Entblösset von sich weg, doch ohne Wort und Stimme. Bey ihnen fand man nichts, als Bier, Taback und Brüder. Bey ihnen hiess vergnügt so viel, als wild und toll. Sie tranken nicht aus Durst. Ihr Trinken war ein Saufen, Ihr Spiel war ein Gezänk und ihre Freude Raufen. Die Dirne traf sie gleich, nach edler jenscher Art, Auf einem Zimmer an. Die Thüre war verwahrt. Sie klopft. Man ruft: herein! man macht ihr auf und fraget, 1 'die Lase', ein Trinkgefass. 2 Bier, das in Wurzen bei Leipzig gebraut wird. ΙΟ 20 30 Doch keiner traf den Zweck; sie forschten, doch verdrossen; So gleich sprang jeder zu: Herr Bruder! schrie ein jeder ; Und jeder schlug den Arm um seines Freundes Glieder. 'Welch Schicksal führt dich her? rief endlich einer aus; 'Wie bleich, wie blass bist du? kömmst du von einem Schmaus ? 'Du kömmst von Jena? Ja! was machen die Scharmanten? 'Bringst du auch einen Gruss von jeglichen Bekannten? 'Was Teufel, wie verwirrt liegt alles um dich her! 'Warum das Schwerdt entblösst? Was soll diess Mordgewehr? Doch Raufbold nöthigt sie: lasst euch zusammen nieder. Sie thatens und er sprach: 'Ihr wisst es, werthen Brüder, 'Ihr wisst, wie oft mein Stal für Jena sich gewagt; 'Wie oft ich ganz allein der Schnurren Heer gejagt; 'Ihr wisst, wie sorgsam ich für eure Freyheit wachte, 'Wenn sie ein neu Edict uns zu entreissen dachte. 'Dafür hab ich den Lohn. Wisst, ich bin relegirt. 'Warum? weil ich mein Amt mit Ehr und Ruhm geführt. 'Dreymal hatt ich mich nun auf offnem Markt geschlagen. 'Und dreymal hatt ich auch den Ruhm davon getragen; 'Ich war bereits berühmt, in Stoss und Hiebe schnell; 'So störte meine Lust Prorector und Pedell, 'Man forderte mich vor; wie, Brüder, musst ich schwitzen! 'Ich both zwölf Thaler an; nichts konnte mich beschützen. 'Ich sollt, ich musste fort; ein Zettel an der Thür 'Und der am schwarzen Brett, die beyde riethens mir. 'Nun bin ich, wie ihr seht, in dieses Nest gekommen ; 'Jedoch recht mit Verdruss hab ich den Weg genommen. 'Was ist nunmehr zu thun? Ihr Brüder, rathet mir, 'Verlass ich diesen Ort, wie? oder bleib ich hier?' Wie, wenn ein grosses Volk von Rednern wird beweget, Sich der zu der Partey, der zu der andern schläget ; Ein murmelndes Getöss die stille Luft durcheilt. Die Zwietracht drauf das Volk in zwo Parteyen theilt, Davon die eine will, was jener Mann verneint, ΤΟ 20 30 Bis sich zuletzt das Heer der Streitenden vereint : So war auch hier der Streit in Raufbolds Gegenwart. CHRISTIAN FELIX WEISSE. [Scherer D. 408, E. II. 16.] Geboren 1726 zu Annaberg, studierte in Leipzig, Steuerbeamter daselbst, starb 1804. Lyriker, Theaterdichter, Kinderschriftsteller und Journalist. Mit dem Singspiel 'Der Teufel ist los' brach er auf der Leipziger Bühne der Oper wieder Bahn, die durch Gottscheds Einfluss verbannt war. Seit 1759 redigierte er die 'Bibliothek der schönen Wissenschaften' und deren Fortsetzung die 'Neue Bibliothek'. Von 1775-1782 gab er seinen 'Kinderfreund' heraus. LIEBE UND Wein. Ohne Lieb und ohne Wein, Was wär' unser Leben? Alles, was uns kann erfreun, Wann die Grossen sich erfreun, Was ist ihre Freude? Hübsche Mädchen, guter Wein Helden, die des Siegs sich freun, Und bey schlauen Tänzen. Uns drückt oft des Lebens Pein, Doch nur, wann wir dürsten : Aber gebt uns Lieb' und Wein: O! so sind wir Fürsten! ΙΟ 20 JOHANN JACOB BODMER. [Scherer, D. 413, E. II. 22.] 4 Geboren 1698 zu Greifensee bei Zürich, seit 1725 Professor der helvetischen Geschichte in Zürich, 1735 Mitglied des grossen Rathes, starb 1783. Er gab die ästhetisch kritische Zeitschrift Die Discourse der Maler' heraus (1721-23). Im Jahre 1732 erschien seine prosaische Verdeutschung von Miltons verlorenem Paradiese', durch die sein Streit mit Bodmer ausbrach. In diesem Streit schrieb er 'Kritische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie und dessen Verbindung mit dem Wahrscheinlichen, in einer Vertheidigung des Gedichts Joh. Miltons von dem verlorenen Paradiese' 1740 und Kritische Betrachtungen über die poetischen Gemälde der Dichter, mit einer Vorrede von Breitinger' 1741. Er veröffentlichte 1748 Proben der Minnesänger, 1757 einen Theil des Nibelungenliedes, 1758 und 1759 eine vollständigere Sammlung der Minnesänger und verfertigte Bearbeitungen verschiedener mittelhochdentscher Gedichte. Von seinen eigenen Dichtungen seien die von Bächtold (Heilbronn, 1883) herausgegebenen "Vier kritischen Gedichte' erwähnt. CHARAKTER DER DEUTSCHEN GEDICHTE. I. Mit Conradinens Blut1 zerrann die kurze Pracht, Die Sonne lief indess den Thierkreiss auf und nieder, Der Narr war sein Gesang, (Materie zu verschwenden) 1 1268. 2 Sebastian Brant. ΙΟ Und wie sie sich verkappt, als Weise auszusehn, Nach Branden kam ein Kopf von Rabelais verwandten ΤΟ 20 30 1 das Ohr. 2 Englishman. 3 der Verwöhnte. |