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gedehnt 36) und militärisch vollzogen; denn das Heer war dem siegreichen Kaiser ergeben und den Grundsåhen desfelben zugethan. Es ist keine Frage, daß bei dieser-rohen Execution oft eben so wenig eine schonende Rücksicht auf Kunst und Literatur, als auf Recht und Gerechtigkeit genommen worden seyn mag; allein die Unmöglichkeit, bei der Unterdrückung einer erbitterten Partei in den Schranken der Mäßigung und Gerechtigkeit zu bleiben, und die Nothwendigkeit der Strenge gegen alle, die sich der von einer Kirchenversammlung auf gesetzlichem Wege beschloss fenen Abschaffung der Bilder nicht fügen wollten, wird den Kaiser in den Augen jedes Unparteiischen hinlänglich entfchuldigen. Seiner Energie verdankte daher Constantin die Freude, noch vor seinem Tode den öffentlichen Bilders dienst abgeschafft zu sehen, und in dem von seinen Unters thanen geleisteten Eide, daß sie den Bildern keine Verehrung mehr erweisen wollten, auch für die Zukunft eine sicher re Garantie erhalten zu haben. Dies wäre auch der Fall gewesen, wenn sein Nachfolger mit derselben Energie und Hårte die ergriffenen Maßregeln aufrecht erhalten håtte; Leo IV., der im Jahre 775 den Thron bestieg, war aber dazu zu weich. Unter dem Einflusse seiner Gemahlin Frene, die ihre Neigung für die Bilder und Mönche zu verheimlis chen wußte, um ihr Interesse desto besser befördern zu können, hob er einige Verordnungen seines Vaters wieder auf und milderte andere. Der anscheinende Zustand von Ruhe verführte ihn zu Bewilligungen, in denen der Keim zu neuen Unruhen lag, und dadurch, daß er den Mönchen

36) Zonar. tom. II, p. 87. ed. Ven. sagt ausdrücklich, daß nur die widerseßlichen Klöster aufgehoben worden seyen, daß dages gen alle Mönche, welche sich den Beschlüssen der Kirchenvers fammlung unterworfen, ungestört ihrem Stande und Gelübde gemäß hätten leben können.

die Erlaubniß zur Rückkehr und die Fähigkeit zur Anstellung in hohen Kirchenåmtern ertheilte, brachte er wieder ́ein der bestehenden Ordnung der Dinge feindseliges Element in den Staat. Als er die von seiner Gemahlin heims lich verehrten Heiligenbilder entdeckte, war es zu spåt, sein Versehen wieder gut zu machen; denn ehe er noch etwas über sie beschlossen hatte, starb er am 8. September 780. Irene brachte nun mit der Vormundschaft über ihren unmündigen Sohn Constantin VI. auch die Zügel der Regierung in ihre Hånde, und nur die Furcht vor einem zu großen Widerstande namentlich von Seiten des Heeres hielt fie ab, die Bilderverehrung sogleich gefeßlich wieder einzuführen. Sie bereitete indeffen diese Maßregel dadurch vor, daß sie alle Verfolgungen einstellte, und der Aufstellung von Bildern an manchen Orten kein Hinderniß in den Weg legte. Zugleich näherte sie sich auch dem römischen Pabste wieder, und trat mit Karl dem Großen in eine so enge Bers bindung, daß sie ihren Sohn Constantin VI. mit der från kischen Prinzessin Rotrudis verlobte. So unverhüllt sie aber auch ihre Vorliebe für die Bilder zeigte, so wagte fie doch lange keinen entscheidenden Schritt. Denn da feit dem Anfange des Bildersturms mehr als ein halbes Jahrs hundert verfloffen war, so `war es ganz natürlich, daß ein großer Theil der unterdessen herangewachsenen Generation die herrschenden Grundsäge theilte, und daß die meisten Bischofsßtühle mit Männern besegt waren, die der Bilderfeindschaft ihre Erhebung verdankten. Die Kaiserin durfte daher die Veranlassung zu einer so wichtigen Veränderung, wie die Herstellung des Bilderdienstes war, nicht gleichsam aus der Luft greifen, sondern mußte sie aus einer bestimmten Thatsache ableiten. Einen solchen Anknüpfungspunkt gab ihr der offenbar verabredete Austritt des Patriarchen Paulus aus seinem Amte. Paulus war von Peo IV. auf

