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über den Sternen-hum, hum! wer raunte mir das ein? Rächet denn droben über den Sternen einer ?-Nein, nein! Ja, ja! Fürchterlich zischelts um mich: Richtet droben einer über den Sternen! Entgegen gehen dem Rächer über den Sternen diese Nacht noch ! Nein! sag ich-Elender Schlupfwinkel, hinter den sich deine Feigheit verstecken will-öd, einsam, taub ists droben über den Sternen-wenns aber doch etwas mehr wäre? Nein, nein, es ist nicht! Ich befehle, es ist nicht! wenns aber doch wäre? Weh dir, wenns nachgezählt worden wäre! Wenns dir vorgezählt würde diese Nacht noch !-warum schaudert mir so durch die 10 Knochen?-Sterben! warum packt mich das Wort so? Rechenschaft geben dem Rächer droben über den Sternen-und wenn er gerecht ist, Waisen und Wittwen, Unterdrückte, Geplagte heulen zu ihm auf, und wenn er gerecht ist?-warum haben sie gelitten, warum hast du über sie triumphiret ?—

2.

DON KARLOS, Infant von SPANIEN.
3. Akt. 10. Auftritt.

Der König und Marquis von Posa.

(Dieser geht dem König, sobald er ihn gewahr wird, entgegen, und lässt sich 20 vor ihm auf ein Knie nieder, steht auf und bleibt ohne Zeichen der Verwirrung vor ihm stehen.)

König (betrachtet ihn mit einem Blick der Verwunderung). Mich schon gesprochen also?

Marquis.
Nein.

König.

Ihr machtet

Um meine Krone euch verdient. Warum

Entziehet ihr euch meinem Dank? In meinem
Gedächtniss drängen sich der Menschen viel.
Allwissend ist nur Einer. Euch kam's zu,

30

Das Auge eures Königes zu suchen.
Wesswegen thatet ihr das nicht?

Marquis.

Es sind

Zween Tage, Sire, dass ich in's Königreich

Zurück gekommen.

König.

Ich bin nicht gesonnen,

In meiner Diener Schuld zu stehen-Erbittet

Euch eine Gnade.

Marquis.

Ich geniesse die Gesetze.

König.

Diess Recht hat auch der Mörder.

Marquis.

Wie viel mehr

Der gute Bürger!-Sire, ich bin zufrieden.

König (für sich).

Viel Selbstgefühl und kühner Muth, bey Gott!
Doch das war zu erwarten-Stolz will ich
Den Spanier. Ich mag es gerne leiden,
Wenn auch der Becher überschäumt

Aus meinen Diensten, hör' ich?

Marquis.

ΙΟ

20

Ihr tratet

Einem Bessern

Den Platz zu räumen, zog ich mich zurücke.

König.

Das thut mir leid. Wenn solche Köpfe feiern,

Wie viel Verlust für meinen Staat-Vielleicht
Befürchtet ihr, die Sphäre zu verfehlen,

Die eures Geistes würdig ist.

30

Marquis.

O nein!

Ich bin gewiss, dass der erfahrne Kenner,
In Menschenseelen, seinem Stoff, geübt,
Beym ersten Blicke wird gelesen haben,

Was ich ihm taugen kann, was nicht. Ich fühle
Mit demuthsvoller Dankbarkeit die Gnade,

Die Eure königliche Majestät

Durch diese stolze Meinung auf mich häufen;
Doch-

ΤΟ

(Er hält inne.)

König.

Ihr bedenket euch?

Marquis.

Ich bin ich muss

Gestehen, Sire-sogleich nicht vorbereitet,
Was ich als Bürger dieser Welt gedacht,
In Worte Ihres Unterthans zu kleiden.-
Denn damals, Sire, als ich auf immer mit
Der Krone aufgehoben, glaubt' ich mich
Auch der Nothwendigkeit entbunden, ihr
Von diesem Schritte Gründe anzugeben.

König.

So schwach sind diese Gründe? Fürchtet ihr

Dabey zu wagen?

Marquis.

Wenn ich Zeit gewinne,

Sie zu erschöpfen, Sire-mein Leben höchstens.
Die Wahrheit aber setz' ich aus, wenn Sie
Mir diese Gunst verweigern. Zwischen Ihrer
Ungnade und Geringschätzung ist mir

20

Die Wahl gelassen-Muss ich mich entscheiden,
So will ich ein Verbrecher lieber als

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Ein Thor von Ihren Augen gehen.

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Den Käufer nicht betrügen, Sire.-Wenn Sie
Mich anzustellen würdigen, so wollen

Sie nur die vorgewogne That. Sie wollen
Nur meinen Arm und meinen Muth im Felde,

Nur meinen Kopf im Rath. Nicht meine Thaten,
Der Beyfall, den sie finden an dem Thron,
Soll meiner Thaten Endzweck sein. Mir aber,
Mir hat die Tugend eignen Werth. Das Glück,
Das der Monarch mit meinen Händen pflanzte,
Erschüf' ich selbst, und Freude wäre mir
Und eigne Wahl, was mir nur Pflicht seyn sollte
Und ist das Ihre Meinung? Können Sie
In Ihrer Schöpfung fremde Schöpfer dulden?
Ich aber soll zum Meissel mich erniedern,
Wo ich der Künstler könnte seyn? Ich liebe
Die Menschheit, und in Monarchieen darf
Ich niemand lieben als mich selbst.

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Ist lobenswerth. Ihr möchtet Gutes stiften.

Wie ihr es stiftet, kann dem Patrioten,
Dem Weisen gleich viel heissen. Suchet euch
Den Posten aus in meinen Königreichen,

Der euch berechtigt, diesem edeln Triebe
Genug zu thun.

Marquis.

Ich finde keinen.

König.

Wie?

IC

20

30

Marquis.

Was Eure Majestät durch meine Hand
Verbreiten ist das Menschenglück ?—Ist das
Dasselbe Glück, das meine reine Liebe

Den Menschen gönnt?

Vor diesem Glücke würde
Ein neues

Die Majestät erzittern—Nein!

Erschuf der Krone Politik-ein Glück,
Das sie noch reich genug ist auszutheilen,
Und in dem Menschenherzen neue Triebe,
Die sich von diesem Glücke stillen lassen.
In ihren Münzen lässt sie Wahrheit schlagen,
Die Wahrheit, die sie dulden kann. Verworfen
Sind alle Stempel, die nicht diesem gleichen.
Doch was der Krone frommen kann-ist das
Auch mir genug? Darf meine Bruderliebe
Sich zur Verkürzung meines Bruders borgen?
Weiss ich ihn glücklich-eh' er denken darf?
Mich wählen Sie nicht, Sire, Glückseligkeit,
Die Sie uns prägen, auszustreun. Ich muss
Mich weigern, diese Stempel auszugeben.-
Ich kann nicht Fürstendiener seyn.

König (etwas rasch).

Ein Protestant.

Ihr seyd

ΤΟ

20

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Von den Geheimnissen der Majestät

Durch meine Hand den Schleyer weggezogen.
Wer sichert Sie, dass mir noch heilig heisse,
Was mich zu schrecken aufgehört? Ich bin
Gefährlich, weil ich über mich gedacht.-

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