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des Genius der Gesamtheit; die Deutschen finden sich wieder in demselben in verklärter Gestalt und in gesteigerter Potenz.

Denn der Deutsche liebt vor allen die Kraft der Gedanken, das Allgemeine der Begriffe und der Vorstellungen, die Reinheit der Gesinnung, das Großartige der Gefühle, die Energie der Seelenvermögen, das ethische Gepräge. Göthe, durch seine Vielseitigkeit und das Plastische seiner Kunst, gehört allen Zeiten und allen Völkern; Schiller gehört uns ausschließlicher, und ist das Abbild der Deutschen, so wie die Cultur sie ausgebildet hat, ein Nationaleigentum.

(Ancillon.)

Anhang.

Anmerkungen und Zusätze.

Zu §. 1. Das Ganze zu wissen, wäre völlig undenkbar; man müste

es schauen: der aber die Welt anschaut und durchschaut bis in ihre innersten Fugen, ist Gott allein. Weber: Aesth. I. 7.

Zu §. 30. Siehe Heyse: System der Sprachwissenschaft S. 85 u. ff. Zu §. 32. Wir läugnen, daß das Reale dem Idealen, das Körperliche dem Körperlosen, das Leibliche dem Geistigen unbedingt entgegengesetzt sei. Weber: Aesth. I. 16. Zu §. 46.

Vergl. damit §. 185.

Zu §. 47. Auf Seite 32 ist bei den Beispielen 1 und 2 die Verkürzung absichtlich nicht angezeigt. Die genaue Formel würde sein:

für 1:

für 2:

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„Die Analysis lehrt, die Natur einer Aufgabe mit den aus ihr genommenen Beweisen für die Giltigkeit ihrer Operationen in ihrer Anschaulichkeit Evidenz und Allgemeinheit durch arithmetische Ausdrücke Formeln genannt darzustellen. Diese Formeln sind also allgemeine, anschauliche Ausdrücke irgend einer mathematischen Wahrheit und dienen dem Mathematiker als sichere und bleibende Normen, unter welche sich alle einzelnen Fälle derselben Art subsumiren und mittelst blosser Substitution behandeln lassen, da sie genau alle Operationen angeben, die gemacht werden müssen, um das Resultat irgend einer Aufgabe zu erhalten."

Ließe sich das nicht auch von der grammatischen Analysis und ihren Formeln sagen ? Salomon's Arith. Vorr.

Zu §. 78. Was die Aufgabe der Zeitformen anbelangt, so ist mit dem S. 57 darüber Gesagten Koch's deutsche Grammatik S. 71 §. 143 Högelsberger, d. Sprachwissenschaft.

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bezeich

zu vergleichen. Sage ich z. B. „er stirbt," so bezeichne ich durch die Präsensform die Gleichzeitigkeit meiner Aussage mit dem Sterben dieser dritten Person. In dem Satze: Er starb den 28. Mai 1821 net hingegen das Imperfect das Sterben in Bezug auf die Zeit der Aussage als vergangen. Das Perfect von dem Verb sterben in dem Satze: Er ist plötzlich gestorben, und sein Leichnam ruht auf dem Marxer Friedhof stellt die in diesem Verb liegende Thätigkeit in Bezug auf den gegenwärtigen in ruhen liegenden Zustand als vollendet dar. Der Satz: Er war noch kaum gestorben, und man wühlte schon in seinen Geldschätzen, bringt das Plusquamperfect von sterben bezeichnend eine Thätigkeit, die in Bezug auf die dem Sprechenden vergangen erscheinende Thätigkeit des Wühlens bereits vollendet ist. Das Futur in dem Satze: Er wird sterben und seine Kinder in bitterer Noth zurücklassen, bezeichnet eine in Bezug auf die Aussage bevorstehende Thätigkeit; und das Futur exact in: Er wird gestorben sein, und du wirst deinen Dank nicht abgetragen haben, stellt die Thätigkeit als zwar noch nicht geschehen, aber in Beziehung auf die in abtragen liegende Thätigkeit als vollendet dar. Viel näher liegt jedoch für die Erklärung das im Buche S. 57-59 über die Zeitformen Gesagte.

