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»Besißer des ersten Thrones der Welt dazu bestimmt, den eben damals rührigen »republikanischen Geist zu beschwören, und ein System monarchischer Herrschaft zu »befestigen, welches unter ihm selbst einladend, durch unwürdige Nachfolger hätte »verderblich werden mögen. Seine spåtern Streitigkeiten mit dem Papste, der Tod feines Sohnes und das über ihn ausgesprochene Urtheil einer Synode, vermochten seinen Stolz nicht zu beugen. Gedrängt von Verhängniß, den nahen Fall seines Hauses ahnend, starb er im Jahr 1250, 51 Jahre alt. Nach seinem Tode geråth Deutschland in Verfall, das Reich zersplittert unter Karl IV. Nach dessen Regierung bietet Deutschland ein trauriges Schauspiel dar, das am Ende des XIV. Jahrhunderts mit seines Sohnes Wenzelaus Absezung und der Ernennung Ruprechts von der Pfalz zum König, die Epoche des Mittelalters schließt. Den_deutschen Kaisern steht das Papst thum gegenüber; es liefert denselben historischen Ueberblick. Das riesenhafte, von Gregor VII. begründete Gebäude, wodurch unumschränkte Pfaffenmacht sich über die ganze Christenheit ausdehnte, ist eine sehr denkwürdige Epoche der Menschheit. Die Herabwürdigung königlicher Gewalt, das Verbot der Priesterche, der Mißbrauch jener fürchterlichen Waffen des Bannstrahls, zeigen uns die allgemeine Verdorbenheit des XI. Jahrhunderts. Die Geiftlichkeit folgt der Verderbtheit des rohen, dummen und-sklavischen Volkshaufens; übermüthig, durch sinnliche Triebe gefoltert, die in unverhüllte Ausschweifung ausarten, bleibt sie aber dennoch, in einem Zeitalter der Finsterniß - und Geistesarmuth allein im Besige der Schäße der Wissenschaft. Einige talentvolle und gelehrte Mitglieder derselben wirken mächtig der Verschlechterung entgegen. Auch große Päpste treten auf: Alexander III., Gegner Friedrichs, des Rothbarts, der in der St. Marcus-Kirche, denselben vor der Tiara niederwirft, nachdem er ihn durch den Donner der Kirche zermalmt hat; Innozens III. der Stifter der Inquisizion, dieser Schandsäule der Menschheit, das fluchwürdigste Denkmal kirchlicher Unmaßung und ein Verrath an der Würde des Menschen, das durch fanatischen Eifer betrieben, so viele edle Seelen dem Flammentode Preis gab, und dessen Gråuelthaten nicht genug gebrandmarkt werden können. Dieser Papst bewirkte die Versöhnung der Monarchen, erhob sich als Schiedsrichter zwischen Frankreich und England, zwischen Frankreichs Herrscher und dem Kaiser. Es entstehen die Mönchsorden, mächtige, im Dienste der Kirche stehende Legionen und willenlose Werkzeuge des kirchlichen Oberhaupts. Mendikanten, Karmeliter, Benediktiner, eifrige Orthodoxen üben einen großen Einfluß auf das Volk aus, und werden der weltlichen Gewalt unerreichbar, oft fürchterlich, den Påpsten selbst gefährlich, Das Papstthum hat den höchsten Nimbus von Gewalt erreicht, aber im XIV. Jahrhundert sinkt es wieder herab. Philipp der Schöne demüthigt in der Person Bonifaz VIII., den Stolz des Priesters. Der Papst stirbt, nachdem er vom Colonna und Nogareth auf Befehl des Königs eingekerkert und mit einem Maulkorbe versehen worden, und mit ihm stirbt das Papstthum. Nach ihm wird der verbannte Papst der Knecht der französischen Könige. Das XIV. Jahrhundert ist durch das Sinken der påpstlichen Macht ausgezeichnet; und dasselbe endet mit der großen Kirchenspaltung, worin das mittelalterliche Papstthum zu Grunde geht.

Denselben Gang der europäischen Staaten kann man in der Geschichte des sozialen Lebens gleichfalls wahrnehmen, in der Geschichte der Zivilisazion.

