Page images
PDF
EPUB

nicht insonderheit mit Flammenschrift über dem 18. Oktober des Jahres 1813 geschrieben? Der Tag von Leipzig war nicht bloß ein Schlachttag, er war ein Weltereigniß, noch mehr, ein Gottesgericht, ein Denkzettel des lebendigen Gottes für alle Großen und Kleinen in der Welt, daß Er noch im Regiment size, der den Hoffärtigen widersteht und den Demüthigen Gnade giebt. Gott für uns, Gott mit uns! Das war am Abend der Leipziger Schlacht der Ruf aus Millionen deutschen Herzen, der in Ernst Morit Arndts Liede zum Herzen drang: Wem soll der erste Dank erschallen? Dem Gott, der groß und wunderbar nach langer Schande Nacht uns Allen in Flammen aufgegangen war." Ja, wer will wider uns sein, wenn Gott für uns ist? Aber ich sage: Wer will für uns sein, wenn Gott wider uns ist? Was das heißt:,,Gott wider uns!" das haben unsere Väter erfahren in den sieben eisernen Jahren, die diesem Oktobertage voraufgingen. Sie wurden geworfen, blutend zertreten, und zerbrochen Schild und Speer; dahin sein Ruhm, seine Ehre, so lag unser deutsches und preußisches Volk, als es von seinem Gott abgefallen war und, in frevlen Uebermuth und Hochmuth, Frivolität und Spott versunken, sich auf seine eigene Kraft verlassen hatte. „Wir waren gesunken, darum sind wir gefallen". Dies Wort der edlen Königin sagt nichts Anderes als was es heißt: Gott ist wider uns. Und so wird es allerwege bleiben. Gott wider uns! Das wird in alle Ewigkeit unser Verderben sein.

Hohe Versammelte! Diese 132 neuen Fahnen, sie sind das sprechende sichtbare Zeugniß unserer vergrößerten Heeresmacht. Wir freuen uns ihrer, weil wir wissen, daß allein ein starkes Heer in unseren Tagen starke Bürgschaft bleibenden Friedens wird; aber die Menge allein thut es nicht. Wenn Gott sich nicht als der große Alliirte zu diesen Fahnen schlägt und zu dem vermehrten Heere, ist uns doch nicht geholfen. Das Wort des Psalmes bleibt ewig wahr: ,,Einem Könige hilft nicht seine große Macht, und ein Riese wird nicht errettet durch seine Stärke; aber des HErrn Auge schaut auf die, so ihn fürchten und auf seine Güte hoffen." Ein Strom, der sich ver

breitert und sich nicht zugleich vertieft, läuft Gefahr, zu versanden; ein Heer, das sich nur äußerlich vermehrt und vergrößert, ohne zugleich im Innern zu erstarken, wird schwach werden. Darum gilt es vor Allem, daß unsere Jugend mit Gottesfurcht und Opfermuth, mit Zucht und idealem Sinn erfüllt werde. Aus einer besseren Jugend wächst uns auch eine bessere Zukunft; das predigen uns drüben die Steine der Universität. In der Zeit tiefster Erniedrigung ist sie von dem Könige gestiftet. Durch die zündenden Reden Fichtes und Schleiermachers ist wiederum eine Jugend entstanden, die das Feuer der Begeisterung und der Liebe zum Vaterlande in ein fast hoffnungsloses Volk getragen hat.

So binde sich denn an diese neuen Fahnen der erneute Schwur der Treue gegen den alten Gott, die alte Treue gegen Fürsten und Vaterland, gegen Kaiser und Reich! Wahrlich, wir bedürfen solches Treuschwurs in dieser unserer Zeit; denn gegen die ehernen Felsen des Heeres richten sich vor Allem die zerstörenden Mächte unserer Tage, die unser Vaterland wieder uneinig, schwach und ohnmächtig sehen wollen, wie in alten Tagen. Mächte der Gottlosigkeit und Zuchtlosigkeit haben sich aufgemacht, an die Wurzel des Baumes unseres deutschen Volkes die Axt zu legen, und nicht bloß unserem Volke, sondern der ganzen Menschheit den Krieg erklärt. Soll Gott nicht wider uns sein in äußeren und inneren Kämpfen und uns nicht wieder preisgeben in erneuter Schmach und Schande, dann mache dich auf, deutsches und preußisches Volk und Heer, zu deinem alten Gott und HErrn und zu deinem alten Heiland, dessen Kreuz auf deinen Fahnen leuchtet! Der 18. Januar 1861 mit seinen sieggekrönten Fahnen und alle alten ehrwürdigen Banner, die je unserem Heere in Kampf und Sieg voranflogen, sie alle predigen an diesem Oktobertage diesen 132 jungen Fahnen nur die eine gewaltige erschütternde Wahrheit: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?" Ist aber Gott wider uns, wer will dann für uns sein? Darum Herz und Haupt empor zu ihm; es bleibt doch bei dem Feldliedlein:

So wahr Gott Gott ist und sein Wort,
Muß Teufel, Welt und Höllenpfort
Und was ihnen thut anhangen,

Endlich werden zu Schand und Spott!
Gott ist mit uns, und wir mit Gott,

Den Sieg woll'n wir erlangen.

Das walte Gott durch Jesum Christum unseren HErrn im Heiligen Geiste, hochgelobt in Ewigkeit.

Amen.

Rede bei der Einweihung der evangelischen Garnisonkirche zu Mainz am 17. März 1895.

Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist und der da war und der da fommt. Amen.

In Christo geliebte Gemeinde!

„Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit“ --- dieser Pilgerspruch umspannt die beiden Tage des Abschieds aus dem alten Gotteshause und des Einzugs in dieses neue. Ausgang und Eingang wer wüßte nicht davon zu sagen? Besteht doch unser ganzes Leben vom Willkomm der Geburt bis zu dem Lebewohl des Todes aus lauter Aus- und Eingängen. Gehen wir nur an Gottes Hand und behütet Er den Gang - was könnte uns fehlen? Freilich jeder Ausgang aus einer liebgewordenen Stätte, an die sich theure Erinnerungen knüpfen, hat etwas Wehmuthvolles. Kein Neues kann das Alte ganz erseßen. Kein noch so schöner Dom kann uns das Heimathkirchlein ersetzen, in welchem wir getauft, konfirmirt, getraut sind und um das herum auf dem stillen Friedhof unsere Lieben be= graben sind. Wird auch einem Regiment statt einer zerfeßten eine neue reichgeschmückte Fahne verliehen an die alte knüpfen

sich doch die Lorbeeren, das Andenken an Kampf und Sieg, an Treue bis in den Tod.

So vergessen wir auch der alten Kirche nicht, nicht des Segens, den wir darin von oben empfangen, nicht der Liebe, die wir von der evangelischen Civilgemeinde genossen. Aber wir freuen uns insonderheit, da wir eine Pilger- und Wandergemeinde sind, mit dem Psalm singen zu dürfen: „Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ihr Nest" Herr Zebaoth. Denn diesem Herrn der dies Haus. Ihm wollen wir es weihen. Alles werden durch Wort und Gebet. Lasset uns darum zuerst ein Gotteswort hören, danach aber knieen und beten. Wir lesen im Propheten Haggai im zweiten Kapitel im 10. Vers:

[ocr errors]

Deine Altäre Heerscharen gehört Geweiht soll aber

Es soll die Herrlichkeit dieses leßten Hauses größer werden, denn des ersten gewesen ist, spricht der Herr Zebaoth, und ich will Frieden geben an diesem Ort spricht der Herr Zebaoth."

Meine Freunde! Die erste Verheißung hat der Herr erfüllt. Er hat uns ein schöneres, herrlicheres Haus gegeben als das frühere. Kaiserliche Huld hat uns die Glocken verliehen, fürstliche die Kanzelbibel, liebevolle Frauenhände schmückten den Altar, gütige Freunde stifteten die Fenster, das Altarkreuz stammt von unsern Unteroffizieren, und Kinderhände legten das Wort des Herrn auf den Altar.

So lieb und köstlich das auch ist, eine Gabe ist doch über alle Gaben, und wenn sie fehlte es würde diesem Hause das Beste fehlen, die Verheißung des Herrn: „Ich will Frieden geben an diesem Ort." Wundert Euch dies Wort vom Frieden? Scheint es doch nicht zu stimmen zu dem Ort, wo die waffentragende Jugend unseres Volkes, die Männer, bewährt im Kampfe, sich sammeln. Und doch gerade darum soll dies Haus eine Friedensstätte sein.

Unsere deutsche Armee ist kein Söldnerheer, gedungen für den Krieg, wir sind Kinder des Volkes, die Haus und Herd ver

theidigen. Wir treiben den Kriegsdienst nicht als Handwerk; sondern als eine Kindes- und Ehrenpflicht gegen die theure Heimath. Wir sind keine Eroberer, aber Hüter des Friedens. Darum bedürfen wir um so mehr des tiefen Friedens im Herzen, um draußen mannhaft zu stehen in den Wettern der Schlacht und den Frieden unseres Herrn im Herzen die Treue bis in den Tod einzulösen. Hat man oft gesagt: „Willst du den Frieden, so bereite dich auf den Krieg" wohlan wir kehren auch das Wort um: Willst du als Krieger dich bewähren, sammle dein Herz im Frieden deines Gottes und Herrn.

Wie nahe aber doch Krieg und Frieden stehen, sagt unser Wort. Denn wer spricht diese Verheißung aus: Jch will Frieden geben? Wer ist dieses Ich? Es ist der Herr der Heerscharen, nicht ein Kriegsgott der Heiden, wohl aber ein Herr des Himmelsheeres, das zu tausend und abertausend um seinen Thron steht. Ihr Lob und Feldgeschrei umrauscht ihn, seines Befehls und seiner Parole sind sie gewärtig. Er ist der Herr der Sternenheere, der sie herausführt, sie bei Namen ruft und jedem seine Stelle anweist. Er ist der Herr auch der Kriegsscharen. Der HErr ist der rechte Kriegsmann HErr ist sein Name. Er ist der oberste Kriegsherr, in dessen Hand Sieg und Niederlage ist. Menschen mögen Schlachtendenker sein; Er ist der große Schlachtenlenker, der der Menschen Pläne durchkreuzt und ihnen zuruft: Beschließet einen Kriegsrath und es wird nichts daraus; denn hier ist Immanuel. Nicht wo das Genie, nicht wo die größten Haufen sind, sondern da, wo der Herr ist, da ist der Sieg. Jhr steht hier auf einem geschichtlichen Boden, in dieser viel umstrittenen Feste Mainz. Was haben die Wellen des Rheines und diese Mauern nicht gesehen! Mag nur ein Beispiel es Euch sagen, wie Gottes Hand sich wunderbar erwiesen. Die Glocken des Domes stammen aus preußischen Geschüßen, die in jener Schlacht, die Preußens und Deutschlands Unglück besiegelt hat, erobert wurden. Der korsische Dränger mit der ehernen Stirn und eisernen Fauft hat sie einst hierher gesandt. Die Glocken dieser unsrer Kirche aber sind aus dem Metall der eroberten französischen

« PreviousContinue »