Zierlich Denken und süß Erinnern Seht mich an als Propheten! Viel Denken, mehr Empfinden Und wenig Reden. Zart Gedicht, wie Regenbogen, Wird auf dunklen Grund gezogen; Das Element der Melancholie. 75 80 Meine Dichterglut war sehr gering, 85 Dagegen entbrannte sie lichterloh, Wenn ich vor drohendem Uebel floh. Willst du dich als Dichter beweisen, So mußt du nicht Helden noch Hirten preisen. Ein reiner Reim wird wohl begehrt, Das ist eine von den alten Sünden, Sie meinen Rechnen das sei Erfinden. Durch Vernünfteln wird die Poesie vertrieben, 90 95 Was wir Dichter ins Enge bringen, Gern wär ich Ueberliefrung los Doch ist das Unternehmen groß Vom Vater hab ich die Statur, Urahnherr war der Schönsten hold, Aus dem Compler zu trennen, Ein Mann, der Thränen streng entwöhnt, Mag sich ein Held erscheinen, Doch wenn's im Innern sehnt und dröhnt, Geb ihm ein Gott zu weinen. Ja das ist das rechte Gleis, Was man denkt, Wenn man denkt; Alles ist wie geschenkt. All unser redlichstes Bemühn 130 Glückt nur im unbewußten Momente; 135 Wenn sie der Sonne Herrlichkeit erkennte! Manches können wir nicht verstehn!' Lebt nur fort, es wird schon gehn. Den Vereinigten Staaten Amerika, du hast es besser Als unser Continent, das alte, Hast keine verfallene Schlösser Und keine Basalte. Dich stört nicht im Innern, Zu lebendiger Zeit, Unnüßes Erinnern Und vergeblicher Streit. 140 145 Benugt die Gegenwart mit Glück! Und wenn nun eure Kinder dichten, Bewahre sie ein gut Geschick Vor Ritter-, Räuber- und Gespenstergeschichten. 150 18. Bei Betrachtung von Schillers Schädel Im ernsten Beinhaus war's, wo ich beschaute, Nicht Ruh im Grabe ließ man euch, vertrieben Die heiligen Sinn nicht Jedem offenbarte, Als ich in Mitten solcher starren Menge Ich frei und wärmefühlend mich erquickte, Das flutend strömt gesteigerte Gestalten. Geheim Gefäß! Orakelsprüche spendend! Wie bin ich wert, dich in der Hand zu halten? Dich, höchsten Schaz, aus Moder fromm entwendend, Und in die freie Luft, zu freiem Sinnen, Zum Sonnenlicht andächtig hin mich wendend. 5 10 15 20 25 30 Was kann der Mensch im Leben mehr gewinnen, Als daß sich Gott-Natur ihm offenbare, Wie sie das Feste läßt zu Geist verrinnen, 19. Proömion Im Namen dessen, der sich selbst erschuf! So weit das Ohr, so weit das Auge reicht, Was wär ein Gott, der nur von Außen stieße, 5 ΙΟ 16 20 |