Chevalerie: »Diefe,« sagt Rotteck, »der Rohheit und Bosheit »>mit wunderbarer Macht entgegenstrebende Einsegung; doch selbst das Kind der

»Rohheit, in der vollkommensten Beschaffenheit, eine gefährliche Stärkung der Adels»macht, eine durch Heiligkeit imponirende Scheidewand zwischen Edle und Volk.« Ihre schönste Periode, ihr heroisches, emporstrebendes Alter, ist die Zeit der Kreuzzüge. Sie öffnen dem ritterlichen Geiste in seiner Chatkraft ein unermeßliches Feld. Im Anfange des XIII. Jahrhunderts wird das Ritterthum als eine der größten, Auszeichnungen betrachtet; ein König von Frankreich bewaffnet seinen Sohn und ertheilt ihm den Ritterschlag einige Zeit, nachdem der große Saladin, wie es die Kreuzfahrer erzählen, diese Würde begehrt hatte. Aber kaum ist die erste Hälfte jenes Jahrhunderts erloschen, als es allmåtig in die Gemeinheit des Alltagslebens zurücksank. Die fromme Begeisterung zu Kreuzzügen erschlafft und weicht dem veränderten Geiste der Zeiten. Die Geschichte der Ritterorden giebt die merkwürdigsten Beweise des Fortschritts und Verfalls des Ritterthums. Der erste geistliche Ritter-Orden, die Johanniter, um Jahr 1100 gestiftet, zeigt sich glorreich in Palästinas Gefilden und bleibt daselbst bis zum Untergange der christlichen Herrschaft, worauf er in Cypern eine Zufluchtsstätte erhält. Die Tempelherren erscheinen zwanzig Jahre nach der Eroberung Jerusalems, und schlagen nach dem Verluste-Palåstinas ihren Wohnsiß in Frankreich auf, wo sie 1314 von derselben Hand, die den Papst so grausam gemißhandelt hatte, dem gräßlichsten Flammentode Preis gegeben werden. ·

Gemeinen. In demselben Zeitraume keimt ein neues Element empor, nicht als Folge des Lehnswesen, sondern durch allgemeine Ursachen begünstigt : die Gemeinen. In der lchten Hälfte des XI. Jahrhunderts sieht man sie im nördlichen Frankreich, und die des füdlichen, welche mit den altrömischen Munizip alitåten verwandt waren, erlitten merkliche Verbesserungen1). Man erinnere sich hier, daß lestere aristokratische Verfassungen hatten, während erstere reinrepublikanische Grundsåge an den Tag legten. Der republikanische Geist des Alterthums ver= breitete sich allenthalben und erhob seinen Schild, wo eine Stadtgemeinde mächtig genug war, um dem Adel die Spige zu bieten. Alle Dokumente jener Zeit geben aber den Ort nicht an, worin diese große Veränderung zuerst vorfiel. In Spanien umfaßt fic alle Lånder romanischer Zunge, denn die von den Mauren besegten stehen, so zu sagen, außer der Sphäre allgemeiner europäischer Bewegung. In Aragonicn erwarben die Städte große Vorrechte; schon im XII. Jahrhundert erschienen sie auf den Cortes und viele Bürger wurden zu Hidalgos erklärt. In England ertheilt Heinrich der I. im Jahr 1109 den ersten Freiheitsbrief, wodurch die Lehensanhänglichkeit sehr gemildert, und eine Menge von Vorrechten zugesagt wird. In Italien verbinden sich die Freistaaten, um Friedrich dem Rothbart zu widerstehen, und derselbe sucht in den Reichsstädten eine Stüße gegen sie, indem er ihnen Selbständigkeit, besondere Befreiungen und Rechte ertheilt.

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Wenn aber nun auch Ritterthum, Feudalwesen und Papstthum im XIV. Jahrhundert dohinsterben, so erleiden doch die Gemeinen nicht denselben Untergang, sie steigen zu ihrer größten Höhe. In Frankreich ruft sie der König in die Staatsversammlung; sie werden die Stüße des Königthums. In England beruft sie der Graf von Leicester in's Parlament, Eduard befragt sie um die Steuern, und von jener Zeit an können, ohne deren Einwilligung, keine Auflagen mehr gemacht werden. Allenthalben wird die moralische Kraft erhöht, der Zeitgeist greift um sich, und das Wesen der Freiheit wird ausgemacht. Demokratie stårkt sich durch den Fall aller mit ihr im Widerspruch stehenden Elemente.

1) Aug. Thierry, Lettres sur l'Histoire de France, L. XII.