Zu §. 95. Vergleiche mit diesem und den folgenden Paragraphen bis §. 106 Heyse's System der Sprachwissenschaft §. 53 S. 145, dem hier im Wesentlichen gefolgt ist.

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Zu §. 172. Zwar wimmelt im gewöhnlichen Tagesgespräch unsere Rede von Tropen und Figuren. So oft wir von einem kalten Menschen, von der Gluth der Leidenschaft... sprechen, ist unsere Rede tropisch; sobald ich zu einem Kinde sage: ist das auch recht? anstatt: das ist nicht recht, habe ich eine Figur angewendet. Ja, manche dieser Redensarten sind so ganz gemein geworden, daß kein Mensch mehr daran denkt, daß jede Rücksicht (von zurückseben), jede Gemüths bewegung, jeder gute und schlechte Styl und selbst jeder Stand und jede Lage ein tropischer Ausdruck ist. Eben so wenig hat derjenige, der von einem saubern Wetter spricht und ein schlechtes meint, oder in entschiedenem Widerstande ausruft: „nein! nein!" ein Bewustsein davon, daß er kunstreiche Figuren in seine Sprache einflicht.

Eben darum aber, weil die Sache so gemein, weil diese kunstreiche Redeweise jedem lebhaften Geiste Bedürfnis ist, könnte man auch leicht auf den Gedanken kommen, es sei ganz unnöthig, die Tropen und Figuren zu studiren; sie kämen dem Redner schon bei der Praxis von selbst

in den Mund, wo sie am Platze seien. Dem ist aber denn doch nicht so. Schon die Gewißheit, daß die grössten Meister des Altertums unsäglichen Fleiß auf das Studium der Sache verwendet haben, könnte uns von der Wichtigkeit derselben überzeugen; aber es ist auch leicht deutlich zu machen, daß jenes Studium namentlich zwei grosse Vortheile hat. Der Redner darf sich überhaupt in der Form, die er den Gedanken leiht, nicht seiner Natur oder dem Zufall überlassen; er muß die Rede als ein Kunstwerk betrachten, das er so gut, als der Bildhauer seine Gestalten, aufs Sorgfältigste ausarbeiten muß, um sie so vollendet als möglich hinzustellen. Wenn er sich nun die Kenntnis jener Schönheiten systematisch angeeignet hat, so daß ihm die verschiedenen Arten des Redeschmuckes lebendig und frisch im Gedächtnisse sind, so wird er dadurch bei jedem Theil seiner Rede, auch bei dem kleinsten, im Augenblicke daran erinnert werden, ob hier ein gewählter Ausdruck am Platze sei, und welcher? Der zweite Vortheil ist, daß das Lesen von Musterreden, was sich jeder Redner für alle Zeiten zur Pflicht machen sollte, weit gewinnreicher für ihn sein wird, wenn er sich vorher über die Theorie unterrichtet hat. Ohne diesen Unterricht wird er über Metaphern, Antithesen weglesen, vielleicht ohne sie nur zu bemerken, jedenfalls ohne sich ihrer deutlich bewust zu werden. Wer sich dagegen schon vorher gemerkt hat, was eigentlich die Rede schön und wirksam macht, der achtet beim Lesen genau auf die Form und wird sich jede kräftige oder gefällige Wendung entweder ins Gedächtnis einprägen oder in sein Collectaneenheft eintragen, um später bei seinen eigenen Arbeiten den grössten Gewinn daraus zu ziehen.