den Stuhl des Patriarchen gefeßt worden, nachdem er vorher sich mit einem feierlichen Eide gegen die Bilder erklärt hatte. Im Jahre 784 verließ er aber pldzlich den erzbischöflichen Pallast und begab sich in ein Kloster. Hier erklärte er allen, die ihn auf Veranlassung der Kaiserin oder aus Neugierde besuchten, daß ihn die Reue von einem Stuhle getrieben habe, durch dessen Besteigung er von der Gemeinschaft mit andern Kirchen und von der Gnade der Heiligen ausgeschlossen woorden sey; seine Sünde könne nur durch eine schwere Buße auf Vergebung hoffen, und der auf dem Reiche lastende Fluch könne nicht anders abgewens det werden, als durch Aufhebung der gottlosen Beschlüsse gegen die Bilder. Auf diese Weise war also der Schritt eingeleitet, welchen nach dem noch in demselben Jahre erfolgten Tode des Paulus dessen Nachfolger zu thun hatte. Die Kaiserin sorgte durch die Erhebung ihres Geheimschreibers Tarasius dafür, die Interessen der Kirche ganz von ihrem Willen abhängig zu machen, und der geschmeidige Höfling, den sie zum Patriarchen ernannte, zeigte sogleich seine Bereitwilligkeit, ihr gefällig zu seyn, durch die Bes dingung, die er mit seiner Annahme der höchsten geistlichen Würde verknüpfte, daß nämlich ein allgemeines Concilium die Zuläßigkeit oder Verwerflichkeit der Bil derverehrung aufs neue untersuchen sollte. Der Pabst Hadrian I. schickte auf ein schmeichelhaftes Einladungsschreiben zwei Abgeordnete nach Constantinopel, und da man den Kunstgriff gebrauchte, einige Geistliche als Abgesandte der Patriarchen von Antiochia und Alexandrien ihren Einzug halten zu lassen, so gab man der Kirchenversammlung das Ansehen einer ökumenischen. Da die Gegenpartei die Berufung derselben nicht hindern konnte, so fand sie sich wenigstens in großer Anzahl zu einer entschiedenen Opposition ein, und ihr Muth, dem Hofe

entgegenzutreten, war um so größer, weil sich die Betes ranen Constantins zu ihrer Beschüßung und zur Vertheidigung der Beschlüsse ihres verehrten Anführers bereit erklärten. Als daher die erste Sigung am 7. August 786 in der Kirche der zwölf Apostel eröffnet wurde, erhoben die Soldaten, welche schon seit dem vorhergehenden Tage die Kirche bescht hatten, einen solchen Tumult, daß der Pas triarch nicht zum Worte kommen konnte, und die Kaiserin selbst die Versammlung ersuchen mußte, der Uebermacht zu weichen und die Situng abzubrechen. Nach Entfernung der dem Hofe günstigen Partei blieben die Bilderfeinde uns ter dem Schuße der Soldaten in der Kirche zurück, und bes stätigten alle Beschlüsse gegen die Bilder.

Dieser erste mislungene Versuch hatte der Kaiserin die Hindernisse gezeigt, die sie aus dem Wege råumen mußte, um einen zweiten mit besserem Erfolge machen zu können. Ohne Rücksicht auf den Vortheil des Staats wußte sie durch eine List die Veteranen zu entwaffnen und zu verabs schieden, und nachdem sie sich mit einer neugeworbenen Garde umgeben hatte, berief sie, weil sie den Bürgern von Constantinopel nicht traute, auf den September 787 die Versammlung nach Nicăa, wobei sie zugleich die Vorsicht gebrauchte, nur solche Bischöfe einzuladen, deren Ges finnung für ihren Plan günstig war, oder die sich wenigs stens bereit zeigten, ihre Gesinnung zu ändern. Zur Noth ward auch eine Abtheilung der neugeworbenen Truppen hingeschickt. Unter diesen Umstånden konnte das Resultat dieser Kirchenversammlung nicht zweifelhaft seyn. Die Beschlüsse des constantinopolitanischen Conciliums wurden wis derlegt und mit ihren Anhängern verdammt, die Bilders verehrung dagegen ward wieder zum Kirchengeset gemacht, jedoch mit der näheren Bestimmung, daß den Heiligen und Bildern nur eine Proskynesis gebühre, während die Las

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treia Gott allein vorbehalten sey. Von Nicàa begab sich die Kirchenversammlung nach der Hauptstadt, um dort-ihre Beschlüsse bestätigen zu lassen. Auch hier waren die Maßregeln so gut getroffen, daß alles ohne Unruhen ablief; unter lautem Freudengeschrei der Versammelten unterzeichte die Kaiserin mit ihrem Sohne die Acten des Conciliums, welche nun als die eines dkumenischen in der ganzen chriftlichen Welt gelten sollten. Sie wurden daher dem Pabste Hadrian I. zugeschickt, um sie den Königen des Occidents mitzutheilen.

In den westlichen Låndern hatte man bisher den Bildern eine ganz richtige Stellung zum Cultus angewiesen; fie dienten nåmlich mehr zum Schmuck der heiligen Ståt ten und zur Erhöhung des feierlichen Eindrucks, den fol che Orte machen müssen, als zur Erweckung oder zu Gegenstånden der Andacht. Die Vorliebe für den Bilderdienst, welche die römische Welt aus ihrem heidnischen Zustande in das Christenthum mit hinübergenommen hatte, fehlte den germanischen Völkern, die ihre früheren Gottheiten wenis ger in Bildern als in Naturgegenstånden angebetet hatten. Doch war auch bei den Germanen der Aberglaube vor handen, nur in einer andern Gestalt; sie wandten ihre Verehrung mehr den Reliquien als den Bildern der Heiligen zu, und erwarteten von jenen, was die Griechen von dies fen, nåmiich Hilfe und Schuß in Noth und Gefahren. Die Beschlüsse des nicånischen Conciliums hatten aber um so weniger eine günstige Aufnahme zu erwarten, da ein Niederfallen oder eine Proskynesis im Sinne der Griechen bei den westlichen Völkern eine ganz andre Bedeutung hatte, als in einer orientalischen Despotie. Der freie Gers mane war gewohnt, in seinem Feudalkönige nur den Erften unter seines Gleichen zu sehen, und vor Niemandem die Kniee zu beugen, als vor Gott, während der Grieche

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