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Schon trübet der Mond sich verschwindenden Scheins,
Die Glocke sie donnert ein mächtiges Eins
Und unten zerschellt das Gerippe.

Der Bauberlehrling.

Hat der alte Herenmeister
Sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
Auch nach meinem Willen leben;
Seine Wort' und Werke

Merkt' ich, und den Brauch,

Und mit Geistesstärke

Thu' ich Wunder auch.

Walle! walle

Manche Strecke,

Daß, zum Zwecke,

Wasser fließe,

Und mit reichem vollem Schwalle

Zu dem Bade sich ergieße.

Und nun komm, du alter Besen!
Nimm die schlechten Lumpenhüllen;
Bist schon lange Knecht gewesen;
Nun erfülle meinen Willen!
Auf zwei Beinen stehe,

Oben sey ein Kopf,

Eile nun und gehe

Mit dem Wassertopf!

Goethe, Gedichte.

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Walle! walle

Manche Strece,

Daß, zum Zwecke,
Wasser fließe,

Und mit reichem vollem Schwalle
Zu dem Bade sich ergieße.

Seht, er läuft zum Ufer nieder;
Wahrlich! ist schon an dem Flusse,
Und mit Blißesschnelle wieder
Ist er hier mit raschem Gusse.
Schon zum zweitenmale!
Wie das Becken schwillt!
Wie sich jede Schale

Voll mit Wasser füllt!

Stehe! stehe!

Denn wir haben

Deiner Gaben
Vollgemessen!

Ach, ich merk' es! Wehe! webe!
Hab' ich doch das Wort vergessen!

Ach das Wort, worauf am Ende
Er das wird, was er gewesen.
Ach, er läuft und bringt behende!
Wärst du doch der alte Besen!
Immer neue Güffe

Bringt er schnell herein,
Ach! und hundert Flüsse

Stürzen auf mich ein.

Nein, nicht länger

Kann ich's lassen ;
Will ihn fassen.

Das ist Tücke!

Ach, nun wird mir immer bänger!
Welche Miene! welche Blicke!

O, du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh' ich über jede Schwelle
Doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
Der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
Steh doch wieder still!

Willst's am Ende

Gar nicht lassen ?

Will dich fassen,

Will dich halten,

Und das alte Holz behende

Mit dem scharfen Beile spalten.

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Seht, da kommt er schleppend wieder!
Wie ich mich nun auf dich werfe,
Gleich, o Kobold, liegst du nieder;
Krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich! brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!

Und nun kann ich hoffen,
Und ich athme frei!

Wehe! wehe!

Beide Theile
Stehn in Eile

Schon als Knechte

Völlig fertig in die Höhe!

Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!

Und sie laufen! Naß und nässer

Wird's im Saal und auf den Stufen.
Welch entsetzliches Gewässer!

Herr und Meister! hör' mich rufen!
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Noth ist groß!
Die ich rief, die Geister,
Werd' ich nun nicht los.

„In die Ecke!
Besen! Besen!!
Seyd's gewesen.

Denn als Geister

Ruft euch nur, zu seinem Zwecke,

Erst hervor der alte Meister."

Die Braut von Corinth.

Nach Corinthus von Athen gezogen
Kam ein Jüngling, dort noch unbekannt.
Einen Bürger hofft' er sich gewogen;
Beide Väter waren gastverwandt,

Hatten frühe schon
Töchterchen und Sohn

Braut und Bräutigam voraus genannt.

Aber wird er auch willkommen scheinen,
Wenn er theuer nicht die Gunst erkauft?
Er ist noch ein Heide mit den Seinen,
Und sie sind schon Christen und getauft.
Keimt ein Glaube neu,

Wird oft Lieb' und Treu

Wie ein böses Unkraut ausgerauft.

Und schon lag das ganze Haus im Stillen,
Vater, Töchter, nur die Mutter wacht;
Sie empfängt den Gast mit bestem Willen,
Gleich in's Prunkgemach wird er gebracht.
Wein und Essen prangt,

Eh' er es verlangt;

So versorgend wünscht sie gute Nacht.

Aber bei dem wohlbestellten Essen

Wird die Lust der Speise nicht erregt;
Müdigkeit läßt Speis' und Trank vergessen,
Daß er angekleidet sich auf's Bette legt,
Und er schlummert fast,

Als ein seltner Gast

Sich zur offnen Thür herein bewegt.

Denn er sieht, bei seiner Lampe Schimmer
Tritt, mit weißem Schleier und Gewand,
Sittsam still ein Mädchen in das Zimmer,
Um die Stirn ein schwarz- und goldnes Band.

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