Das XIV. Jahrhundert wird das der Legiften, das Gebäude des Feudalsystems stürzt zusammen, und ihre Feindin, das Königthum, schwebt über ihren Trümmern. Deutschland hatte Geses sammlungen; es erhält Rechtsbücher, und jenes fürchterliche, unsichtbare Tribunal, das Behmgericht, steht auf. In Frankreich galten die Provinzialverordnungen und Coûtumes, die der Etablissements de St. Louis und der Codex legum Normannicarum; sie werden durch die Lois & Ordonnances, des Rois de France ersett. England vollendet seine Gesezbücher durch die Sammlung der Parlamentsschlüsse. Alphons X. hatte sein Gesetzbuch, Siete partidas herausgegeben; durch neue Geseze wird es modifizirt. In Italien werden die Pandekten Justinians wieder aufgefunden. Das kanonische Recht wird durch die Päpste bereichert, und Bartolus de Saxoferrato findet allgemeine Nachahmung durch die Einführung der Dialektik in die Rechtslehre.

Dante, Boccacio und Petrarca zeigen sich am düstern Horizonte ; Karl V. gründet die Bibliothek des Louvre, die Uebersegungen der alten Klassiker vermehren sich, die Medici wetteifern für Wissenschaft. Wicklef, Gerson und Dailly treten als Reformatoren auf, und so wird gleichsam das XIV. Jahrhundert, das uns anderseits den Verfall des Mittelalters zeigt, der Vorbote der neuen Zeit. Künste. Die Künste zeigen uns denselben Verfall, wie das Ritterthum; in einigen Låndern Europas ist derselbe aber nach den Epochen verschieden. In Italien blühen sie. Jene gothische, von den Arabern oder Griechen eingeführte Baukunft greift um sich. In Frankreich hatte sie im XII. Jahrhundert einen besondern Karakterz die ogivische Architektur, mit innern gerippten Gewölbbogen, zeigt sich; Alles belebt sich, alle Blüthen Chrifti brechen auf. Die Baukunst nimmt Kühnheit und Farbe an, und im XIII. Jahrhundert füllt sich der Okzident Europa's mit religiösen Denkmålern, die alle einen allgemeinen Ursprung zu haben scheinen. Allenthalben verbirgt die Kunst einen symbolischen und mystischen Gedanken. Die Form des in den meisten dieser Gebäude befolgten Kreuzes erinnert uns an den auf seinem göttlichen Lager ruhenden Heiland; sein von Liebe glühender Blick, das seinen Wunden entrinnende Blut, spiegeln sich im Feuer und Purpur der Fenster. In dem geheimnißvollen Dunkel scheint die Kirche mit ihrem Gott in's Grab zu sinken, und in dem langen und schlanken Thurme, scheint sie mit ihm, als aus dem Grabe erstanden, ihren Flug gen Himmel zu nehmen.

Aber diese ganze künstliche Bauart des Mittelalters, weis't nichts Vollendetes auf; im XIV. Jahrhundert fångt sie an zu verfallen; fie wird schwerfällig; zwischen der Einfachheit des XII. Jahrhunderts und den Verzierungen des XIV. hat jene Kunst ihre Glanzperiode nur im XIII. aufzuweisen. Es ist daffelbe mit der Architektur, wie mit der Tonkunft und Bildhauerei,

Literatur. Nachdem wir nun über das Mittelalter im Allgemeinen gesprochen haben, wollen wir, zur Literatur jener Epoche übergehend, die französische nåher berücksichtigen, dieselbe in ihren einzelnen Punkten durchnehmen, und von ihr bis auf die des goldenen Zeitalters derselben fortschreiten.

Die Literatur folgt denselben Gang wie Civilisazion, Gesellschaft und Kunst. In jener Zeit der Finsterniß und Barbarei, vom Roste der Knechtschaft und Sklaverei überzogen, weiß't sie Nichts auf. Der Eidschwur Karls des Kahlen und Ludwig des Deutschen zu Verdun (842)1), ist das älteste 1) Die Eidformel ist das älteste Schriftdenkmal. La Rue, Essais historiques sur les Bardes, les Jongleurs et les Trouvères normands et anglo-normands gibt Flodoart's

