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Lautlehre.

Erstes Buch.

Vocalismus.

Dem Vocalsystem des indogermanischen Stammes liegen die drei §. 21. Kürzen a, i, u zu Grunde, die durch zwiefache Steigerung mit a und â folgende Lautreihen bilden.

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Im Sanskrit fließen ai und au zu ê und ô zusammen und a schwächt sich überdies bisweilen zu i und u.

Diesen Lautreihen entsprechen im Gotischen

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Die beiden Steigerungen des a sind in ê und ô strenge geschieden. ei ist durch Assimilation des a zu i aus ai entstanden, sowie iu durch Schwächung des a zu i, sodaß es für au eingetreten ist.

Diese neun gotischen Laute haben sich im Ags. auf nicht weniger als 24 vermehrt: a, â, æ, æ, e, ê, i, î, o, ô, œ, œ, u, û, y, '; ea, eâ, ëo, eo, io (ie), ei, eu. Von diesen laßen sich als Hauptlaute d. h. als solche Laute, die den gotischen entsprechen, folgende

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bezeichnen.

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§. 21.

Und diese weisen auf folgende als die ursprünglichen ags. Laute

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§. 22.

I.

Erster Abschnitt.

Angelsächsischer Vocalismus.

A-Laut.

Gotisches a wird ags. æ, a und ea.

1) Ags. æ steht a) in einsilbigen Wörtern mit einfachem consonantischen Auslaute (m und n ausgenommen). Daher als Ablaut in stæl stahl, bær gebar, gescær schor, tær zerriß, spræc sprach, æt aß, fræt fraß, sæt saß, træd trat, bæd bat, cwæd sprach, wræc rächte, læc lag etc.; ferner in hwal Wallfisch, græf Grab, dæg Tag, bæd Bad, græs Gras. Dieses æ bleibt auch dann, wenn in zweiter Silbe e hinzutritt: dæg, Gen. dæges, hæled Mann, hrægel Kleid, nægel Nagel, fæder Vater, fæger schön; auch wenn dieses e ausgestoßen wird; wæter Wasser, Gen. Pl. wætra, nægla. b) in einsilbigen Wörtern vor mehrfacher Consonanz, besonders vor ft, sp, st und pp, bb, ss: cræft Kunst, gæst Gast, æsp Espe, gærs Gras, bærst barst, mæst Mast, paersc drasch, æsc Esche, æppel Apfel, næsse Vorgebirge; ferner in nædre Natter, fæmne Frau.

Manchmal steht es noch neben a: ic habbe und hæbbe, jenes die ältere Form und noch mit erhaltenem dunkeln Vocale zweiter Silbe io hafa, hafo, hafu s. Flexionsl. §. 52. rad und ræde; öfter aber wechselt æ mit e: gescær B. 3052, gescer 5942, dræp drep 5756, Luc. 12, 24 wæs wes Hlod. 9. hræfn hrefn. Exon. 329, 18. gæst gest 313, 28 und oft in Ps. todege 2, 7 efter 5, 11. hwet 8, 11. wes 36, 25 u. in Durh. æft eft, æfter efter, gærs gers. §. 23.

2) Ags. a erhält sich a) vor m und n, mögen diese einfach oder verdoppelt oder mit andern Consonanten verbunden sein, fram von, gram grimmig, tam zahm, nam nahm, wam Flecken, swan Schwan, wan kämpfte, man Mann, clamm Band, swamm schwamm, ongann begann, lann hörte auf; lamb Lamm, camb Kamm, camp Kampf, wang Feld, panc Dank, land Land, die Ablautformen: band, grand,

swand, wand, dranc s. Fl. §. 9; hama Bedeckung, nama Name, bana §. 23. Mörder, gamen Freude, hamor Hammer, samod zusammen, manig viel, hwanon woher, standan stehen. Daher wird auch das Prät. frægn von frignan frëgnan nach Ausfall des g zu fran, befran Cudb. Dieses a, im Altfries. gewöhnlich o, schwankt überall nach o, nicht nur in den westsächsischen Quellen, sondern auch im ostanglischen Dialecte (s. Thorpe Anal. p. 119), selbst in den Ps. und in Durh. Das Northumbrische Priestergesetz aber behält a, wie im Nordischen. Trotz der Verbreitung des o muß a hier ursprünglich sein und namentlich bleibt es vor vollerem o: hamor, während geschwächtes e auf o folgt: homer, gamol gomel.

