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Feuer und Schwert und mit Verbannung seiner Besten und Edelsten geantwortet, hat es sein Heil ruhelos gesucht: bald im Ruhm, bald in der Schande; bald im bigotten Aberglauben bald in der Freigeisterei; bald in der Freiheit der Jacobiner, bald im eisernen Despotismus. Und noch jüngst, als nach den verlornen. Schlachten allerwärts die Flammenzeichen und die Sturmglocken riefen, als die Wagenburg um ihre Hauptstadt geschlagen und sie aller Orten geängstigt ward auch da kein Suchen nach dem Heil, kein Schrei nach Gott; nur Umsich- aber kein Insichschlagen, kein Klagen der Noth vor Gott, lauter Anklagen gegen einander, ein verzweifeltes Umhersuchen nach Hülfe, daß das Wort des Propheten erfüllt ward: Dann wird Einer seinen Bruder aus seines Vaters Haus ergreifen und sprechen: Du hast Kleider, sei unser Fürst, hilf diesem Unfall. Er aber wird schwören zu der Zeit und sagen: Ich bin kein Arzt, setzet mich nicht zum Fürsten im Volke." Darum als zuletzt in den selbstgeschürten Flammen der Stadt taghell die Nacht gelichtet war, da stand's mit Feuerschrift geschrieben: Gewogen Gewogen und zu leicht erfunden!

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Solches haben wir mit unsern Augen gesehen, mit unsern Ohren gehört, mit unsern Fingern betastet. Angesichts alles dessen frage ich Dich mein Volk: Wem willst Du nun dienen? Den Göttern jenseits des Stromes oder dem Gott, der Dich mit starker Hand aus sechs Trübsalen errettet und in der siebenten nicht versäumt hat? Der auf Seinen Flügeln Deinen jungen Aar, Du preußisches Volk, getragen und ihn fliegen gelehrt von Fels zum Meer? Unser König hat's bezeugt, wem er dienen wolle. In allen Kriegsnachrichten hat er's bekannt, daß er bleiben wolle bei dem Gotte und dem die Ehre geben, der seines Vaters Gott gewesen, dem er von Jugend an vertrauen gelernt. Wollen wir ihn allein lassen in seinem Bekenntniß?

Geliebte! Es wird und muß sich zeigen, ob wir in diesem Krieg der Arm oder nur die Ruthe Gottes gewesen sind. Sind wir die Ruthe gewesen, dann wird auch uns die Stunde kommen, wo es heißen wird: „Ich will dich aufraffen und wegnehmen,

wie man ein verlassenes Nest auf dem Felde aufrafft, da keine Feder sich dagegen regt und kein Schnabel zischt." Sind wir aber der Arm gewesen, stehen wir in Seiner Gemeinschaft, ist Er unsers Volkes einziges Heil, sucht es bei dem HErrn und seinem Kreuze Kraft und Frieden, dann werden wir bleiben. Ach Geliebte! Ihr tragt das Kreuz auf der Brust, und es ist Euch Ehre und wahrlich keine Schande, wolltet Ihr es nicht auch im Herzen und auf dem Rücken dem HErrn zu Ehren tragen? Darum gilt es wohl: Land, Land, Land, höre des HErrn Wort. Israel, Dein Heil steht allein bei Mir!

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Ja

Es war ein wunderbar ergreifender Anblick, als nach langer Belagerung und Gegenwehr, hoch vom herrlichen Münster herab, Straßburg die weiße Fahne aufsteckte: als die uns widerrechtlich genommene und lange entfremdete Stadt ihrem angestammten, rechtmäßigen Besitzer sich ergab. Bist Du nicht, mein Christ, eine von der Güte Gottes und seiner Barmherzigkeit umlagerte Festung? Liegt nicht draußen vor Deinen Thoren Dein rechtmäßiger Besizer, Dein HErr, auf den Du getauft? Bist Du auch in fremder Gewalt gewesen Jahre hindurch, willst Du jezt nicht Ihm die Thore öffnen, nicht vom Dome Deines Herzens, das doch zur Ewigkeit angelegt ist und Dich jetzt so mächtig hinauf weist, die weiße Fahne aufstecken und Dich Ihm ergeben mit Herz und Hand?

Ja dann, aber auch nur dann wird Er unsere Macht bleiben, wenn Er unser Heil bleibt. Dann laß wieder die

Stürme wehen und die Kriegswetter sich zusammenziehen: dann wird Er auch wieder mit uns sein und unsern Kindern, wie Er mit unsern Vätern gewesen ist. Darum seien wir bereit zu jeder Stunde, aufzustehen und auszuziehen.

Da unser König Friedrich Wilhelm I. diese Kirche baute, ohne Glocken, ohne Thurm in der Gestalt eines großen Zelts -, wollte Er, daß Sein Volk in Waffen auch am Sonntag innewerde, daß es hier keine bleibende Statt habe und jeden Augenblick, wenn König und Vaterland rufen, bereit sei, das Zelt abzubrechen und zu marschiren. So wollen auch wir, wieder heimgekehrt, hier im Hause des HErrn unser Zelt aufschlagen, uns stärkend in Gottes Wort und Sakrament, um dann, wenn die Tage der Noth wieder kommen, gerüstet dastehen und ausziehen zu können mit der alten Losung: Mit Gott für König und Vaterland! und mit dem Bekenntniß des heutigen Tages: Der HErr ist meine Stärke, mein Lobgesang und mein Heil!

Amen!

Vortrag, gehalten auf der Oktoberversammlung 1871 in der Berliner Garnisonkirche.

Was haben wir zu thun, damit unserem Volke ein geistliches Erbe aus den Jahren 1870 und 1871 verbleibe?