Denkmal französischer Sprache. Langsam fortschreitend durchwühlt man diese Reihe von Nebeljahren, und stößt nur auf lateinische Denkmåler des Schriftenthums. Man erreicht das XI. Jahrhundert und noch nichts Nazionales zeigt sich dem Forscher, erst im XIII. beginnt das Zeitalter französischer Literatur; anzuführen: die epischen Versuche der Trouvères, le Chant de Ronceveaux, le Roman d'Alexandre, Partonopeus de Blois, Le Roman de Brut, le Roman de Rou, Li Roumans dou Chastelain de Coucy und die Legenden von Gauthier de Coincy. Unter Ludwig IX. erreicht die poetische Bildung des Nordens, die von der damals in Verfall gerathenen füdlichen Vieles geerbt-hat, ihre Blüthe. Es ist das Zeitalter des Thibaut, Grafen der Champagne, Pierre Mauclerc, Herzogs von Bretagne, Karl, Grafen von Anjou, Raoul, Grafen von Soissons und der elegantesten lyrischen Trouvères. Der französische Geist malt sich in den Fabliaux, im Roman de Renart 1) jener satirischen Epopõe, dem Höhenpunkte mittelalterlicher französischer Literatur. Dann erlischt der poetische Geist; die prosaischen Uebertragungen in Versen abgefaßter Romane, vermehren sich, Ueberfegungen ålterer Schriftsteller beginnen: Gerars de Viane,3) Marco Polo, St. Grégoire; Traduction des Sermons de St. Bernard, de Jean Beleth gehören dahin. Pedanterie zeigt sich, Satyre und Realitåt siegen über Begeisterung` und Ideal: im Roman de la Rose, von Guillaume de Lorris gegen das Ende des XIII. Jahrhunderts begonnen, und im XIV. vollendet. Die Romane de la Violette und de Mahomet sind etwas spåter geschrieben. In den beiden Theilen des Roman de la Rose erkennt man die Abstufung mittelalterlicher französischer Literatur. G. de Lorris ist, seinen Grundsågen nach, ein chevaleresker Dichter, obgleich er viel Allegorisches besigt; Jehan de Mehung, ein Pedant, der in der Fortsegung des Buches, worin sein Vorgånger elegante, mit Rittergesinnungen beseelte Karaktere aufgestellt hat, nichts als eine schwülstige Erudizion, beißende Satyre, kühne Ideen und obszöne Bilder durcheinander mischt.

Die theologische Literatur des Mittelalters wor rein lateinischen Karakters, da die lateinische Sprache vorzugsweise die des Katholizismus jener Zeit war. Kanzelberedsamkeit ist von uns schon bei den Kreuzzügen erwähnt worden; zu dieser bediente man sich der lateinischen Sprache für Gelehrte, der französischen für das Volk. Die darin gehaltenen Reden, meist von Minoriten - Brüdern, find gänzlich verloren. Dieselbe griff auch späterhin in das theologische Gebiet ein, und es erschienen Uebertragungen der Bibel und Predigten: das ålteste Werk dieser Art ist die anonyme Traduction de Saint-Grégoire; alsdann die Epistre de SaintBernard, du gouvernement des choses familières, Li Sermons Saint

Grabschrift als das älteste Schriftdenkmal an. Flodoart starb zu Rheims, 966; Borel führt in feinem Trésor sur les Recherches et Antiquités Gauloises, 1655, drei Zeilen einer vermeinten Bulle Alberon's, Bischofs zu Meg, vom Jahre 940 an, die in französischer Sprache abgefaßt gewesen sein soll. Es ist aber ein großer Irrthum, da Wörter sich darin befinden, die im XII. Jahrhundert im Umlaufe waren. Ein anderes, in dem Cartulaire de l'Abbaye de Hennecourt aufgefundenes, von 1133 datirtes Bruchstück, soll alter fein; wenn dieses Datum erakt ist, so wäre es das älteste von allen, das ein bestimmtes Datum führt 1) Es heißt de Renart und nicht du Renard. Renart ift ein subst. prop. wie Rou (Raoul oder Rollon). Brut (Brutus), es ist das deutsche Reinhard. Das damals renard, Fuchs, bezeichnende Subst. war goupil. Siehe Grimm, Reinhart Fuchs. Fallot meint, derselbe sei im Anfange des XIV. Jahrhunderts geschrieben. 2) Geras de Viane, ein in Monoreimen abgefaßter Roman; in seinem Roman von Ferabras (prov.) von Bekker herausgegeben, nach dem Cod reg. 7535 von Uhland abgeschrieben. Geras de Viane ist aus dem Provençalischen übertragen. 1) weil viele der Ocsprache entlehnte Ausdrücke darin vorkommen, 2) weil der Dichter provençalische Gesinnungen hegt; er ist Partheigånger Gerars de Viane, Feind Karls des Großen, und spricht auch immer von Legterem sowie von Frankreich und den Helden seiner Zeit, gleichfalls als wären fie Fremdlinge.