b) vor andern einfachen Consonanten, wenn in zweiter Silbe ein §. 24. dunkler Vocal (a, o, u) folgt: atol furchtbar, sadal sadol Sattel, hafoc Habbicht, nacud nacad nackt. Daher ist es auch in einsilbigen Wörtern mit einfacher Consonanz geblieben, wenn ein dunkler Vocal folgte: dæg, Nom. Pl. dagas, Gen. daga, Dat. dagum; Adj. glæd, Nom. Sg. Fem. gladu, Dat. Pl. gladum. Sogar vor e zweiter Silbe hat sich a bisweilen erhalten und jenes mag deshalb aus einem dunkeln Laute abgeschwächt sein: So beim Adjectiv, wie glæd, Gen. Sg. glades (alts. gladas), Pl. Nom. und Acc. glade (alts. gladâ), s. Flex. §. 138; beim Verb. im Präsens: ic bace (got. -a), mace, im Part. Präs. bacende (got. -ands), im Part. Prät. bacen (got. -ans). Wenn demungeachtet doch manche æ eingetreten oder neben a getreten sind, wie hafen hæfen, grafen græfen, hladen hlæden, wascen wæscen, s. Flex. §. 24; ferner in Gen. Sg. dæges (alts. dagas), Instr. dægê, alts. dagû Sanskr. â) und in den synkopierten Adjectivformen glædre und glædra (alts. gladârô), so können die æ-Formen erst später eingetreten sein.

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Dieses a tritt gewöhnlich nicht nach o über. Orn und born neben arn und barn erklären sich aus der Metathese ran ron lief und bran, bron brannte. In ânhoga Exon. 288, 32 ist die Vocalschwächung aus vorgerücktem Accente zu erklären für ânhaga Einsiedler und nosu neben nasu Nase, aus altnord. uœs. Für aef ist of eingetreten und jenes hat noch Durh. in æf-dall (HG. nyder-stige) Abhang, B. in æf-panca, æf-punca.

c) ausnahmsweise in ac aber, prag Gelegenheit, singal dauernd arn und barn für ran und bran; ferner in den fremden carcern Kerker, marmstân Marmor, martyr Märtyrer, calc Schuh, calc (calic D. Mtth, 20, 22. cælc 10, 42) Kelch, Aprelis, aspide etc.

§. 25.

3) Ags. ea tritt ein vor 1, r und h. Vor verdoppeltem 1: ealle alle, feallan fallen, gealla Galle, healle Halle und ebenso vor vereinfachter Geminate: eal, heal, steal Ort; vor einfachem 1: bealu Uebel, ealu Bier, fealu fahl, gearu bereit, mearu zart, cwealm Mord, healm Halm, sealm Psalm, bearm Schoß, earm Arm arm, hearm Harm, swearm Schwarm, wearm warm, þearm Darm, bearn Kind, earn Adler, fearn Farrenkraut, gearn Garn, die Ablautformen mearn, spearn s. Flex. §. 9; cealf Kalb, hearpe Harfe, gealga Galgen, scealc Diener, earc Arche, mearc Gränze, spearca Funken, stearc stark, hearh Tempel; auch wenn h hinter 1 und r abfällt: eal(h) Tempel, weal(h) fremd, ear(h) Pfeil, mear(h) Mähre, tear (aus tæher, got. tagr, ahd. zahar, Durh. tæher Luc. 7, 38. teher Mrc. 9, 23. tehr Luc. 7, 44 teôr Mth. 9, 28). Ferner: beald kühn, wealdan walten, eard Erdboden, beard Bart, heard hart, weard Wart, sweart schwarz, healt lahm, heals Hals, bears ein Fisch. Ebenso in den Ablautformen: gealp, healp, sweall, dealf, mealt, swealt, swealh, fealh, wearp, cearf, hwearf, stearf, weard, bearst, swearc, bearh s. Flex. §. 9. - Endlich vor h: gefeah freute, seah sah, geneahhe genug, eahta acht, hleahtor Gelächter, feaht focht, meaht Macht, eax Achse, eaxel Achsel, feax Haar, leax Lachs, weax Wachs. Außerdem selten, wie: atol eatol furchtbar, beadu Krieg, ceaster Stadt, eafora Nachkommen.

Für dieses e a hat Durh. oft a: all, galle, hall, halm, salm, halt, harm etc., auch die Ps. dalf, æt-falh; überhaupt steht vor 1 mit nachfolgendem Consonanten öfter a.

