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DER SILBERNE SARG DES PROPHETEN SCT. SIMEON ZU ZARA.

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selbst, dass

die letztere

Gruppe nach ande

ren künstlerischen Gesichtspunkten noch in kleinere, scharf getrennte Gruppen getheilt werden kann. Ihr gemeinsamer Zug ist der aus gebrochenen Bogenschnitten gebildete Rahmen. Auf diesem architektonischen Hintergrunde selbst,

resp. auf dem Rahmen zeigen die Säulencapitells, sowie die architektonische Ornamentik der Füße des so oft dargestellten Sarges des h. Simeon fast auf jeder Tafel eine andere Eigenart. So sind in der Vorstellung im Tempel (Fig. 28) die Säulencapitells des Ciborium's an den vier Ecken mit vier Akanthusblättern geziert, welches Motiv wir nur noch in Büßungsscene (Fig. 15) am Sargfuße (Capitell und Sockel) und modificiert in der Banus-Paul-Scene (Fig. 14) sowie in der Errettung des Knaben (Fig. 19) finden (Vgl. Fig. 29). Auf allen übrigen kommt ein langes, bald in schmalen, bald breiten Halbkreis auslaufendes Pflanzenornament vor (Fig. 30), welches sich in der Scene des kranken Banus (Fig. 12) und der Sarg-Widmung (Fig. 10) zu Palmenblättern formiert (Fig. 31). Die Seitenornamente auf dem Bette des kranken Banus und des schlafenden Mönches (Fig. 12, 20) stimmen im wesentlichen überein. So unterscheidet sich auch die auf letzterem Relief befindliche Nachtlampe nur in unwesentlichen Dingen von der Nachtlampe der Austreibungsscene (Fig. 18), welche ebenfalls mit einer Perlenschnur geschmückt ist. Das erwähnte Motiv haben also verschiedene Meister benützt, aber jeder in seiner Art.

Hier müssen wir auch die acht gedrehten Säulen erwähnen, welche die an den beiden Langseiten des Sarges angebrachten Reliefbilder von einander trennen und den ganzen Sarg in trefflicher Weise gliedern (Fig. 32). Sämmtliche ruhen auf einer aus drei starken Walzentheilen, einem gezahnten und mehreren zierlichen perlengeschmückten Bändern gebildeten kleinen Console und erheben sich aus einem in zwei Bandgeflechte gefassten Walzensockel, Auch das Capitell ruht auf einem in Bandreife gefassten Walzenglied und der Abacus wird von den zurückgebogenen Akanthusblättern, wie von einem Diadem gehalten. Darüber schwebt auf jedem einzelnen ein geflügelter Engelskopf.

Ueber die Pflanzenornamente hat bereits Director Eugen Radisics in

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großen Zügen gesprochen und auch zahlreiche Belege mitgetheilt (Müvészi Ipar 1892), eingehend aber behandelt selbst der Verfasser unserer Monographie dieselben nicht. Die Ornamente sind:

1. Gleich auf den Bogenspitzen und den Thurmmauern des architektonischen Hintergrundes am ersten Relief (Aufgrabungsscene) sehen. wir eine eigenartige Blätterranke, besser gesagt ein Blätterornament aus gestreckten und gezackten akanthusartigen Blättern, welches - abgesehen von einigen unwesentlichen, aber immerhin charakteristischen Zügen - fast auf allen Tafeln des Sarges wiederkehrt. Die nachlässig und mit geringem Schwunge, meist launenhaft gezackten, langgestreckten, nach rechts oder links geneigten 3-4 Blätter gehen immer von einem Centrum aus, als welches immer ein, drei oder fünf Reifchen (gleichsam das Staubgefäß) dienen; manchmal formieren sich diese Reifchen zu einer besonderen Rosette, manchmal zu rhombischen Blättern, gelegentlich erinnern sie an die Form der Himbeere, ja an einer Stelle (im Bogenschnitt der Arkade auf der Meister-Scene) sogar an Eicheln. Solch ein polypartig zergliedertes, tief gefingertes Blätterornament schmückt auch, aus fünf Fruchtansätzen ausgehend den Mauerbogen der Aufgrabungsscene (Fig. 7) über dem Kopfe der Senatoren und die Bogenfelder an der Kirche; ferner den Sarg auf der Widmungs-Scene, wie auch der Meister- und Fußwunder-Scene (Fig. 10, 16, 17); auf den übrigen aber ist an dieser Stelle nur ein Reifchen oder eine regelrecht ausgearbeitete Rosette sichtbar.

Dasselbe Muster in gleicher Stilisierung zeigt sich auch auf dem Simse des Sargdeckels in den spitzen Feldern, welche das Wappen Ludwig's d. Gr. umgeben (Fig. 50, 51), was uns deutlich beweist, dass dies ein in allen Formen gleichzeitiges, oder wenigstens zeitlich sehr nahe stehendes und dem Sarge von Haus aus eigenthümliches Ornament ist.