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Bernard kil fait de l'auent et des altres festes parmei lan1), Sermons de Maurice de Sully.2) La Traduction du Livre de Rois et des Macchabées.3) In den Bibelübersegungen zeigt sich der Geist der Neuerer; die Sprache wird Jedem verständlich gemacht. Man überseßt nicht die Bibel, sondern die Ueberscher fügen noch eine Menge von Bruchstücken, dem Josephus und andern Schriftstellern entlehnt, hinzu. Bald darauf sieht man Glossarien und Interpretazionen derselben. Die Bible Historiale von Pierre Comestor, die im Mittelalter allgemein im Umlaufe, und von Guiart des Moulins ins Französische übersezt wurde, enthielt, mit dem Texte der heiligen Schrift, Interpolazionen aus nicht kanonischen Quellen geschöpft, und jene allegorischen Moralitåten, womit man die Bibel überschwemmte, wirkten mächtig auf mehrere Gelehrte, die individuelle Interpretazionen davon machten. Andere gehen noch weiter: Guiot greift in seiner Bibel die Gelehrten aller Stånde an und behandelt kirchliche und weltliche Große, besonders aber Mönche, ohne Schonung. Ein Gleiches thut Hugues de Bersil, doch mit mehr Mäßigung. Die dogmatische Theologie gestattete im Mittelalter den Gebrauch der französischen Sprache nicht. Man muß bis zur Reformazions bis Calvin gehen, wo man dogmatische Theologie in französischer Sprache abgefaßt findet. Andere Theile der Theologie, Polemik und Kanzelberedsamkeit gestatteten nur dieselbe. 3u ersteren gehört: le Livre du Gentil et des trois Sages 4); la Bible, von Hugues Merci, Mönch im Kloster zu Cluny, ist eine beißende Satyre. Ein nicht zu vergessendes Werk ist die vom Kanzler Gerson im Exil, in lateinischer Sprache abgefaßte Imitatio Christi, von der erst späterhin Uebersegungen erschienen.

Eine besondere Klasse theologischer literarischer Werke jener Zeit, bilden die Legenden: Zuerst die Apokryphen, Legenden des alten und neuen Testaments, aus nicht angenommenen Tradizionen, die mit den orthodoxen des Chriftenthums vermengt sind, als: Les Evangiles de l'Enfance de Jésus, de St. Jacques, de Nicodème, de la Vierge; la Passion de Jésus Christ ). Dieselben enthalten eine Menge von Erzählungen, die eine kindische Erbärmlichkeit, nichts aber von der chriftlichen Anmuth, sondern die ganze Herbe jüdischer Grübelei an den Tag legen. Diese Evangelien find früh in die verschie

1) Daunou, Hist litt. de la France, T. XIII. p. 192, beweiset, daß dieselben in lateis nischer Sprache abgefaßt wurden, und stüßt sich Pag. 226, auf eine alte Ausgabe der l'Epistre de Saint Bernard à Raymont, seigneur du Châtel Saint-Ambroise, translatée du latin. Das nämliche Werk ist von D. Montfaucon in der Bibliotheca bibliothecarum manuscriptorum nova, nebst einer version française, faite par Saint Bernard lui-même (?) aufgeführt.

Barbazan behauptet, fie seien gleich nach gehaltener Rede niedergeschrieben, aber Daunou und Raynouard behaupten, sie seien apokryphisch. Barbazan Dissertation sur l'Origine de la Langue Française, versichert, fie seien in franz zösischer Sprache gehalten worden.

2) Bischof + 1196. Gleichfalls aus dem Lateinischen überseßt. Die Ueberseßungsweise ist dieselbe wie die von Jean Beleth.

3) wird in diesem Augenblick von Herrn Leroux de Lincy, der von der historischen Comittee dazu beauftragt ist, herausgegeben. Es ist das älteste Werk dieser Art. Die Mack abder find später überseht worden, als die Könige, die vom XII. Jahrhundert datiren. Der Herausgeber behauptet in einer von Ückermann mitgetheilten Note, es befinde sich jest in der Bibliothèque Mazarine ein Original, und zwei Kopien davon; eine von St. Palaye verbesserte ist in der Königlichen Bibliothek, die andere in der des Arsenals.

Die Uebersehung befindet sich in der Bibliothèque Royale, No. 10276. 4) von Reinaud und Michel herausgegeben. Die drei Weisen sind ein Christ, ein Jude und ein Muselmann. Der Gentil ist ein Epikureer, ein Atheist. Es find Verse, worin man bemerkt, daß die französische Sprache mit sehr freien Ideen vermengt ist. Jude, Christ, Muselmann ftreiten sich mit der größten Höflichkeit und behalten ihren Glauben bei, den sie ihren gegenseitigen Gegnern entgegenstellen. Man erkennt hierin den durch die Kreuzzüge rege gewordenen Geist zur Toleranz.

̄5) In Versen, ungefähr vom Jahr 1230. (Histoire Littéraire de la France, XHI. 40.)

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