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Die unverdroß'ne Bienenschar
Zeucht hin und her, sucht hier und dar
Ihr' edle Honigspeise;

Des süßen Weinstocks starker Saft
Kriegt täglich neue Stärk' und Kraft
In seinem schwachen Reise.

Ich selbsten kann und mag nicht ruhn:
Des großen Gottes großes Thun
Erweckt mir alle Sinnen;

Ich singe mit, wenn alles singt,

Und lasse, was dem Höchsten klingt,

Aus meinem Herzen rinnen.

Paul Gerhardt.

XIX.

Aenuchen von Tharau.

Aennchen von Tharau ist, die mir gefällt, Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Gels. Aennchen von Tharau hat wieder ihr Herz Auf mich gerichtet in Lieb' und in Schmerz. Aennchen von Tharau, mein Neichthum, mein Gut! Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut!

Käm' alles Wetter gleich auf uns zu schlahn, Wir sind gesinnt bei einander zu stahn. Krankheit, Verfolgung, Betrübniß und Bein

Soll unsrer Liebe Verknotigung sein.

Aennchen von Tharau, mein Licht und mein' Sonn'! Mein Leben schließz' ich um deines herum.

Recht als ein Palmenbaum über sich steigt, Hat ihn erst Regen und Sturmwind gebeugt; So wird die Lieb' in uns mächtig und groß Nach manchen Leiden und traurigem Loos. Aennchen von Tharau, mein Reichthum, mein Gut! Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut!

Würdest du gleich einmal von mir getrennt, Lebtest da, wo man die Sonne kaum kennt; Ich will dir folgen durch Wälder und Meer, Eisen und Kerker und feindliches Heer.

Aennchen von Tharau, mein Licht und mein' Sonn! Mein Leben schließ' ich um deines herum.

Simon Dach.

XX.

Das höchste Gut.

Zum höchsten Gut in dieser Welt
Wählt jeder, was ihm selbst gefällt;
Gar im Schoß fißt der dem Glücke
Dem gegeben sind vier Stücke:
Ein gütig Gott,
Ein liebes Weib,
Ein frischer Leib,
Ein selig Tod.

Logan.

XXI.

Wiedervergeltung.

Für Guts nichts Gutes geben, ist eine böse That; Für Böses Böses geben, ist ein verkehrter Nath; Für Gutes Böses geben, ist schändlicher Beginn; Für Gutes Gutes geben, gebühret frommem Sinn; Für Böses Gutes geben, ist recht und wohl gethan, Denn dran wird so erkennet ein rechter Christen-Mann. Logau.

XXII.
An Sich.

Sei dennoch unverzagt! Gieb dennoch unverloren! Weich' keinem Glücke nicht! Steh' höher als der Neid! Ind Vergnüge dich an dir, und acht' es für kein Leid,

Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen

Was dich betrübt und labt, halt' Alles für erkoren. Nimm dein Verhängniß an. Laß Alles unbereut. Thu', was gethan muß sein, und eh' man dir's gebeut. Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.

Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück unt sein Glücke

Ist ihm ein Jeder selbst. Schau' alle Sachen an:
Dies alles ist in dir! Laß deinen eitlen Wahn!

Und eh' du fürder gehst, so geh' in dich zurücke! Wer sein selbst Meister ist, und sich beherrschen kann, Dem ist die weite Welt und Alles unterthan.

Paul Fleming.

XXIII.

Von der Herbßzeit.

Du magst den Lenz und Sommer preisen, Mir, mir gefällt des Herbstes Frucht,

Die man in großen Fässern sucht,

In schönen Gläsern pflegt zu weisen.
Wo fröhliche Gemüther sein,

Da bist auch du, o edler Wein!

Du kannst den Helden Stärke machen,
Wenn sich der Feind im Felde zeigt,
Wenn ehe man die Stadt ersteigt,
Die Mörser und Karthaunen krachen.
Wo tapfere Soldaten sein

Da bist auch du, o edler Wein!

Du heißt die Männer länger sizen
In löblicher Gesellschafts-Lust!
Wem die Melancholei bewußt,
Kannst du das alte Blut erhißen.
Wo die verliebten Herzen sein,
Da bist auch du, o edler Wein!

Du bist der beste Koch auf Erden,
Der beste Leibarzt in der Welt,
Der zu Gesunden sich gesellt,

Die Schwachen wieder stark läßt werden.
Darum soll mir, o edler Wein!

Der Herbst ein ganzes Wein-Jahr sein.

v. Hoffmanswaldan.

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XXIV.

Der Unterschied zwischen des Phöbus Rohr und

Davids Harfe.

Gedenk auch du einmal, getreue Poeste!

An Sachen, die nicht so nach Welt und Thorheit schmecken, Und leide, daß mein Fuß dich von dem Wege zieh', Auf welchem Lust und Schein den Untergang verdecken. Man rühmt dir allzeit nach, du seist ein Himmelskind: Gieb thätigen Beweis, dein Vaterland zu glauben! Nachdem Geschmack, Geruch und Farb' und Wirkung sind, Nachdem erfährt man auch den Boden reifer Trauben.

Du hast der Eitelkeit so dienstbar aufgespielt, Viel Feuer angesteckt, manch schlüpfrig Lied geschrieben, Und manchen reichen Thor, der sonst sich anders fühlt, Durch Lob und Schmeichelei zum Hochmuth angetrieben. Die Sünd ist zwar nicht klein, doch wird sie leicht verziehn, Wenn Buß und Besserung die Arbeit heilig machen: Du mußt dein Saitenchor nach Davids Harfe ziehn! O was bekommst du hier für groß' und hohe Sachen!

Kein Maro, kein Homer, kein hoher Pindarus Hat für sein Heldenlied so reichen, starken Zunder; Du brauchst nicht erst den Geist, der jene treiben muß: Betracht und schätze nur des Höchsten Werk' und Wunder. Du bist so sehr verwöhnt und haft ein thöricht Ohr, Wofern dir Jupiter und Venus besser klingen, Als wenn die Sulamith und Affaphs güldnes Rohr Vom großen Zebaoth und schönem Freunde fingen.

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