4. Nicht die Cypresse denn nur traurig ist sie 5. Jünglinge schlummern hin, und Greise bleiben 6 6. Weiß auch der Mensch, wenn ihm des Todes Ruf schallt, 6 Weiß der Mensch, was er in der Todesstunde sagen wird? Vielleicht klage auch ich dann aus menschlicher Schwäche. 18. Die États Généraux. (1788.) Alkäische Strophe. 1. Der kühne Reichstag Galliens dämmert schon, 3. Verzeiht, o Franken (Name der Brüder ist 2 4. Die größte Handlung dieses Jahrhunderts sei, So dacht' ich sonst, wie Hercules-Friederich Die Keule führte, von Europa's Herrschern bekämpft und den Herrscherinnen! Dem in gespannter Erwartung die Entwicklung der Freiheit in Frank reich entgegensehenden Europa. 2 Friedrich war seit 1786 nicht mehr am Leben. Nachträglich bringt es Klopstock doch über sich, dem einst verhaßten Manne eine Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. 5. So denk ich jest nicht. Gallien frönet sich Mit einem Bürgerkranze, wie feiner war! Der glänzet heller, und verdient es! 3 Schöner als Lorbeer, die Blut entschimmert. 3 Lorber ist Mehrzahl; „die Blut entschimmert erklärt Klopstock selbst durch: deren Schimmer Blut entstellt". Vorliegende Ode wurde gedichtet auf die Nachricht hin, daß der Minister Necker gegen den ausgesprochenen Willen der Notabeln den König bestimmt habe, den dritten Stand in gleicher Zahl mit den beiden übrigen Ständen zu den Generalstaaten, den Etats Généraux, zu berufen. Die Kabinetsordre erschien am 8. August 1788. Nach Klopstocks Aussage wurde die Ode im Dezember 1788 gedichtet. Die Berufung des dritten Standes stand im Zusammenhange mit den bereits allerorts besprochenen Menschenrechten, und ihnen gilt natürlich Klopstocks begeisterter Zuruf, der an Wärme und Wahrheit der Empfindung sehr wohlthuend wirkt. Hier war für ihn, der seit den 50er Jahren mühselig an alten Stoffen sich abarbeitete und keine neuen fand, die ihn befriedigten: hier war wieder ein Ton gefunden, der den ganzen Mann in Anspruch nahm und in welchem Herz wieder zu Herz sprechen konnte. LOR INST 19. Der Fürst und sein Kebsweib. (1789.) FORD Herameter und erste Hälfte des Herameters bis zur Hebung des vierten Fußes. K. Warum wirst du so ernst? F. Was fragst du mich? Geuß den Krystall mir Voll des blinkenden, goldenen Weins! K. Aber du nimmst ihn ja nicht! F. Was quälst du mich! Wecke der Lante Leisesten Ton und singe dein Lied. K. Ach, ich sang, und du hörtest mich nicht. F. Du hättest gesungen? 5 Eile jest, dort Rosen zu streun. K. Rosen sollt' ich streun, daß du sie nicht sähest? Was gehn dich Jezzo Lieder, was Rosen dich an! Hör'! es wichert unten dein Roß, aus der Burg dich zu tanzen Zu der Schaar, die Schlachten uns spielt,3 10 1 Auf dem Ruhebette. 2 Tanzend bringen, von einem Paradepferde. — 3 Schlachten spielend darstellt. Zu der Jünglinge Reihn mit blankem Gewehr, das dem Bliz gleicht, Wenn sie mit rascher Eile sich drehn. Warum wirst du noch ernster, da ich die Krieger dir nenne? Trüber, als erst? sinkst tiefer in Gram? Warum blickst du fo wild? Was sieheft du? siehst du Erscheinung? Nahet dir eine Todtengestalt? F. Keine Todtengestalt, der abgeschiedenen Geister Reiner, aber dennoch ein Geist. 