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Erstgeborner herab, ihn feyrlich vor Gott zu führen.

Gott nennt ihn den Erwählten, der Himmel Eloa. Vor allen, Die Gott schuf, ist er gross, ist der nächste dem Unerschaffnen. Schön ist Ein Gedanke des gottgewählten Eloa,

Wie die ganze Seele des Menschen, geschaffen der Gottheit,
Wenn sie, ihrer Unsterblichkeit werth, gedankenvoll nachsinnt.
Sein umschauender Blick ist schöner, als Frühlingsmorgen,
Lieblicher, als die Gestirne, da sie vor dem Antlitz des Schö-
pfers

Jugendlichschön, und voll Licht, mit ihren Tagen, vorbeyflohn.
Gott erschuf ihn zuerst. Aus einer Morgenröthe

Schuf er ihm einen ätherischen Leib. Ein Himmel voll Wolken
Floss um ihn, da er ward. Gott hub ihn mit offenen Armen
Aus den Wolken, und sagt' ihm segnend: Da bin ich, Erschaff-
ner!.

Und auf Einmal sahe vor sich Eloa den Schöpfer,.

Schaut' in Entzückungen an, und stand, und schaute begeistert
Wieder an, und sank, verloren in Gottes Anblick.
Endlich redet' er, sagte dem Ewigen alle Gedanken,
Die er hatte, die neuen, erhabnen Empfindungen alle,

Die das grosse Herz ihm durchwallten. Es werden die Welten
Alle vergehn, und neu aus ihrem Staube sich schwingen,
Ganze Jahrhunderte werden dann erst in die Ewigkeit eingehn,
Eh der erhabenste Christ die grossen Empfindungen fühlet.
Jetzo kam Eloa auf neuerwachenden Strahlen

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Zu dem gesendeten Engel in seiner Schönheit hernieder,
Ihn zum Altar des Versöhners zu führen. Er ging noch von ferne,
Da er schon Gabriel kannte. Der Seraph zerfloss in Entzückung,
Von den Unsterblichen einen zu sehn, mit dem er vor diesem
Jeden Kreis der Schöpfungen Gottes, und seine Bewohner
Sah, und mit dem er unnachahmbarere Thaten vollführte,
Als durch die besten aus ihm das vereinte Menschengeschlecht 30
that.

Jetzo verklärten sie sich schon liebend gegen einander.
Schnell, mit brünstig eröffneten Armen, mit herzlichen Blicken,
Eilten sie gegen einander. Sie zitterten beyde vor Freuden,
Als sie sich umarmten. So zittern Brüder, die beyde

Tugendhaft sind, und beyde den Tod für das Vaterland suchten,
Wenn sie, von Heldenblute noch voll, sich nach ewigen Thaten
Sehen, und sich vor ihrem noch grösseren Vater umarmen.
Gott sah sie, und segnete sie. So gingen sie beyde,

Herrlicher durch die Freundschaft, dem Thron des Himmels ent-
gegen.

Also kamen sie weiter zum Allerheiligsten Gottes.

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Nah bey der Herrlichkeit Gottes, auf einem himmlischen Berge,
Ruhet des Allerheiligsten Nacht. Lichthelles Glänzen
Wacht inwendig um Gottes Geheimniss. Das heilige Dunkel
Deckt nur das Innre dem Auge der Engel. Zuweilen eröffnet ΙΟ
Gott die dämmernde Hülle durch allmachttragende Donner
Vor dem Blick der himmlischen Schauer. Sie sehen, und feyren.
Sieh, auf Einmal stand bey des Allerheiligsten Eingang,
Wie ein Gebirg, der Altar des Versöhners vor Gabriels Auge
Wolkenlos da. Er sah ihn, und ging, in festlicher Schönheit,
Priesterlich zu dem Altar, und trug zwo goldene Schalen
Heiliges Räuchwerks voll, und stand tiefsinnig am Altar.
Neben ihm stand Eloa, und rief aus seiner Harfe
Göttliche Töne, zum hohen Gebet den opfernden Seraph
Vorzubereiten. Der hört' ihn, und durch die mächtige Harfe
Hub sich sein Geist entflammter empor. Wie der Ocean aufwallt,
Wenn auf ihm in Sturme daher die Stimme des Herrn geht.
Gabriel schauete Gott, und sang mit mächtiger Stimme.
Jetzo hört der ewige Vater, es höret der Himmel,
Mittler, dein Söhnungsgebet. Gott zündete selber das Opfer
Wunderbar an; und heiliger Rauch stieg mit dem Gebete
Stillbegleitend empor, dann hub er sich weiter, und wallte,
Wie von der Erde Gebirgen ein ganzer Himmel, zu Gott auf.
Nieder zur Erde hatte bis jetzt Jehovah geschauet.
Denn es hielt noch immer der Sohn aus der Fülle der Seele
Mit dem Vater Gespräche des schicksalenthüllenden Inhalts,
Heilig, und furchtbar, und hehr, voll nie gehoffter Entscheidung,
Selbst Unsterblichen dunkel, Gespräche von Dingen, die künftig
Gottes Erlösung, vor allen Erschaffnen, verherrlichen werden.
Aber itzt füllte des Ewigen Blick den Himmel von neuem;
Jeder begegnete feyrend und still dem göttlichen Blicke.

