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Vor klage.

Wie nimmt ein leidenschaftlich Stammeln Geschrieben sich so seltsam aus!

Nun soll ich gar von Haus zu Haus

Die losen Blätter alle sammeln.

Was eine lange weite Strecke
Im Leben von einander stand,
Das kommt nun unter Einer Decke
Dem guten Leser in die Hand.

Doch schäme dich nicht der Gebrechen,
Bollende schnell das kleine Buch;
Die Welt ist voller Widerspruch,

Und sollte sich's nicht widersprechen ?

Sengt mir Augen und Gesicht, Seht die Brust in Flammen, Ueber meinem Haupte schlug Fast die Glut zusammen.

Löschen wollt ich, patschte zu. Doch es brennt þeständig;

Statt zu sterben ward der Fuchs Recht bei mir lebendig.

Heidenrd slein.

Sah ein Knab' ein Röstein stehn, Röslein auf der Heiden,

War so jung und morgenschön,

Lief er schnell es nah zu sehn,
Sah's mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röstein auf der Heiden.

Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röstein sprach: ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach

's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihm doch kein Weh und Ach,
Mußt es eben leiden.

Röslein, Röslein, Röstein roth,
Röslein auf der Heiden.

Goethe's Werke. I.

2

Blinde K u [h.

Oliebliche Therese!
Wie wandelt gleich in's Böse
Dein offnes Auge sich!

Die Augen zugebunden

Hast du mich schnell gefunden,

Und warum fingst du eben mich?

Du faßtest mich aufs beste,

Und hieltest mich so feste;
Ich sank in deinen Schoos.
Kaum warst du aufgebunden,
War alle Luft verschwunden;
Du ließest kalt den Blinden los.

Er tappte hin und wieder, Verrenkte fast die Glieder,

Und alle foppten ihn.

Und willst du mich nicht lieben,
So geh' ich stets im Trüben

Wie mit verbundnen Augen hin.

© h r i ft e l.

Hab' oft einen dumpfen düstern Sinn,

Ein gar so schweres Blut!

Wenn ich bei meiner Christel bin,

Ist alles wieder gut.

Ich seh sie dort, ich seh sie hier

Und weiß nicht auf der Welt

Und wie und wo und wann sie mir

Warum sie mir gefällt,

Das schwarze Schelmenaug dadrein,

Die schwarze Braue drauf,

Sh' ich ein einzigmat hinein,

Die Seele geht mir auf.

Ist eine, die so lieben Mund,,

Liebrunde Wänglein, hat?

Ach, und es ist noch etwas rund,

Da sieht kein Aug' fich satt!

Und wenn ich sie denn fassen darf

Im luft'gen deutschen Tanz,

Das geht herum, das geht so scharf,
Da fühl ich mich so ganz!

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