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Und nun dring ich aller Orten
Leichter durch die ewigen Kreise,
Die durchdrungen sind vom Worte
Gottes rein-lebendigerweise.

Ungehemmt mit heißem Triebe
Läßt sich da kein Ende finden,
Bis im Anschaun ewiger Liebe
Wir verschweben, wir verschwinden.

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3. Talismane

Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Occident!
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände.

Er, der einzige Gerechte,
Will für jedermann das Rechte.
Sei von seinen hundert Namen
Dieser hochgelobet! Amen.

Mich verwirren will das Jrren, Doch du weißt mich zu entwirren. Wenn ich handle, wenn ich dichte, Gieb du meinem Weg die Richte.

Ob ich Ird'sches denk und sinne,
Das gereicht zu höherem Gewinne.
Mit dem Staube nicht der Geist zerstoben,
Dringet, in sich selbst gedrängt, nach oben.

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ΤΟ

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Im Atemholen sind zweierlei Gnaden :
Die Luft einziehen, sich ihrer entladen,
Jenes bedrängt, dieses erfrischt,
So wunderbar ist das Leben gemischt.
Da dante Gott, wenn er dich preßt,

Und dank ihm, wenn er dich wieder entläßt.

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4.

Sollt ich nicht ein Gleichnis brauchen

Wie es mir beliebt?

Da uns Gott des Lebens Gleichnis

In der Mücke giebt?

Sollt ich nicht ein Gleichnis brauchen

Wie es mir beliebt?

Da mir Gott in Liebchens Augen

Sich im Gleichnis giebt?

5. Selige Sehnsucht

Sagt es Niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebendge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.

In der Liebesnächte Kühlung, Die dich zeugte, wo du zeugtest, Ueberfällt dich fremde Fühlung, Wenn die stille Kerze leuchtet.

5

5

Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zulezt, des Lichts begierig,
Bist du, Schmetterling, verbrannt.

Und so lang du das nicht hast,
Dieses Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

ΙΟ

15

20

6.

Was wird mir jede Stunde so bang?
Das Leben ist kurz, der Tag ist lang.
Und immer sehnt sich fort das Herz,
Ich weiß nicht recht, ob himmelwärts.
Fort aber will es, hin und hin,
Und möchte vor sich selber fliehn.
Und fliegt es an der Liebsten Brust,
Da ruht's im Himmel unbewußt;
Der Lebe-Strudel reißt es fort,
Und immer hängt's an Einem Ort;
Was es gewollt, was es verlor,
Es bleibt zuleßt sein eigner Thor.

5

ΙΟ

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Ach, um deine feuchten Schwingen,
West, wie sehr ich dich beneide:
Denn du kannst ihm Kunde bringen,
Was ich in der Trennung leide!

Die Bewegung deiner Flügel
Weckt im Busen stilles Sehnen;
Blumen, Augen, Wald und Hügel
Stehn bei deinem Hauch in Thränen.

Doch dein mildes, sanftes Wehen
Kühlt die wunden Augenlieder;
Ach, für Leid müßt ich vergehen,
Hofft' ich nicht zu sehn ihn wieder.

Eile denn zu meinem Lieben,
Spreche sanft zu seinem Herzen;
Doch vermeid ihn zu betrüben
Und verbirg ihm meine Schmerzen.

Sag ihm, aber sag's bescheiden:
Seine Liebe sei mein Leben,
Freudiges Gefühl von beiden
Wird mir seine Nähe geben.

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8. Vollmondnacht

Herrin, sag, was heißt das Flüstern?
Was bewegt dir leis die Lippen?
Lispelst immer vor dich hin,

Lieblicher als Weines Nippen!
Denkst du deinen Mondgeschwistern
Noch ein Pärchen herzuziehn?

ca a

„Ich will küssen! Küssen! sagt' ich.“

Schau! im zweifelhaften Dunkel
Glühen blühend alle Zweige,
Nieder spielet Stern auf Stern; her
Und, smaragden, durch's Gesträuche
Tausendfältiger Karfunkel;

Doch dein Geist ist allem fern.

„Ich will küssen! Küffen! sagt' ich.“

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Euch im Vollmond zu begrüßen

Habt ihr heilig angelobet,

Dieses ist der Augenblick.

„Ich will küssen! Küssen! sagt'ich.“

9. Suleifa

Was bedeutet die Bewegung? Bringt der Oft mir frohe Kunde? Seiner Schwingen frische Regung Kühlt des Herzens tiefe Wunde.

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ΙΟ

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