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Darum: Halt ein mit allem Uebermuth! Wer seine Hoffnung auf den Herrn setzt, hat es auf einen heiligen Herrn gesetzt, in dessen Augen nichts greulicher ist als der Uebermuth. Bei Gott sind alle Dinge möglich, aber zweierlei ist ihm unmöglich: daß er einen trotzigen Geist ertragen und ein zerschlagenes Herz verachten sollte. Nichts verlernt sich leichter in der Welt als die Demuth. Läßt Gott uns nur einen Augenblick los vom Druck seiner gewaltigen Hand, gleich sind wir oben auf. Geliebte, unser Volk hat schon schwere Tage durchlebt. Wollt Ihr verstehen, was es heißt, fröhlich zu sein in Zeiten der Noth, lernt es von dem Könige, dem vielgeprüften, der die schwerste Zeit unseres Vaterlandes erlebt und die Hülfe seines Gottes am sichtbarsten erfahren und der aus beidem den Wahlspruch seines Lebens nahm: „Meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott!"

II.

Wo aber die Hoffnung ist, die fröhlich macht, da schwindet sie nicht, wenn Trübsal kommt, sie stärkt vielmehr das Herz zur Geduld in aller Trübsal.

Ist's nicht schon so im Leben des Einzelnen? Was hält doch die Mutter wach am Bette des Kindes und wehrt den Schlaf, der in die Augen kommen will? Ist's nicht die Hoffnung? Geduld, die keine Hoffnung hat, ist Schwachheit. Die rechte Geduld sieht aufs Ziel wie der Wanderer, der den steilen Berg hinaufsteigt. Daher bekommt sie ihre Kraft. So kann der Herr allein uns sagen: Halt aus in Geduld und Trübsal! Geduld will gelernt sein. Kein Mensch ist geduldig von Natur. Jeder will ungeschlagen durchkommen. Darum bedarf es für Alle solcher Zeiten. Kriegszeit ist immer Trübsalszeit. Mit Recht beten wir: „Vor Krieg und Blutvergießen behüt' uns, lieber Herre Gott!" Mag auch sein, daß solch ein Krieg die Luft reinigt wie das Gewitter — aber wo das Gewitter niederfällt und der Strahl zündet, ist's ein Unglück. Wir freuen uns, ihn nicht auf dem Gewissen zu haben, aber er ist eine Ruthe in Gottes Hand, damit wir etwas lernen sollen. Darum sind alle seine Heiligen in diese Schule der

Frommel-Gedenkwerk. Bd. IV. Für Thron und Altar.

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Trübsal gegangen, Noah, Mose, Elia, so der Herzog der Seligkeit, denn „er erduldete das Kreuz".

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Der Geduld bedarf es für Euch draußen im Felde. Geduldiger ist besser denn ein Starker, und der seines Muthes Herr wird, besser denn der Starke.

Es ist etwas Anderes, im raschen Lauf, in entscheidender Schlacht vorwärtszueilen, als still und zäh auszuharren im Feuer; ein Anderes, den Tod finden im stürmenden Muth, als aushalten zu müssen in jahrelangem Leiden. Ich habe so Manchen gesehen, der wohl den Muth hatte zu kämpfen, aber nicht den Muth zum Leidenaushalten da gilt's: Jeder auf seinem Posten. Unser König hat das Eiserne Kreuz erneuert für besondere Heldenthaten im Feuer; nicht Jeder kann es erhalten, aber unser Gott sieht jede Treue, die aushält auf dem gewiesenen Posten.

Der Geduld bedarf es auch für Euch daheim. Ihr werdet ausschauen nach Briefen, nach Nachrichten. Durch's Herz wird es wogen von Hoffnungen und Befürchtungen, wie nöthig da die stille Geduld, die wartet. Und wenn die Todesbotschaft kommt, dann gilt es am tiefsten, am schwersten: Seid geduldig in Trübsal, geduldig in stiller Beugung unter Gottes Hand!

Ausharren gilt es auch nach dem Kriege. Jetzt ist die Begeisterung groß; sie fegt viel Flitter und Tand hinweg, viel falsches Franzosenthum auch unter uns - doch, daß es feine flüchtige Bewegung der Geister bleibe, daß sie reinigend, heiligend fortwirke in unserm Volke, das walte Gott!

III.

„Haltet an am Gebet!" Soll Hoffnung und Geduld lebendig bleiben, dann gilt es zu beten. Es giebt so mancherlei Beten. Es giebt ein Beten, da ist kein Herz darin, da spricht man nur Worte, aber sie dringen nicht zum Himmel. Es giebt ein anderes Beten, da ruft man, da beten nicht die Lippen, sondern das Herz; da macht man keine Gebete, nein, sie quellen aus dem Herzen wie im Sturme die Schiffsglocke von selber

läutet. Doch der Apostel fordert mehr: Haltet an am Gebet! Ja, haltet an, Ihr Krieger! Geht mit dem Herrn in den Kampf! Laßt betend seine Hand nicht los! Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn! Die Hand ans Gewehr, aber das Herz im Himmel! Ein schöner Tod ist noch kein seliger Tod. Aber betend sterben heißt selig sterben, da ist der letzte Seufzer ein leztes Gebet: Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!

Drüben wollen sie jetzt ihren Zug zum Kreuzzug stempeln, wollen im Namen der Religion gegen uns Ungläubige ziehen, um uns zu zerschmettern zur höheren Ehre Gottes unter den Fahnen der Jungfrau. Wir aber wollen beten zum alten Gott, wollen zum Kreuz auf unseren Fahnen blicken, hinauf zu unserm erhöhten Herrn. Sie werden es erfahren wie in vergangenen Jahren, daß wir in Preußen den lebendigen Gott kennen, daß es die Ehre preußischer Könige gewesen, Jeden seines Glaubens leben zu lassen, daß auch unsere katholischen Brüder ihnen, was Ernst des Glaubens betrifft, nicht nachstehen und zu ihrem Könige halten.

