Szenen" mitgetheilte Gedicht: „Der Landmann und der Städter" (S. 243-249).

2) Werthlos.

3) Als Städte bauen.

Sagt mir nichts von gutem Boden,
Nichts vom Magdeburger Land!
Unfre Samen, unsre Todten
Ruhen in dem leichten Sand.
Selbst die Wissenschaft verlieret
Nichts an ihrem raschen Lauf;
Denn bei uns, was vegetiret,
Alles keimt getrocknet auf.')

Geht es nicht in unserm Hofe
Wie im Paradiese zu?

Statt der Dame, statt der Zofe
Macht die Henne Glu! glu! glu!
Uns beschäftigt nicht der Pfauen,
Nur der Gänse Lebenslauf;
Meine Mutter zieht die grauen,
Meine Frau die weißen auf.

Laß den Wigling uns besticheln!
Glücklich, wenn ein deutscher Mann
Seinem Freunde Better Micheln
Guten Abend bieten kann.
Wie ist der Gedanke labend:
Solch ein Edler bleibt uns nah!
Immer sagt man: gestern Abend
War doch Vetter Michel da!

Und in unsern Liedern keimet

Sylb' aus Sylbe, Wort aus Wort.

Ob sich gleich auf deutsch 2) nichts reimet,

Reimt der Deutsche dennoch fort.

Ob es kräftig oder zierlich,
Geht uns so genau nicht an;
Wir sind bieder und natürlich,
Und das ist genug gethan.

1) Schon fürs Herbarium zubereitet.

2) Auf das Wort: deutsch. Verspottung der schlechten und herbeigezerrten Schmidt'schen Reime.

Epiphanias.')

Die heil'gen drei König' mit ihrem Stern,
Sie effen, sie trinken, und bezahlen nicht gern;
Sie essen gern, sie trinken gern,

Sie essen, trinken, und bezahlen nicht gern.

Die heil'gen drei König' sind kommen allhier,
Es sind ihrer drei und sind nicht ihrer vier;
Und wenn zu dreien der vierte wär',

So wär' ein heil'ger drei König mehr.

Ich erster bin der weiß' und auch der schön',
Bei Tage solltet ihr erst mich sehn!
Doch ach, mit allen Specerein

Werd' ich sein Tag kein Mädchen mehr erfreun.2)

Ich aber bin der braun' und bin der lang',
Bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang.
Ich bringe Gold statt Specerein,

Da werd' ich überall willkommen sein.

Ich endlich bin der schwarz' und bin der klein'
Und mag auch wohl einmal recht lustig sein.
Ich esse gern, ich trinke gern,

Ich esse, trinke und bedanke mich gern.

Die heil'gen drei König' sind wohl gesinnt,
Sie suchen die Mutter und das Kind;
Der Joseph fromm sizt auch dabei,
Der Ochs und Esel liegen auf der Spreu.

Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
Dem Weihrauch sind die Damen hold;
Und haben wir Wein von gutem Gewächs,

So trinken wir drei so gut als ihrer sechs.

1) Am Dreikönigsabend (6. Januar) 1781 ließ Goethe diesen Scherz durch Corona Schröter und zwei Sänger bei Hofe aufführen, anknüpfend an die in mehreren Gegenden Deutschlands herrschende Sitte, nach welcher an jenem Tage vermummte Bursche als heilige Dreitönige mit einem auf einer Stange befestigten Etern singend und heischend von Haus zu Haus zogen. S. „Briefe an Frau v. Stein“ b. 7. Januar 1781. 2) Corona Schröter stellte ihn vor.

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