Page images
PDF
EPUB

Strömt von der hohen
Steilen Felswand
Der reine Strahl,
Dann stäubt er lieblich
In Wolkenwellen

Zum glatten Fels,
Und leicht empfangen,

Wallt er verschleiernd,
Leisrauschend,

Zur Tiefe nieder.

Ragen Klippen

Dem Sturz entgegen,
Schäumt er unmuthig

Stufenweise

Zum Abgrund.

Im flachen Bette

Schleicht er das Wiesenthal hin, Und in dem glatten See

Weiden ihr Antlig

Alle Gestirne.

Wind ist der Welle

Lieblicher Buhler;

Wind mischt von Grund aus

Schäumende Wogen.

Seele des Menschen,

Wie gleichst du dem Wasser!

Schicksal des Menschen,
Wie gleichst du dem Wind!

Meine Göttin.

Welcher Unsterblichen

Soll der höchste Preis seyn? Mit niemand streit' ich,

Aber ich geb' ihn

Der ewig beweglichen,
Immer neuen,

Seltsamen Tochter Jovis,

Seinem Schooßkinde,

Der Phantasie.

Denn ihr hat er

Alle Launen,

Die er sonst nur allein

Sich vorbehält,

Zugestanden,

Und hat seine Freude

An der Thörin.

Sie mag rosenbekränzt
Mit dem Lilienstengel
Blumenthäler betreten,
Sommervögeln gebieten,
Und leichtnährenden Thau

Mit Bienenlippen

Von Blüthen saugen:

Oder sie mag

Mit fliegendem Haar

Und düsterm Blicke
Im Winde sausen

Um Felsenwände,

Und tausendfarbig,

Wie Morgen und Abend,

Immer wechselnd,

Wie Mondesblicke,

Den Sterblichen scheinen.

Laßt uns alle

Den Vater preisen !

Den alten, hohen,

Der solch eine schöne
Unverwelkliche Gattin
Dem sterblichen Menschen
Gesellen mögen!

Denn uns allein
Hat er sie verbunden
Mit Himmelsband,
Und ihr geboten,
In Freud' und Elend
Als treue Gattin

Nicht zu entweichen.

Alle die andern
Armen Geschlechter
Der kinderreichen
Lebendigen Erde
Wandeln und weiden
Im dunkeln Genuß

Und trüben Schmerzen
Des augenblicklichen
Beschränkten Lebens,
Gebeugt vom Joche
Der Nothdurft.

Uns aber hat er
Seine gewandteste
Verzärtelte Tochter,
Freut euch! gegönnt.
Begegnet ihr lieblich,
Wie einer Geliebten!
Laßt ihr die Würde
Der Frauen im Haus!

Und daß die alte
Schwiegermutter Weisheit

Das zarte Seelchen

Ja nicht beleid❜ge!

Doch tenn' ich ihre Schwester,

Die ältere, geseßtere,

Meine stille Freundin:

O, daß die erst,

Mit dem Lichte des Lebens

Sich von mir wende,

Die edle Treiberin,

Trösterin, Hoffnung!

Harzreise im Winter.

Dem Geier gleich,

Der auf schweren Morgenwolken Mit sanftem Fittig ruhend,

Nach Beute schaut,

Schwebe mein Lied.

Denn ein Gott hat

Jedem seine Bahn

Vorgezeichnet,

Die der Glückliche

Rasch zum freudigen
Ziele rennt:

Wem aber Unglück
Das Herz zusammenzog,
Er sträubt vergebens
Sich gegen die Schranken

Des ehernen Fadens,

Den die doch bittre Scheere

Nur einmal lös't.

In Dickichtschauer

Drängt sich das rauhe Wild,
Und mit den Sperlingen
Haben längst die Reichen
In ihre Sümpfe sich gesenkt.

Leicht ist's folgen dem Wagen, Den Fortuna führt,

« PreviousContinue »