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12.

Wenn um das Götterkind Auroren, In Finsterniß werden Rosen geboren, Sie fleucht, so leicht, so hoch gemeint, Die Sonne ihr auf die Fersen scheint. Das ist denn doch das wahre Leben, Wo in der Nacht auch Blüthen schweben.

13..

Ohne menschliche Gebrechen, Göttergleich, mit heiterm Sinn, Thauig Moos und Wasserflächen Ueberschreitend schwebt sie hin. Heute floh sie, floh wie gestern, Riß der Muse sich vom Schoos; Ach, sie hat so lästige Schwestern, Peinlich werden wir sie los.

14.

Wirket Stunden leichten Webens,

Lieblich lieblichen begegnend,

Zettel, Einschlag längsten Lebens, Scheidend, kommend, grüßend, segnend.

15.

Ruhig Wasser, grause Höhle,

Bergeshöh' und ernstes Licht,

Seltsam, wie es unsrer Seele
Schauderhafte Laute spricht.
So erweist sich wohl Natur,
Künstlerblick vernimmt es nur.

16.

In dem lieblichsten Gewirre, Wo das Bild um Bilder summt, Dichterblick wird scheu und irre Und die Leyer sie verstummt.

17.

Die Lieblichen sind hier zusammen,
Es ist doch gar zu viel der Flammen.
Der Ueberfluß erregt nur Pein,

Es sollten Alle nur Eine seyn.

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,,Was trauern denn die guten Kinder,
Sie sind so jung da hilft's geschwinder."
Habt ihr's vergessen, alte Kinder?
Es schmerzt im Augenblick nicht minder.

19.

Glücklicher Künstler! in himmlischer Luft
Bewegen sich ihm schöne Weiber.

Versteht er sich doch auf Rosenduft
Und appetitliche Leiber.

20.

Hier hat Tischbein, nach seiner Art,
Striche gar wunderlich gepaart;

Sie sind nicht alle deutlich zu lesen,
Sind aber alles Gedanken gewesen.

21.

Wie herrlich ist die Welt! Wie schön!

Heil ihm, der je sie so gesehn!

Zu Gemahlden einer Capelle.

So wie Moses, kaum geboren

Gewissem Tode bestimmt,

Wunderbar ward gerettet:

So mancher, schon halb verloren,

Da der Feind eindrang, ergrimmt,

Ward wieder froh und glücklich gebettet.)

Johannes erst in der Wüste predigt: ,,Seht Gottes Lamm, das von Sünden erledigt.“ Nun deutet er in die himmlischen Auen: Dort sollt ihr den Herrn, den erlösenden, schauen."

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K o re.

Nicht gedeutet!

Ob Mutter? Tochter? Schwester? Enkelin? Von Helios gezeugt? Von wer geboren? Wohin gewandert? Wo versteckt? Verloren? Gefunden? Räthsel ist's dem Künstler: Sinn. Uud ruhte sie verhüllt in düstre Schleier. Vom Rauch umwirbelt Acherontischer Feuer, Die Gott - Natur enthüllt sich zum Gewinn: Nach höchster Schönheit muß die Jungfrau streben, Sicilien verleiht ihr Götterleben.

Zu meinen Handzeichnungen.

I.

Einsamste Wildniß.

Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken
Und Welt und ich wir schwelgten im Entzücken;
So duftig war, belebend, immer frisch,

Wie Fels, wie Strom, so Bergwald und Gebüsch.
Doch unvermögend Streben, Nachgelalle,

'Bracht' oft den Stift, den Pinsel bracht's zu Falle; Auf neues Wagniß endlich blieb doch nur Vom besten Wollen halb und halbe Spur.

Ihr Jüngern aber, die ihr unverzagt
Unausgesprochnes auszusprechen wagt,

Den Sinn, woran die Hand sich stotternd maß,
Das Unvermögen liebevoll vergaß,

Ihr seyd es, die, was ich und ihr gefehlt,
Dem weiten Kreis der Kunstwelt nicht verhehlt.
Und wie dem Walde geht's den Blåttern allen,
Sie knospen, grünen, welken ab und fallen.

II.

Hausgarten,

Hier sind wir denn vorerst ganz still zu Haus, Von Thür zu Thüre sieht es lieblich aus; Der Künstler froh die stillen Blicke hegt, Wo Leben sich zum Leben freundlich regt. Und wie wir auch durch fremde Lande ziehn, Da kommt es her, da kehrt es wieder hin; Wir wenden uns, wie auch die Welt entzücke, Der Enge zu, die uns allein beglücke.

III.

Freie Welt.

Wir wandern ferner auf bekanntem Grund,
Wir waren jung, hier waren wir gesund,
Und schlenderten den Sommer-Abend lang
Mit halber Hoffnung mannigfalt❜gen Gang.
Und wie man kam, so ging man nicht zurück;
Begegnen ist ein höchstes Liebeglück.
Und zwey zusammen sehen Fluß und Bahn,
Und Berg und Busch sogleich ganz anders an.
Und wer dieselben Pfade wandernd schleicht,
Sey ihm des Zieles holder Wunsch erreicht!

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IV.

Geheimster Wohnsi ş.

Wie das erbaut war, wie's im Frieden lag,
Es kommt vielleicht vom Alterthum zu Tag:
Denn vieles wirkte, hielt am fel'gen Fleiß,
Wovon die Welt noch keine Sylbe weiß.
Der Tempel steht, dem höchsten Sinn geweiht,
Auf Felsengrund in hehrer Einsamkeit.
Daneben wohnt die fromme Pilgerschaar,
Sie wechseln gehend, kommend, Jahr für Jahr.
So ruhig harrt ein wallendes Geschlecht,
Geschüßt durch Mauern, mehr durch Licht und Recht,
Und wer sich dort sein Probējähr befand,
Hat in der Welt gar einen eignen Stand;
Wir hoffen selbst uns ein Asyl zu gründen.

́Wer Buchten kennt, Erdzungen, wird es finden.
Der Abend war unübertrefflich schön,

Ach, wollte Gott ein Künstler hätt's gesehn!

V.

Bequemes Wandern.

Hier sind, so scheint es, Wandrer wohl bedacht:
Denn jeder fände Pfad um Mitternacht.
Wir sagen nicht, wir hätten's oft gesehn,
Dergleichen Wege doch gelang's zu gehn;
Denn freilich, wo die Mühe war gehoben,
Da kann der Waller jede Stunde loben;
Er geht beherzt, denn Schritt für Schritt ist leicht,
So daß er fröhlich Zweck und Ziel erreicht.

O felige Jugend, wie sie, Tag und Nacht
Den Ort zu ändern innigst angefacht,
Durch wilden Bergriß höchst behaglich steigt,
Und auf dem Gipfel Nebeldunft erreicht.

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