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All' erwarten die Stimme des Herrn. Die himmlische Ceder
Rauschte nicht, der Ocean schwieg an dem hohen Gestade.
Gottes lebender Wind hielt zwischen den ehernen Bergen
Unbeweglich, und wartete mit verbreiteten Flügeln,
Auf der Stimme Gottes Herabkunft. Donnerwetter
Stiegen zum wartenden langsam das Allerheiligste nieder.
Aber noch redete Gott nicht. Die heiligen Donnerwetter
Waren Verkündiger nur der nahenden göttlichen Antwort.
Als sie schwiegen, that vor der Thronen freudigem Blick Gott
Offenbarend sein Heiligthum auf, die verlangenden Thronen
Zu den hohen Gedanken des Ewigen vorzubereiten.

Und da wandte sich Urim voll Ernst, mit göttlichem Tiefsinn,
Cherub Urim, des ewigen Geistes vertrauterer Engel,
Zu dem hohen Eloa, und sprach: Was siehst du, Eloa?
Seraph Eloa stand auf, ging langsam vorwärts, und sagte:

Dort an den goldenen Pfeilern, da sind labyrinthische Tafeln Voll Vorsehung; dann Bücher des Lebens, welche dem Hauche Mächtiger Winde sich öffnen, und Namen künftiger Christen, Neue belohnende Namen, des Himmels Unsterblichkeit aufthun. Wie die Bücher des Weltgerichts, gleich wehenden Fahnen Kriegender Seraphim, furchtbar sich öffnen! Ein tödtender Anblick

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Für die niedrigen Seelen, die wider Gott sich empörten ! .
O wie Gott sich enthüllt! Ach Urim, in heiliger Stille
Schimmern die Leuchter im Silbergewölk; bey tausenden tausend
Schimmern sie, Vorbilder der gottversöhnten Gemeinen !
Zähle sie, Urim, die heilige Zahl. Die Welten, Eloa,
Siehe, der Engel gekrönete Thaten, die Freuden der Engel
Sind uns zählbar: allein die Folgen der grossen Erlösung,
Gottes Erbarmungen nicht. Da sprach Eloa: Ich sehe
Seinen Gerichtsstuhl! Schrecklich bist du, Weltrichter, Messias! 30
Schau des hohen Stuhles Gestalt. Er tödtet von ferne!
Und die zur Rache gerüstete Glut! Ein lebender Sturmwind
Hebt ihn in donnernden Wolken empor. Ach schone, Messias,
Schone, Richter der Welt mit ewigem Tode bewaffnet!
So besprachen Eloa und Urim sich unter einander.
Siebenmal hatte der Donner das heilige Dunkel eröffnet,

Und die Stimme des Ewigen kam sanftwandelnd hernieder: Gott ist die Liebe. Ich war's vor dem Daseyn meiner Geschöpfe. Da ich die Welten erschuf, war ich auch der. Bey der Vollendung Meiner geheimsten erhabensten That, bin ich eben derselbe. Aber ihr sollt, durch den Tod des Sohns, den Richter der Welten, Ganz mich kennen, und neue Gebete dem Furchtbaren beten. Hielt' euch dann des Richtenden Arm nicht, ihr würdet im Anschaun

Dieses grossen Todes vergehn. Denn ihr seyd endlich.

