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Gepuztes, prächtigs Volck in güldenem Gewand,

Das mehr durch äussern Schein als durch Verdienst bekannt.
Doch die versaurte Stirn schien von verlohrnen Sorgen
Und Schul-Gelehrsamkeit manch tieffen Falt zu borgen.
Inzwischen aber blieb der Musen reine Schaar

Nicht an Verehrern bloss, ihr Tempel und Altar
Nicht unbesuchet stehn, ihr Quell und Berg nicht öde.
Es fehlte nicht an Kunst, Geschmack, und schöner Rede.
Man woge hier und dort mit Kunst-erfahrner Hand
Die Süssigkeit des Klangs und trifftigen Verstand.
Doch Musa lass uns auch der Dichter Nahmen wissen;
Sie waren nur um Lob in deinem Dienst befliessen.
Zum ersten nennet sie, o freyer Caniz, dich,
Der von des Hofs Gedräng in sich hinein entwich,
Und mit gelindem Hohn der Narren sittsam lachte,
Ein höflicher Satyr, der philosophisch dachte

Und höflich lebete; sein Vers ist sanft und leicht,
Wiewol der Innhalt schwer; sein Grund nicht trüb und seicht.
Zween andre führt der Ruhm mit ihm auf einem Wagen,
Den hat uns Schlesien und den die Schweitz getragen.
Gib acht, wie der Affect in Günthers Rede blitzt,
Wiewohl ihn die Vernunft mit eisern Waffen schützt.
Wann er sein Elend klagt, muss jeder sich ergeben;

Nur um des Vaters Hertz musst' Ertz und Eisen schweben.
Sieh dann, wie Haller dort mit stark-gesetzten Muth
Verrätherische Blick ins Menschen Busen thut;

Und selbst auch der Vernunfft, die uns zu Menschen machet,
So wie der Tugenden und ihrer Ohnmacht lachet.

Ihr Stylus sticht hervor nach sehr besondrer Art.
Des Schlesiers ist starck, nachdrücklich, doch was hart,
Dieweil er stets ein Ding, das vor sich nicht bestehet,
Kein eignes Wesen hat und nur mit andren gehet,
Als was selbst-ständigs mahlt, mit Geist und Thun beseelt;
Gut wanns mit Maass geschicht. Wahr ist es, er erwehlt
Ein metaphor'sches Bild durch glücklichem Verstand.
Von Landes-Ubungen, und weist des Künstlers Hand
Indem er Sprüchen selbst der Neuheit Anmuth borget,

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Und alles fällt ihm ein, und kömmt ihm unbesorget.
Des Schweitzers Schreibens-Art wird von Figuren licht,
Aus welchen ein Begriff hervor ans Taglicht bricht,
Worauf das Gleichniss-Wort, als seinem Grund bestehet,
Gleichwie der Erden Ball sich um die Axe drehet.
Bey ihm gab der Begriff den späthern Ausdruck her,
Und sein nicht leichter Vers ist von Gedancken schwer.
Wann dieses edle Paar die sanfte Lauten rühret,
Wird Klang und Harmonie durch Brust und Blut geführet;
Dann zeugt sich holde Lust, und ein vergnügtes Thun,
Die Sorgen schlaffen ein, die schlimmen Wünsche ruhn.

JOH. WILH. LUDWIG GLEIM.

[Scherer, D. 419, E. II. 28.]

Geboren 1719 zu Ermsleben in Halberstadt, studierte die Rechte in Halle; nach verschiedenen Stellungen als Hauslehrer und Sekretär wurde er Kanonikus des Stiftes Walbeck in Halberstadt, starb 1803. Sein 'Versuch in scherzhaften Liedern', eine Sammlung anakreontischer Lieder erschien 1744. Am bekanntesten ist er durch seine Preussischen Kriegs. lieder von einem Grenadier,' zuerst 1757 und 1758 in Flugblättern und 1758 gesammelt mit einer Vorrede von Lessing erschienen. (Neudruck durch Sauer, Heilbronn 1882). Er zeichnete sich durch freundschaftliche Unterstützung jüngerer Talente aus. Seine sämmtlichen Werke herausgegeben von Körte, 7 Bde. (Halberstadt 1811-13), dazu 8 Thl. (Leipzig

1841). Chodewiecki, no. 4o ster

I.

SIEGESLIED NACH DER SCHLACHT BEY PRAG.

Victoria! mit uns ist Gott,

Der stolze Feind liegt da!

Er liegt, gerecht ist unser Gott,

Er liegt, Victoria!

Zwar unser Vater ist nicht mehr,

Jedoch er starb ein Held,

Und sieht nun unser Siegesheer,

Vom hohen Sternenzelt.

IO

20

Er gieng voran, der edle Greiss !
Voll Gott und Vaterland.

Sein alter Kopf war kaum so weiss,
Als tapfer seine Hand.

Mit jugendlicher Heldenkraft
Ergriff sie eine Fahn,

Hielt sie empor an ihrem Schaft,
Dass wir sie alle sahn;

Und sagte: 'Kinder, Berg hinan, 'Auf Schanzen und Geschütz!'

Wir folgten alle, Mann vor Mann,
Geschwinder wie der Blitz.

Ach! aber unser Vater fiel,
Die Fahne sank auf ihn.

Ha! welch glorreiches Lebensziel,
Glückseliger Schwerin!

Dein Friederich hat dich beweint,
Indem er uns gebot;

Wir aber stürzten in den Feind,

Zu rächen deinen Tod.

10

20

Du, Heinrich, warest ein Soldat,

Du fochtest Königlich!

Wir sahen alle, That vor That,

Du junger Löw', auf dich!

Der Pommer und der Märker stritt,

Mit rechtem Christen Muth.

Roth ward sein Schwerd, auf jeden Schritt
Floss dick Pandurenblut.

Aus sieben Schanzen jagten wir

Die Mützen von dem Bär.

Da, Friedrich, gieng dein Grenadier

Auf Leichen hoch einher.

Dacht, in dem mörderischen Kampf,

Gott, Vaterland, und Dich,

Sah, tief in schwarzem Rauch und Dampf,
Dich seinen Friederich.

Und zitterte, ward feuerroth,

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JOHANN PETER UZ.

[Scherer, D. 419, E. II. 28.]

Geboren 1720 zu Ansbach, geheimer Justizrath daselbst; starb 1796. Dichtete anakreontische Lieder und später Oden ernsten und religiösen Inhalts. Seine Poetischen Schriften' gab Weisse heraus, 2 Bde. (Wien 1804).

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