Hochverehrte Versammlung! Geehrte Herren und Brüder!

Der ernste Waffengang von 1870/71 ist beendet. Der HErr hat in diesem Kriege nicht bloß unserm Volke geholfen, Er ist ihm erschienen in Beidem: Jm Sturm und im sanften Säuseln. Die Ueberschrift über dies gewaltige Kapitel der Weltgeschichte das wir erlebt, hat der HErr selbst besorgt mit dem Worte: Schaue an den Ernst und die Güte Gottes! Den Ernst an denen, die gefallen sind, die Güte aber an dir, so du anders an der Güte bleibest, sonst wirst du auch abgehauen werden! Beides: Gericht und Gnade anschauen, aus Frommel-Gedenkwerk. Bd. IV. Für Thron und Altar.

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Beiden lernen, um dem zu entgehen: abgehauen zu werden“ das ist ein, ja wenn Sie wollen, im Kerne das geistliche Erbe aus diesem Kriege, das unserm Volke verbleiben soll.

Daß ein Gericht über Frankreich ergangen, ist offenkundig; es wird auch von denen erkannt und von denen nicht geleugnet, die den Weltrichter verloren, denen aber immerhin die Weltgeschichte noch das Weltgericht ist. Wenn wir von Gerichten reden, so reden wir nicht davon mit dem Sinne des Pharisäers, der sich segnet, daß er nicht sei, wie andere Leute, sondern mit dem Bekenntniß des an seine Brust schlagenden Zöllners. Aber wir schauen die an, die uns Gott zu einem Exempel" gestellt, damit von uns nicht aus dieser großen Zeit das Wort gelte: Sie haben in ihr nichts gelernt und nichts vergessen. Unter dem Eindruck des Wortes das der Herr bei der Erwähnung des zusammengestürzten Thurms zu Siloah sprach: „So Ihr Euch nicht bessert, werdet Ihr ebenso umkommen“ lassen Sie mich an etlichen Zügen des Gerichtes und der Gnade in diesem Kriege aufweisen, was wir an unserm Theile zu thun haben, damit unserm Volk ein geistliches Erbe aus dieser Zeit verbleibe.

I.

Was einem evangelischen Christenherzen in diesem Kriege das Schmerzlichste sein mußte, war zu sehn, daß das Gericht des Herrn auch das Salz, die evangelische Kirche Frankreichs nicht verschont hat. Es ist unleugbar, daß ein solches Salz vorhanden gewesen: treue Zeugen, treue Beter, Lichter unter einem finsteren Geschlecht. Sie haben das Gericht nicht abgewandt, sie haben es zum Theil mit herbeiziehen helfen. Vor ihren Augen war verborgen, was zum Frieden diente, daher ein Schweigen der Prophetenstimmen und auch ein Tollreden Etlicher. Ich sage das nicht, um unsere französischen Brüder anzuklagen. Ich weiß, wie unendlich schwer ihre Stellung, wie ihnen, als heimlicher Preußenfreundschaft verdächtig, der Mund gebunden war, so daß es den Muth eines Elias bedurft hätte, dem eigenen Volk seine Sünde vorzuhalten. Jenes bekannte Sünden

bekenntniß Frankreichs" ist das eines Einzelnen, nicht einmal eines Franzosen, und ist nirgends acceptirt worden. Es fehlte unsern Brüdern an Del, darum erloschen die Lampen in der Mitternacht. Uneinigkeit im eigenen Lager, Vermengung von Politik und Religion, vor Allem aber französischer Volksfanatismus, haben den Blick ge= trübt, den Mund verwirrt, die Arme gelähmt. Die evangelische Kirche hat nicht gethan in dieser Zeit, was sie konnte, was ihre Zeugen einst gethan. Es ist billig, daß das Gericht anhebe vom Hause Gottes, und unsere Brüder leiden schwer unter diesem Gericht.

Hier hat zunächst unsere Frage einzusetzen: „Wie steht's um uns in diesem Punkte? Ich verkenne nicht, daß in unserer evangelischen Christenheit noch Licht und Salz vorhanden. Das hat sich auch gezeigt. Es hat unserm Volk an treuen Zeugen nicht gefehlt, die offenen Auges und kühnen Mundes unseres Volkes Schäden gestraft und betende Hände für dasselbe emporgehoben, Männer denen es anzumerken war, daß ihnen das Reich Gottes und sein Kommen vor Allem am Herzen lag, die sich nicht dazu hergegeben haben, einem Patriotismus das Wort zu reden, der bei uns Alles nur gut und drüben Alles nur schlecht findet und in erster Linie Deutscher und in zweiter erst Christ sein will. Das Alles in Ehren mit Dank gegen Gott. Aber nebenher ist's nicht zu leugnen, daß in unserer evangelischen Christenheit, auch selbst unter denen, die Christum als ihr Haupt bekennen, viel schal und dumm gewordenes Salz ist, daß die Ungerechtigkeit überhand nimmt und die Liebe in Vielen erkaltet ist. Sie brauchen nicht weit zu gehen. Sehen Sie unsere Versammlung an und hören Sie, was von ihr gesagt und gewahrsagt ist. Wir sind wahrlich nicht zusammengekommen, um auf religiösem Gebiet das zu leisten, was auf politischem geleistet worden ist, oder gar eine Nationalkirche zu gründen, deren Bau nur mit einer Sprachverwirrung beginnen und mit einer solchen enden könnte; wir wollen überhaupt nichts machen, sondern in brüderlichem Austausch die gemeinsame Errungenschaft theilen, uns darüber verständigen, was Jeder an seinem Theile zu lernen hat für Kirche und Volk- und darüber welch Geschrei!

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