IO

Und der Auszusöhnende schwieg. Die tiefe Bewundrung Faltete heilige Hände vor ihm. Jetzt winkt' er Eloa, Und der Seraph verstand die Red' in dem Antlitz Jehovah, Wandte sich gegen die himmlischen Hörer, und sagte zu ihnen: Schaut den Ewigen an, ihr vorerwählten Gerechten, Heilige Kinder. Erkennt sein Herz, ihr wart ihm das Liebste Seiner Gedanken, als er sich das Heil des Erlösenden dachte. Euch hat herzlich verlangt, Gott selber ist euer Zeuge, Endlich zu sehn die Tage des Heils, und seinen Messias. Seyd gesegnet, ihr Kinder des Herrn, von dem Geiste geboren! Jauchzet, Kinder, ihr schaut den Vater, das Wesen der Wesen. Siehe, der Erst' und der Letzte, der ist er, und ewig Erbarmer! 20 Der von Ewigkeit ist, den keine Geschöpfe begreifen, Gott, Jehovah, lässt zu euch sich väterlich nieder. Dieser Bothe des Friedens, von seinem Sohne gesendet, Ist zu dem hohen Altar um eurentwillen gekommen. Wäret ihr nicht zu der grossen Erlösung Zeugen erkohren; O so hätten sie sich in entfernter Stille besprochen, Einsam, geheim, unerforschlich. Doch ihr, Geborne der Erde, Sollt die Tage mit Wonne, mit ewigem Jauchzen, vollenden, Wir mit euch! Wir wollen den ganzen verborgenen Umfang Eurer Erlösung durchschaun, mit viel verklärterem Blicke Werden wir diese Geheimnisse sehn, als eures Erlösers Fromme, weinende Freunde, die noch in Dunkelheit irren! Aber seine verlornen Verfolger! Der Ewige hat sie Lang' aus den heiligen Büchern vertilgt! allein den Erlösten Sendet er göttliches Licht! Sie sollen das Blut der Versöhnung Nicht mit weinendem Auge mehr sehn. Sie werden es sehen,

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Wie sich vor ihnen sein Strom in das ewige Leben verlieret.
O dann sollen sie hier, in des Friedens Schoosse getröstet,
Feste des Lichts und der ewigen Ruh triumphirend begehen.
Seraphim, und ihr Seelen, erlöste Väter des Mittlers,

Fangt ihr die Feste der Ewigkeit an.
Sie dauren von jetzo
Mit der Unendlichkeit fort. Die noch sterblichen Kinder der Erde
Werden, Geschlecht auf Geschlecht, zu euch sich alle versammeln,
Bis sie dereinst vollendet, mit neuen Leibern umgeben,
Nach vollbrachtem Gericht zu Einer Seligkeit kommen.
Gehet indess von uns aus, ihr hohen Engel der Throne,
Meldet den Herrschern der Schöpfungen Gottes, dass sie sich der
Feyrung

Dieser erwählten geheimnissvollen Tage bereiten.

ΙΟ

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Und ihr Frommen des Menschengeschlechts, ihr Väter des Mittlers,
Denn von jenem Gebein der Sterblichkeit, das ihr im Staube
Reifend zur Auferstehung zurückliesst, stammt der Messias,
Er, der Gott ist, und Mensch auch euch ist die Freude gegeben,
Die allein bey sich, mit seiner Gottheit Gefühl, Gott
Ganz empfindet; unsterbliche Seelen, eilt zu der Sonne,
Welche den Kreis der Erlösung umleuchtet. Hier sollt ihr von ferne
Eures Erlösers, und Sohns versöhnende Thaten betrachten.
Diesen Lichtweg steiget hinab. Aus allen Bezirken
Sieht euch die weite Natur mit verneuter Schönheit entgegen.
Denn Jehovah will selbst, nach dieser Jahrhunderte Kreislauf,
Einen Ruhtag Gottes, den zweyten erhabneren Sabbath,
Bey sich feyren. Der ist viel höher, als jener berühmte,
Jener von euch, ihr erhabenen Wesen, seraphische Schaaren,
Heilig besungene Tag, den ihr, nach Vollendung der Welten,
Einst an dem Schöpfungsfeste begingt. Ihr wisst es, o Geister,
Wie die neue Natur in liebenswürdiger Schöne

Da sich erhub, wie in eurer Gesellschaft die Morgensterne
Vor dem Schöpfer sich neigten. Allein jetzt wird sein Messias,
Sein unsterblicher Sohn viel grössere Thaten vollenden.
Eiit, verkündigt es seinen Geschöpfen. Sein Sabbath erhebt sich,
Jetzt mit des hocherhabnen Messias freyem Gehorsam.
Gott Jehovah nennt ihn den Sabbath des ewigen Bundes.
Staunend schwieg Eloa, und schweigend sahe der Himmel.

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