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Zu euern Füßen,
Eure Geschwister!

In des Brombeergesträuches Schatten
Deckt sie Schutt und Erde,

Und hohes Gras wankt drüber hin!
Schäßest du so, Natur,

Deines Meisterstücks Meisterstück?
Unempfindlich zertrümmerst du
Dein Heiligthum?

Säest Disteln drein?

Frau.

Wie der Knabe schläft!
Willst du in der Hütte ruhn,
Fremdling? Willst du hier
Lieber in dem Freien bleiben?
Es ist fühl! Nimm den Knaben,
Daß ich Wasser schöpfen gehe.
Schlafe, Lieber! schlaf!

Wandrer.

Süß ist deine Ruh!

Wie's, in himmlischer Gesundheit
Schwimmend, ruhig athmet!

Du, geboren über Resten
Heiliger Vergangenheit,
Ruh' ihr Geist auf dir!
Welchen der umschwebt,
Wird in Götterselbstgefühl
Jedes Tags genießen.
Voller Keim blüh' auf,

Des glänzenden Frühlings
Herrlicher Schmuck,

Goethe, Gedichte.

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Und leuchte vor deinen Gesellen!
Und welkt die Blüthenhülle weg,
Dann steig' aus deinem Busen
Die volle Frucht,

Und reife der Sonn' entgegen.

Frau.

Gesegne's Gott! Und schläft er noch?
Ich habe nichts zum frischen Trunk,

Als ein Stück Brod, das ich dir bieten kann.
Wandrer.

Ich danke dir.

Wie herrlich alles blüht umher

Und grünt!

Frau.

Mein Mann wird bald

Nach Hause seyn

Vom Feld. O bleibe, bleibe, Mann!

Und iß mit uns das Abendbrod.

Wandrer.

3hr wohnet hier?

Frau.

Da, zwischen dem Gemäuer her.

Die Hütte baute noch mein Vater

Aus Ziegeln und des Schuttes Steinen,
Hier wohnen wir.

Er gab mich einem Ackersmann,

Und starb in unsern Armen.

Hast du geschlafen, liebes Herz?

Wie er munter ist, und spielen will!
Du Schelm!

Wandrer.

Natur! du ewig keimende,

Schaffst jeden zum Genuß des Lebens,
Hast deine Kinder alle mütterlich
Mit Erbtheil ausgestattet, einer Hütte.
Hoch baut die Schwalb' an das Gesims,
Unfühlend, welchen Zierrath

Sie verklebt;

Die Raup' umspinnt den goldnen Zweig Zum Winterhaus für ihre Brut;

Und du flicst zwischen der Vergangenheit Erhabne Trümmer

Für deine Bedürfniss'

Eine Hütte, o Mensch,

Genießest über Gräbern!

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Leb' wohl, du glücklich Weib!

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Leb' wohl!

Wandrer.

Oleite meinen Gang, Natur!
Den Fremdlings-Reisetritt,
Den über Gräber

Heiliger Vergangenheit
Ich wandle.

Leit' ihn zum Schußort,
Vor'm Nord gedeckt,

Und wo dem Mittagsstrahl

Ein Pappelwäldchen wehrt.
Und kehr' ich dann

Am Abend heim

Zur Hütte,

Vergoldet vom letzten Sonnenstrahl;
Laß mich empfangen solch ein Weib,
Den Knaben auf dem Arm!

Künstlers Morgenlied.

Der Tempel ist euch aufgebaut,

Ihr hohen Musen all,

Und hier in meinem Herzen ist

Das Allerheiligste.

Wenn Morgens mich die Sonne wedt,

Warm, froh ich schau' umher,

Steht rings ihr Ewiglebenden

Im heil'gen Morgenglanz.

Ich bet' hinan, und Lobgesang
Jst lauter mein Gebet,
Und freudeklingend Saitenspiel
Begleitet mein Gebet.

Ich trete vor den Altar hin,
Und lese, wie sich's ziemt,
Andacht liturg'scher Lection.
Im heiligen Homer.

Und wenn er in's Getümmel mich

Von Löwenkriegern reißt,

Und Göttersöhn' auf Wagen hoch
Rachglühend stürmen an,

Und Roß dann vor dem Wagen stürzt,
Und drunter und drüber sich

Freund', Feinde wälzen in Todesblut
Er sengte sie dahin

Mit Flammenschwert der Heldensohn,
Zehntausend auf einmal,

Bis dann auch er, gebändiget

Von einer Götterhand,

Ab auf den Rogus niederstürzt,

Den er sich selbst gehäuft,

Und Feinde nun den schönen Leib

Verschändend tasten an:

Da greif' ich muthig auf, es wird
Die Kohle zum Gewehr,
Und jene meine hohe Wand

In Schlachtfeld-Wogen braus't.

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