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Noch ist bei tiefer Neigung für das Wahre
Ihm Irrthum eine Leidenschaft.

Der Vorwit lockt ihn in die Weite,

Kein Fels ist ihm zu schroff, kein Steg zu schmal;
Der Unfall lauert an der Seite

Und stürzt ihn in den Arm der Qual.

Dann treibt die schmerzlich überspannte Regung

Gewaltsam ihn bald da bald dort hinaus,

Und von unmuthiger Bewegung

Ruht er unmuthig wieder aus.

Und düster wild an heitern Tagen,

Unbändig, ohne froh zu seyn,

Schläft er, an Seel' und Leib verwundet und zerschlagen,

Auf einem harten Lager ein:

Indessen ich hier still und athmend kaum

Die Augen zu den freien Sternen febre,

Und, halb erwacht und halb im schweren Traum,

Mich kaum des schweren Traums erwehre."

Verschwinde Traum!

Wie dank' ich, Musen, euch,

Daß ihr mich heut auf einen Pfad gestellet,

Wo auf ein einzig Wort die ganze Gegend gleich

Zum schönsten Tage sich erhellet!

Die Wolke flieht, der Nebel fällt,

Die Schatten sind hinweg. Ihr Götter, Preis und Wonne!

Es leuchtet mir die wahre Sonne,

Es lebt mir eine schönre Welt;

Das ängstliche Gesicht ist in die Luft zerronnen,
Ein neues Leben ist's, es ist schon lang begonnen.

Ich sehe hier, wie man nach langer Reise
Im Vaterland sich wieder kennt,

Ein ruhig Volt im stillen Fleiße

Benußen, was Natur an Gaben ihm gegönnt.
Der Faden eilet von dem Rocken

Des Webers raschem Stuhle zu;

Und Seil und Kübel wird in längrer Ruh
Nicht am verbrochnen Schachte stocken;

Es wird der Trug entdeckt, die Ordnung kehrt zurück,

Es folgt Gedeihn und festes ird'sches Glück.

So mög', o Fürst, der Winkel deines Landes
Ein Vorbild deiner Tage seyn!

Du kennest lang die Pflichten deines Standes
Und schränkest nach und nach die freie Seele ein.
Der kann sich manchen Wunsch gewähren,
Der kalt sich selbst und seinem Willen lebt;
Allein wer Andre wohl zu leiten strebt,

Muß fähig seyn, viel zu entbehren.

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So wandle du der Lohn ist nicht gering
Nicht schwankend hin, wie jener Sämann ging,
Daß bald ein Korn, des Zufalls leichtes Spiel,
Hier auf den Weg, dort zwischen Dornen fiel;
Nein! streue klug wie reich, mit männlich stäter Hand,

Den Segen aus auf ein geadert Land;

Dann laß es ruhn: die Ernte wird erscheinen

Und dich beglücken und die Deinen.

Mahomets Gesang.

Seht den Felsenquell,

Freudehell,

Wie ein Sternenblick;

Ueber Wolken

Nährten seine Jugend

Gute Geister

Zwischen Klippen im Gebüsch.

Jünglingfrisch

Tanzt er aus der Wolke

Auf die Marmorfelsen nieder,
Jauchzet wieder

Nach dem Himmel.

Durch die Gipfelgänge

Jagt er bunten Kieseln nach,
Und mit frühem Führertritt
Reißt er seine Bruderquellen
Mit sich fort.

Drunten werden in dem Thal Unter seinem Fußtritt Blumen, Und die Wiese

Lebt von seinem Hauch.

Doch ihn hält kein Schattenthal, Keine Blumen,

Die ihm seine Knie' umschlingen,

Ihm mit Liebesaugen schmeicheln; Nach der Ebne dringt sein Lauf Schlangenwandelnd.

Bäche schmiegen

Sich gesellig an. Nun tritt er
In die Ebne silberprangend,
Und die Ebne prangt mit ihm,
Und die Flüsse von der Ebne
Und die Bäche von den Bergen
Jauchzen ihm und rufen: Bruder!
Bruder, nimm die Brüder mit,
Mit zu deinem alten Vater,
Zu dem em'gen Ocean,

Der mit ausgespannten Armen
Unser wartet,

Die sich ach! vergebens öffnen,
Seine Sehnenden zu fassen;
Denn uns frißt in öder Wüste
Gier'ger Sand; die Sonne droben
Saugt an unserm Blut; ein Hügel
Hemmet uns zum Teiche! Bruder,
Nimm die Brüder von der Ebne,
Nimm die Brüder von den Bergen
Mit, zu deinem Vater mit!

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Und nun schwillt er

Herrlicher; ein ganz Geschlechte
Trägt den Fürsten hoch empor!
Und im rollenden Triumphe

Giebt er Ländern Namen, Städte
Werden unter seinem Fuß.

Unaufhaltsam rauscht er weiter,
Läßt der Thürme Flammengipfel,
Marmorhäuser, eine Schöpfung
'Seiner Fülle, hinter sich.

Cedernhäuser trägt der Atlas
Auf den Riesenschultern: sausend
Wehen über seinem Haupte
Tausend Flaggen durch die Lüfte,
Zeugen seiner Herrlichkeit.

Und so trägt er seine Brüder,
Seine Schäße, seine Kinder,
Dem erwartenden Erzeuger
Freudebrausend an das Herz.

Gefang der Geister über den Wassern.

Des Menschen Seele

Gleicht dem Wasser:

Vom Himmel kommt es,

Zum Himmel steigt es,

Und wieder nieder

Zur Erde muß es,
Ewig wechselnd.

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