Sollte aber ein Redner der Ansicht sein, auf solche Verzierungen der Rede komme überhaupt gar nichts an, und es sei hinreichend, richtige Gedanken in der einfachsten Form vorzutragen, so geben wir ihm zu bedenken, daß seine Zuhörer ganz denselben Eindruck von ihm bekommen werden, wie ihn ein Wirt auf eingeladene Gäste machen würde, wenn er ihnen blos Wasser und Brot vorsetzte. Und gleichwie den Gästen diese einfache Speise nicht nur schlecht schmecken, sondern auch keine bedeutende Nahrung und Lebenskraft zuführen, noch weniger grosse Liebe zu dem haushälterischen Wirte einflössen würde, so beraubt sich auch der allzu natürliche Redner, außer daß er seinen Zuhörern Misfallen und Langeweile bereitet, der wirksamsten Mittel, diejenigen, zu denen er spricht, zu überzeugen und für sich zu gewinnen.

Andererseits ist es freilich auch wahr, daß man des Guten zu viel thun und ein richtiges Mittel verkehrt anwenden kann. Die figürlichen Reden dürfen nicht zu zahlreich sein; überladener Schmuck ist in Worten

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wie an Personen unangenehm; sie müssen was das Wichtigste und Schwierigste ist jederzeit zu dem abgehandelten Gegenstande passen, so daß sie ganz naturgemäs aus demselben hervorzuwachsen scheinen; sie dürfen also nichts Gezwungenes, Lächerliches oder Unrichtiges enthalten; sie dürfen endlich nur da erscheinen, wo die Rede sich heben, wo ein besonderer Nachdruck auf einzelne Theile gelegt werden, wo sich ein Affect, eine Rührung, eine wichtige Wahrheit geltend machen soll."

Schall und Boger: Vorschule der gerichtl. Beredsamk. I. 181 u. ff.

Zu §. 209. Bei einem genialischen Geisteswerke, so wie der prosaischen Rede insbesondere wird ein Misverhältnis des Inhaltes und der Einkleidung immer selten sein, denn es ist das Zauberische des Geistes, daß er sich eine entsprechende Form wie bewustlos schafft und ohne eine ganz außerordentliche Vernachlässigung nicht leicht ein edler Gehalt sich in gemeine Hülle versteckt; während umgekehrt die geistige Gehaltlosigkeit und Ungenialität sich vergeblich abarbeitet, das Gewand der Gediegenheit und Tiefe umzunehmen, und gewöhnlich nur in hohlem Schwulst und lächerlichem Bombaste sich desto entschiedener blosstellt.

Weber: Aesth. I. 24. 25.

Rinne. Still. I. 138. Wir haben den Realismus in der Geschichte des Stils als ein Ergebnis der fortschreitenden Cultur und Individualisation des Lebens kennen lernen, und er besteht seinem Wesen nach in der immer unmittelbareren Anwendung der Erkenntnis auf die Gesinnungen und Handlungen der Menschen. Diesen Weg müssen aber alle unsere Erkenntnisse nehmen, und insofern stimmt der Realismus ganz mit der Bestimmung des Menschen zusammen und zeigt schon von einer vorgedrungenen Geistesklarbeit, ja es ist der nothwendige Weg der Geistesentwicklung in Beziehung auf die Menschenbestimmung. Die Idee des Realismus liegt mithin in der Auffassung der Welt als eines materiellen Aufenthaltsortes, auf welchem der göttliche Geist real, wirklich, sinnlich erscheinen soll. Statt dessen versteht man gewöhnlich nur ein Nützlichkeitsprincip darunter und befördert wissend oder unwissend die Eigensucht als den vollkommenen Gegensatz des Geistes der Liebe. Er stumpft das höhere Streben ab, gebiert den gemeinen Weltgeist und, indem er von der wahren und göttlichen Lebensbestimmung abführt, verbreitet er zugleich eine traurige Kälte, Herz- und Freudenlosigkeit. Siegreich geht er hervor aus dem Kampfe mit dem Ideal, das schweigend und erröthend der ungeheuren Abtrünnigkeit der Seinigen zusieht und sich in sich selbst zurückzieht. Alle Handels-, Industrie-, Gewerb- und Realschulen werden deshalb zur Verflachung und zum Egoismus des Zeitalters nur noch mehr

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