2. Wir finden dasselbe wohl noch in abweichender Anwendung, nämlich mit weitem Kreise und innerhalb desselben mit innen eingedrückten Seiten zur viereckigen Rosette geformt auf der Vorderseite des Sargdeckels, vor den Füßen des Heiligen auf der Decke in einem 21-22 cm. breiten Streifen; doch ist es hierher erst später, als Zusatz gerathen auf keinen Fall also original, da es nicht anzunehmen ist, dass der Meister den Rand dieser Decke mit einer Weinblätter-Ranke, dann aber mit diesem ungeheuren Blättermotiv und gar noch mit zwei, einander in so schneidender Weise berührenden, verschiedenen Mustern geziert hätte (Fig. 33). Dieses Muster wurde auch schon vom erwähnten Artikel des Művészi Ipar (1892) mitgetheilt, jedoch mangelhaft, da der Zeichner die Felder zwischen den paarweise übereinander sich neigenden Blättern der äußeren Kreisform offen lässt, während auf denselben, aus kleinen Reifchen geschmiedet, eben jenes Ornament separiert sichtbar ist (Fig. 34), vielleicht von fremder Hand gearbeitet, welches auf der Widmungs-Scene

Ungarische Revue, XV. 1895. VIII-X. Heft.

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als Teppich-Muster, auf der Fußwunder-Scene aber als Schmuck der Sargdecke verwendet ist (Vgl. Fig. 12). Folglich können wir dieses in großen Zügen stilisierte Blätterornament schon wegen des letzteren darauf befindlichen Musters nicht wie Herr Director Radisics thut zu den ältesten Ornamenten des Sarges rechnen.

3. Das Original-Muster der auf dem Sargdeckel befindlichen Decke ist die aus Ranken geflochtene und mit Weinblättern ausgefüllte Medaillon-Reihe, welche nur noch auf der Vorstellungsscene (Fig. 8 und 35), auf der Widmungsscene (Fig. 10 und 36) und auf der Aufschriftstafel (Fig. 11) in Reliefform vorkommt. Als Stoffmuster aber hat dieselbe Hand dieses Muster gemeißelt auf dem Pallium der großen Gestalt Simeon's (am Sargdeckel) benützt (Fig. 23). Sowohl durch Zeichnung, als auch durch künstlerische Vertheilung und sorgfältige Ausarbeitung dient uns dieses Muster bei der Gruppierung der Tafeln nach Meistern als wesentlicher Stützpunkt, trotzdem es auch auf Bildern vorkommt, welche nach anderen Anhaltspunkten - handgreiflich von anderen Meistern herrühren, wie: die Vorstellung im Tempel (Fig. 8) und die Widmungsscene (Fig. 10). Dies lässt sich nur daraus erklären, dass auf letzteren der Meister des ersteren ausschließlich dieses Ornament ausgearbeitet hat, während der figurale Theil von einer anderen Hand herrührt. Der dritte Theil, die Ornamente des Bildfeldes hinter den Gestalten (Fig. 42), ist sicherlich das Werk einer späteren Zeit.

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4. Ein anderes Motiv sind die Lilien der Anjou's, welches aber außer am Wappen Ludwig's d. Großen, sonst nirgends vorkommt, wenigstens nicht an den ursprünglichen, ich möchte sagen, unberührten Stellen des Sarges. Das Motiv schmückt sieben breite Bänder, von denen sich sechs als beiläufig 91-94 mm. breites Stoffmuster an der vorderen und hinteren Langseite des Sarges oben, unterhalb der Fassung des Glasdeckels, oberhalb und unterhalb der Fallthüre, und endlich wie wir nach Bianchi's Holzschnitt behaupten können im Inneren des Sarges oberhalb der Reliefs hinziehen (Fig. 37); die siebente aber, auf welcher die Lilien anders gestaltet sind und sich auch stärker hervorheben, verdeckt sogar einen Theil der figuralen Tafeln am oberen Rande des hinteren Deckels (Fig. 38); die Breite beträgt 143 mm. Diese Bänder sind, was sich schon an der rohen Befestigung erkennen lässt, ein Zusatz, mithin sie also weder den Tafeln, noch deren Rahmen als organischer Bestandtheil angehören können. Die Lilie kommt wohl noch im 16. Jahrhundert vor, trotzdem glaube ich, dass die an erster Stelle erwähnten, auf flachem Felde gemeißelten Gestalten mit Bestimmtheit in die Zeit der Anschaffung des Sarges zu setzen sind, was dahin zu verstehen ist, dass der Sarg innen ursprünglich nicht mit figuralen Tafeln geziert war und darum bei der im 17. Jahrhundert vorgenommenen Umgestaltung die mit den alten Lilien

geschmückten Silberplatten entfernt und als Lückenbüßer zerstückelt wurden. Ein Beweis dafür ist auch der Umstand, dass vier oder fünf solche Bänder aus mehr als zwanzig Theilen zusammengestückelt sind. Auf diese Frage werde ich übrigens noch zur näheren Beweisführung zurückkom

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men. Das letzterwähnte Band mit Relieflilien ist aber eine Arbeit des 17. Jahrhunderts.

5. Wieder andere, vierblättrig in großen Verhältnissen gezeichnete Rosen und das Herz derselben bildende Staubgefäße sehen wir in gemeiBelten Umrissen auf der Tunica des heiligen Simeon, von der ein Stück unter dem Pallium herausschaut.

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