Und wir, die wir zurückbleiben? Mit Wehmuth sehe ich Euch ziehen, ich, dem es versagt ist, Euch zu folgen. Mein Herr weiß es, wie gern ich mit Euch Leid und Freud' theilte. Aber ich weiß, Gehorsam ist besser denn Opfer. Es bleibt eine Gemeinde zurück, Euer Bestes, Eure Frauen, Eure Kinder, das dritte Aufgebot, das den rechten Landsturm bildet, das den Himmel stürmt, daß Gott Euch Sieg geben wolle. Ja, auf betendem Herzen wollen wir Euch tragen, wollen tapfer und treu anhalten am Gebet.

Nun, sei's denn geschieden! Die Hand reiche ich Euch zum Abschied, noch einmal das letzte Halt:

Halt ein mit Sorgen!

Halt aus in Trübsal;
Halt an am Gebet!

Amen.

Rede gehalten bei dem Einzug der deutschen Truppen in der St. Thomaskirche zu Straßburg, den 30. September 1870.

Gnade sei mit Euch und viel Friede von Gott unserm Vater und dem HErrn Jesu Christo!

Text: 1. Samuelis 7, V. 12.

„Da nahm Samuel einen Stein und hieß ihn Ebenezer und sprach: »>Bis hierher hat uns der HErr geholfen.«"

Im freien Himmelsdome, angesichts der von uns umlagerten Stadt, auf der Stätte unserer Arbeit und Kämpfe, gedachten wir, geliebte Freunde und Waffengefährten, Gott die Ehre zu geben, ehe wir diese Stadt betraten. Nun sind wir eingezogen, aber unser erster Gang soll dennoch ins Haus Gottes sein, in dieser altehrwürdigen Kirche soll unser erstes Lied erklingen: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr'." Denn nicht der Ort, aber die Art der Feier, ihr Ernst und ihre Jnnigkeit bestimmen ihren Werth. Ob wir in ihr bleiben oder von ihr scheiden, wir haben Ursache, in dieser Stadt einander zuzurufen: „Kommt, lasset uns niederfallen und anbeten den Herrn", und ob wir all der Arbeit und all des Leidens vergäßen der letzten Wochen, das Eine wollen wir nicht vergessen: einen Denkstein aufzurichten, wie einst nach gewonnenem Sieg der Zeuge aus dem alten Bunde that, und darauf zu schreiben:

Bis hierher hat uns der HErr geholfen.“

Dies Wort schaut in die Vergangenheit, in die Gegenwart und in die Zukunft: In die Vergangenheit unter Lob und Dank, in die Gegenwart unter Beugung, in die Zukunft mit Hoffnung und Mahnung.

Herr, thue meine Lippen auf, daß mein Mund recht rede und Deinen Ruhm verkünde, und die Herzen dieses Volkes, auf daß es recht höre und wir getröstet und gestärkt aus Deinem Hause in unser Haus gehen! Amen.

I.

„Bis hierher“, wir sagen's mit bewegtem Herzen. Als wir auszogen in diesen Krieg, da war unser Herz bei allem Ver

trauen auf unsern Gott und unsere gerechte Sache, auf die Einsicht unserer Führer und die Tapferkeit unseres Herzens voll Bebens und voll Sorgen. Mit den Thränen im Auge hat unser greiser, theurer König nach dem Schwerte gegriffen und sein Volk gerufen; wir waren gerüstet nicht bloß zum Kampf, auch aufs Unterliegen fürs Erste. Aber nun was ist geschehen seit den Tagen des Juli? Ein großes: „Bis hierher und nicht weiter“ hat der Herr den stolzen Wellen, die gegen uns herbrausten, zugerufen und sie haben sich gelegt, und der Herr der Heerscharen, der Hüter Israels, der nicht schläft noch schlummert, hat selbst die heilige Wacht am Rheine gehalten, daß kein fremder Fuß ihn betrat. Uns aber hat Er in anderem Sinne dies Wort sprechen gelehrt: Bis hierher!

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Wir sehen unsern Finger hinter den unseres HErrn und rücken vorwärts von Weißenburg nach Wörth, von da nach Met und Sedan bis vor die Thore von Paris und sprechen, anbetend, daß jeder Kampf Sieg war bis hierher, und richten Denkstein um Denkstein auf. Und auch heute dürfen wir es thun. Aber wir fühlen's Alle: hier und heute hat dies Wort bis hierher" einen andern Klang. Die Namen der andern Städte treffen die Saiten eines deutschen Herzens nicht in der Stärke und Tiefe wie Straßburgs Name. Wenn unser Volk Straßburgs gedachte, da flammte das Auge, da brannte ihm die Wange. Hineingewoben in seine schönsten Lieder, in den Traum der einstigen und wiederkommenden Herrlichkeit seines Reiches, war diese Stadt des deutschen Volkes Schmerz und Sehnsucht. An dem heutigen Tage vor bald zweihundert Jahren ihm entrissen und geraubt durch Schwäche, wenn nicht durch List und Verrath, inmitten des tiefsten Friedens; geraubt, als Deutschland am Boden lag, eine blutende Mutter, die ihr Kind nicht zu schützen vermochte, so hat sein Münster zu uns herübergeragt, ein aufgehobener Warnefinger, ein Denkstein unserer Schmach. Aber wer es recht verstand, der sah und hörte noch mehr. Der sang mit dem Liede:

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