Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?
Lieblicher Morgenwind!
Ruft drein die Nachtigall
Liebend nach mir aus dem Nebelthal.
Ich komm', ich komme!
Wohin? Ach, wohin?
Hinauf! Hinauf strebt's
Es schweben die Wolken
Abwärts, die Wolken
Neigen sich der sehnenden Liebe.
Mir! Mir!
In euerm Schosse
Aufwärts!
Umfangend umfangen!
Aufwärts an deinen Busen,
Allliebender Vater!
Edel sey der Mensch, Hülfreich und gut! Denn das allein Unterscheidet ihn
Von allen Wesen, Die wir kennen.
Heil den unbekannten Höhern Wesen,
Die wir ahnen!
10 Sein Beispiel lehr' uns
Jene glauben.
Denn unfühlend Ist die Natur:
Es leuchtet die Sonne Über Bös' und Gute, Und dem Verbrecher Glänzen, wie dem Besten, Der Mond und die Sterne.
Donner und Hagel
Rauschen ihren Weg,
Und ergreifen, Vorüber eilend,
Einen um den andern.
Auch so das Glück Tappt unter die Menge, Fasst bald des Knaben Lockige Unschuld, Bald auch den kahlen Schuldigen Scheitel.
Nach ewigen, ehrnen Grossen Gesetzen Müssen wir alle
Unsres Daseyns
Kreise vollenden.
(aus seiner Betäubung erwachend und sich aufrichtend).
Noch Einen! reiche mir aus Lethe's Fluthen
Den letzten kühlen Becher der Erquickung! Bald ist der Krampf des Lebens aus dem Busen Hinweggespült; bald fliesset still mein Geist, Der Quelle des Vergessens hingegeben,
Zu euch, ihr Schatten, in die ew'gen Nebel. Gefällig lasst in eurer Ruhe sich
Den umgetriebnen Sohn der Erde laben! Welch ein Gelispel hör' ich in den Zweigen,
Welch ein Geräusch aus jener Dämmrung säuseln ?— Sie kommen schon, den neuen Gast zu sehn! Wer ist die Schaar, die herrlich mit einander Wie ein versammelt Fürstenhaus sich freut ? Sie gehen friedlich, Alt' und Junge, Männer Mit Weibern; göttergleich und ähnlich scheinen Die wandelnden Gestalten. Ja, sie sind's, Die Ahnherrn meines Hauses.-Mit Thyesten
Geht Atreus in vertraulichen Gesprächen; Die Knaben schlüpfen scherzend um ihn her. Ist keine Feindschaft hier mehr unter euch? Verlosch die Rache wie das Licht der Sonne? So bin auch ich willkommen, und ich darf In euern feyerlichen Zug mich mischen. Willkommen, Väter! euch grüsst Orest, Von euerm Stamme der letzte Mann; Was ihr gesä't, hat er geerntet: Mit Fluch beladen stieg er herab.
Doch leichter träget sich hier jede Bürde: Nehmt ihn, o nehmt ihn in euern Kreis! Dich, Atreus, ehr' ich, auch dich, Thyesten : Wir sind hier alle der Feindschaft los.- Zeigt mir den Vater, den ich nur Einmal Im Leben sah!-Bist du's, mein Vater? Und führst die Mutter vertraut mit dir? Darf Klytämnestra die Hand dir reichen, So darf Orest auch zu ihr treten
Und darf ihr sagen: sieh deinen Sohn!- Seht euern Sohn! Heisst ihn willkommen. Auf Erden war in unserm Hause Der Gruss des Mordes gewisse Losung, Und das Geschlecht des alten Tantalus Hat seine Freuden jenseits der Nacht. Ihr ruft: Willkommen! und nehmt mich auf! O führt zum Alten, zum Ahnherrn mich!
Wo ist der Alte? dass ich ihn sehe, Das theure Haupt, das vielverehrte, Das mit den Göttern zu Rathe sass. Ihr scheint zu zaudern, euch wegzuwenden? Was ist es? Leidet der Göttergleiche ? Weh mir! es haben die Uebermächt❜gen Der Heldenbrust grausame Qualen Mit ehrnen Ketten fest aufgeschmiedet.
OREST. IPHIGENIE. PYLADES.
Seyd ihr auch schon herabgekommen? Wohl, Schwester, dir! Noch fehlt Elektra : Ein güt'ger Gott send' uns die Eine Mit sanften Pfeilen auch schnell herab. Dich, armer Freund, muss ich bedauern! Komm mit! komm mit! zu Pluto's Thron, Als neue Gäste den Wirth zu grüssen!
Geschwister, die ihr an dem weiten Himmel Das schöne Licht bei Tag und Nacht herauf Den Menschen bringet, und den Abgeschiednen Nicht leuchten dürfet, rettet uns Geschwister! Du liebst, Diane, deinen holden Bruder Vor allem, was dir Erd' und Himmel bietet, Und wendest dein jungfräulich Angesicht Nach seinem ew'gen Lichte sehnend still. O lass den Einz'gen, Spätgefundnen mir Nicht in der Finsterniss des Wahnsinns rasen! Und ist dein Wille, da du hier mich bargst, Nunmehr vollendet, willst du mir durch ihn Und ihm durch mich die sel'ge Hülfe geben; So lös' ihn von den Banden jenes Fluchs, Dass nicht die theure Zeit der Rettung schwinde.
Erkennst du uns und diesen heil'gen Hain
Und dieses Licht, das nicht den Todten leuchtet? Fühlst du den Arm des Freundes und der Schwester, Die dich noch fest, noch lebend halten? Fass' Uns kräftig an; wir sind nicht leere Schatten. Merk auf mein Wort! Vernimm es! Raffe dich
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