Der ursprüngliche Laut muß im Ags. a gewesen sein, da dieses noch neben den Abweichungen æ, o und ea liegt. Aber die Lautung desselben muß sich geändert haben und schreitet nach verschiedenen Richtungen aus, nach e und nach 0. Für den nach e geneigten Laut tritt æ ein, für den dunkleren o. Wenn im Ags. reines a geblieben ist, so kann es nur da sich erhalten haben, wo es vor dunkeln Vocalen zweiter Silbe steht und hier bisweilen neben æ in Einsilbigen (dæg, dagas), und in Fremdwörtern. Das Schwanken zwischen a und æ ist in dem Vordringen des letzteren begründet.

Schwierig ist es, die Erweiterung (Brechung) des a zu ea zu erklären. Sie geht von a aus und steht vor den oben genannten Consonanten; sie geht auch wieder bei Orm und meist auch bei Lag. nach a zurück. Der Laut muß daher dunkel gewesen sein. Aber ist e ein leiser Vorschlag zu dem vollen a? oder ist e der Hauptlaut, vielleicht für æ eingetreten, und a ist der dunkle Nachschlag,

den die consonantische Begleitung bewirkte und der das hellere e §. 25. wieder dunkel färbte? Im Reimliede gewæf: forgeaf, frætwum: geatwum.

Neben diesem ea liegt eine andere Erweiterung, die durch ein hinter g und sc cintretendes e entsteht: ge af gab, geat erhielt, sceada Räuber, sceanca sceonca Schenkel, sceande sceonde Schande, sceapjan schaffen, sceaft Lanze, sceacan schütteln.

In einigen Kürzen ist Dehnung eingetreten, wie pâ da, swâ so. II. Wie sich ursprüngliches a schon im Sanskr. und im Goti- §. 26. schen zu i und u schwächt, so auch im Ags. So in scire Theil, scirjan theilen, wilhen willen Dienerin, wilhisc fremd, scilcen gemein, scippan erschaffen, scippend Schöpfer, miht kannst, niht Nacht, sliht Mord, ombiht Diener, hlihhan lachen, gist Gast, sigel Sonne. Im Ags. selbst stehen bisweilen a-Formen daneben, wie sceare, scearjan, meahte meahton, hleahhan; die andern werden nachgewiesen durch ahd. scara, walah, walhisc, scalk, slahta, got. skapjan, maht, sauil, alts. sugil Sonne.

Hierher gehören ferner die Präsensformen der drei ersten Klassen ablautender Verben (Grimm 10, 11, 12), die schon im Gotischen geschwächtes i haben. Im Ags. bleiben diese i fast nur vor m, n und Geminaten; vor 1 und g gehen sie nach ë und vor r und h nach eo über, s. Flex. §. 9. Ferner in onginn Beginn, blinn Aufhören, spinn Spinnen, spindel, winna Kämpfer, drinc Trunk, swine Arbeit, stinc Geruch, swing Schlag, þring Drücken; cwild Verderben, gifa Geber, gifu gift Gabe, wif wëf Gewebe, ongit Verstand.

Ürsprüngliches a hat sich schon im Gotischen zu u geschwächt im Prät. Pl. der ersten und im Part. Prät. der ersten und zweiten Klasse der ablautenden Verben. Jenes u bleibt fast durchgängig auch im Ags.: hulpon, dulfon, swummon, ongunnon, burnon, bundon, druncon, sungon, wurpon, curfon, wurdon, burston, swurcon, burgon, fuhton; dieses vor m und n: swummen, clumben, ongunnen, bunden etc., und außerdem geht es nach o über. In urnen und burnen bleibt es neben runnen und brunnen. Ferner in brunna burne Quelle, Born, bund Bund, grund Grund, drune Trank, druncen trunken, burh Burg, numa der nimmt, cuma Ankömmling.

III. Die erste Steigerung von a (got. ê, fries. ê, alts. â, altn. §. 27. å, ahd. â) ist im Ags. : el Aal, bel Scheiterhaufen, mal Zeichen, sæl Glück, stræl Pfeil, bær Bahre, hær Haar, mære berühmt, æfen Abend, slæp Schlaf, wapen Waffe, câge Schlüßel, græg grau, mæg verwandt, wag Woge, lâce Arzt, spræc Sprache, blæd Frucht, brædan

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