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Künstlerlied.

Zu erfinden, zu beschließen,
Bleibe, Künstler, oft allein,
Deines Wirkens zu genießen,
Eile freudig zum Verein!
Dort im Ganzen schau, erfahre
Deinen eignen Lebenslauf,
Und die Thaten mancher Jahre
Gehn dir in dem Nachbar auf.

Der Gedanke, das Entwerfen,
Die Gestalten, ihr Bezug,
Eines wird das andre schärfen,
Und am Ende sey's genug!
Wohl erfunden, flug erfonnen,.
Schön gebildet, zart vollbracht,
So von jeher hat gewonnen
Künstler kunstreich seine Macht.
Wie Natur im Bielgebilde
Einen Gott nur offenbart,
So im weiten Kunstgefilde
Webt ein Sinn der ew'gen Art;
Dieses ist der Sinn der Wahrheit,
Der sich nur mit Schönem schmückt
Und getrost der höchsten Klarheit
Hellsten Tags entgegenblickt.

Wie beherzt in Reim und Prose
Redner, Dichter sich ergehn,
Soll des Lebens heitre Rose
Frisch auf Malertafel stehn,

Mit Geschwistern reich umgeben,
Mit des Herbstes Frucht umlegt,
Daß sie von geheimem Leben
Offenbaren Sinn erregt.

Tausendfach und schön entfließe
Form aus Formen deiner Hand,
Und im Menschenbild genieße,
Daß ein Gott sich hergewandt.
Welch ein Werkzeug ihr gebrauchet,
Stellet euch als Brüder dar;

Und gesangweis flammt und rauchet
Opfersäule vom Altar.

Parabolisch.

Was im Leben uns verdrießt, Man im Bilde gern genießt.

Erklärung einer antiken Gemme.

Es steht ein junger Feigenstock
In einem schönen Garten;
Daneben sißt ein Ziegenbock,
Als wollt' er seiner warten.

Allein, Quiriten, wie man irrt!
Der Baum ist schlecht gehütet;
Und ihm zur andern Seite schwirrt
Ein Käfer ausgebrütet.

Es fliegt der Held mit Panzerbrust
Und naschet in den Zweigen,

Und auch der Bock hat große Lust,
Gemächlich aufzusteigen.

Drum seht, ihr Freunde, schon beinah
Das Bäumchen nackt von Blättern;
Es stehet ganz erbärmlich da
Und flehet zu den Göttern.

Drum hört die guten Lehren an,
Ihr Kinder, zart von Jahren:
Vor Ziegenbock und Käferzahn
Soll man ein Bäumchen wahren!

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