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VI. Westöstlicher Divan

WHILE the German people were struggling to break the fetters in which Napoleon had kept them for years, Goethe had 'fled' to the Orient, according to his own words, and the poetic treasures found on this imaginary journey he spreads before us in the collection Westöstlicher Divan. The theme which sounds in various melodies through all of these wonderful poems is best described by Goethe in a letter to Zelter of May 11, 1820: Unbedingtes Ergeben in den unergründlichen Willen Gottes, heiterer Ueberblick des beweglichen, immer kreis- und spiralartig wiederkehrenden Erdetreibens, Liebe, Neigung zwischen zwei Welten schwebend, alles Reale geläutert, sich symbolisch auflösend. Of these motives only the principal two: the poet's religious meditation and his love to Suleika have been considered in the following selections.

According to the first of the poems, the introductory Hegire, the poet undertakes his poetic journey to the Orient for the purpose:

Dort im Reinen und im Rechten
Will ich menschlichen Geschlechten
In des Ursprungs Tiefen dringen,
Wo sie noch von Gott empfingen
Himmelslehr in Erdensprachen

Und sich nicht den Kopf zerbrachen.

What we notice here is to a certain extent a revival and partial execution of the old plan of the Geheimnisse,

dating back to the time of his most intimate friendship with Herder. As he intended to represent in the Geheimnisse the identity of humanity and Christianity by introducing the representatives of various nations, times and religions, so he seeks in the Divan for the primitive state of humanity and its unity with the divine in the Orient. Again the religious element of his nature breaks forth in some of the most remarkable lyrics of the Divan. Thus in the poem Höheres und Höchstes, which treats of the life hereafter, he leaves the sensual world and is looking for Paradise, where he would love to gather together. his friends:

Und so möcht ich alle Freunde,

Jung und alt, in Eins versammeln,
Gar zu gern in deutscher Sprache
Paradiesesworte stammeln.

The mystic depth and fervor of Goethe's religious thinking is revealed best in the verses Talismane and especially in the poem Selige Sehnsucht, in which he shows death to be a necessary and integral part of life.

The most popular of the Divan-poems are, however, those of the book Suleika. It is a well known fact that most of these songs owe their origin to Goethe's devoted friendship and admiration for Marianne Willemer, one of the most cultured women who grace the poet's later life. So great was her poetic talent that Goethe did not hesitate to incorporate into his collection several of her songs as his own. Two of the most exquisite, Nos. 7 and 9, are here given.

1. Hegire

Nord und West und Süd zersplittern,
Throne bersten, Reiche zittern,
Flüchte du, im reinen Osten
Patriarchenluft zu kosten,

Unter Lieben, Trinken, Singen,
Soll dich Chisers Quell verjüngen.

Dort im Reinen und im Rechten
Will ich menschlichen Geschlechten
In des Ursprungs Tiefen dringen,
Wo sie noch von Gott empfingen
Himmelslehr in Erdensprachen,
Und sich nicht den Kopf zerbrachen.

Wo sie Väter hoch verehrten,
Jeden fremden Dienst verwehrten;
Will mich freun der Jugendschranke :
Glaube weit, eng der Gedanke,
Wie das Wort so wichtig dort war,
Weil es ein gesprochen Wort war.

Will mich unter Hirten mischen
An Oasen mich erfrischen,
Wenn mit Karavanen wandle,
Schawl, Kaffee und Moschus handle;
Jeden Pfad will ich betreten
Von der Wüste zu den Städten.

Bösen Felsweg auf und nieder Trösten, Hafis, deine Lieder,

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Wenn der Führer mit Entzücken
Von des Maultiers hohem Rücken
Singt, die Sterne zu erwecken
Und die Räuber zu erschrecken.

Will in Bädern und in Schenken,
Heilger Hafis, dein gedenken,
Wenn den Schleier Liebchen lüftet
Schüttelnd Ambralocken düftet.ex
Ja, des Dichters Liebeflüstern
Mache selbst die Huris lüstern.

Wolltet ihr ihm dies beneiden
Oder etwa gar verleiden,
Wisset nur, daß Dichterworte
Um des Paradieses Pforte
Immer leise klopfend schweben,
Sich erbittend ewges Leben.

2. Höheres und Höchstes

Daß wir solche Dinge lehren, Möge man uns nicht bestrafen: Wie das alles zu erklären, Dürft ihr euer Tiefstes fragen.

Und so werdet ihr vernehmen, Daß der Mensch, mit sich zufrieden,

Gern sein Jch gerettet sähe,

So da droben wie hienieden.

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Und mein liebes Ich bedürfte Mancherlei Bequemlichkeiten, Freuden, wie ich hier sie schlürfte, Wünscht ich auch für ewge Zeiten.

So gefallen schöne Gärten,

Blum und Frucht und hübsche Kinder,
Die uns allen hier gefielen,

Auch verjüngtem Geist nicht minder. &

Und so möcht ich alle Freunde Jung und alt, in Eins versammeln, Gar zu gern in deutscher Sprache Paradiesesworte stammeln.

Doch man horcht nun Dialekten,
Wie sich Mensch und Engel kosen,
Der Grammatik, der versteckten,
Declinirend Mohn und Rosen.

Mag man ferner auch in Blicken
Sich rhetorisch gern ergehen,
Und zu himmlischem Entzücken
Ohne Klang und Ton erhöhen.

Ton und Klang jedoch entwindet
Sich dem Worte selbstverständlich,
Und entschiedener empfindet
Der Verklärte sich unendlich.

Ist somit dem Fünf der Sinne

Vorgesehn im Paradiese,

Sicher ist es, ich gewinne

Einen Sinn für alle diese.

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