15 Ha, der schreckliche Geist der Freiheit, durch den sich die Völker 20 Welcher Zauber beschwört und bannt ihn hinab in des stummen Weh mir! wo ist, der sich an den hundertarmigen Riesen, 4 4 Die Titanen sind hundertarmig und hundertäugig. Eine nicht minder lebhafte Revolutionsode. Man erinnere sich, wie die besten der Nation, wie Lessing in Emilia Galloti, Schiller in Kabale und Liebe, das schändliche Treiben der Fürsten an den Branger stellten. So hier Klopstock: Ein Fürst isst in äußerster Angst, die Revolution werde auch ihn wegfegen. Er befiehlt seiner Maitresse, ihn mit ihren kleinen gewohnten Künsten zu unterhalten, hört aber und sieht währenddem nichts. Und wie nun gar unter seinen Fenstern die Parade sich hören läßt, die Krieger, die Schlachten spielen, da ist die Verzweiflung voll geworden und er sieht gespensterhaft den Geist der Freiheit einherschreiten. Klopstock hat später in Folge der Pariser Gräuelscenen seine Begeisterung für die Franken in mehr als einer Ode widerrufen. Keine darunter erreicht nur von Ferne die Unmittelbarkeit der beiden hier mitgetheilten Revolutionsoden. 20. Das Gegenwärtige. 1. Ehemals verlor mein fliegender Blick in des Lebens Künftiges sich, und ich schuf dann, was mir Wunsch war, Fast zu Wirklichkeit: seine Freuden Hatte das schöne Phantom! 2 2. Denn das Gesetz der Mäßigung wurd' ihm gegeben, 4 3. Freue dich des, das da ist! so sagt' ich mir öfter, 4. Jeho verweilt der festere Blick in des Lebens 1 5. Freue dich des, das da ist! so sag' ich mir dennoch Jetzt auch. Obwohl sich der Scheitel mit des Alters Blütenhaare mir deckt! ich wandle 6 Froh um das nähere Grab. 6. Aber ich werd' auch Leiden gewahr im Bergangnen, 1 Der Wunsch ging nicht auf Unerhörtes und Unerreichbares. 2 Dem Saßbau nach würde sich dieses Verbum auf Gesez beziehen; da man aber nicht sagen kann: „ein Gesetz thun", so muß man wohl Wunsch als Subjekt annehmen, was freilich wieder dem Saßbau entgegen ist. 3 Nicht das zeitbestimmende a 18, sondern das vergleichende: Oft erlaubte ich dem Getäusch, mir zu gleißen; öfter noch sagte ich mir: Freue dich der Gegenwart! 4 Täuschenden Phantom. 5 Freute mich der Gegenwart. Dieses aber schließt sich eigentlich an das Ende der vierten Strophe an: „Das Andenken an die Vergangenheit hat die Wünsche für Zukünftiges verdrängt aber im Vordergrund der Vergangenheit steht das Bild der gestorbnen Freunde; wollte ich also die Vergangenheit herbeisehnen, so wäre keine Freude an der Gegenwart möglich." (Vergl. die Oden: die Sommernacht, die frühen Gräber). Man schiebe dem Dichter aber ja nicht den Gedanken unter, als wolle er sich die Freude der Erinnerung verbieten; er verbietet sich nur das völlige Versenken in dieselbe, denn das Liebste auf Erden (seine Gattin) war ihm gestorben; wie wäre also ein Genuß des heitern Alters möglich, wenn er bloß in der Vergangenheit leben wollte? 21. Winterfreuden. Also muß ich auf immer, Krystall der Ströme, dich meiden? Darf nie wieder am Fuß schwingen die Flügel des Stahls? 1 Wasserkothurn, du wareft der Heilenden einer; ich hätte, 5 10 In der Frühe Glanz färbte noch bleibender Reif; 2 Welche Nächte, wenn nun der Mond mit der Heitre des Himmels Um der Schönheit Preis siegend stritt und besiegt. Dann war leichter der Schwung und die Stellung unkünstlicher, froher Dann der Rufenden Laut, blinkete heller der Wein; Und wie war der Schlaf der endlich Ermüdeten eisern, 4 3 Wie unerwecklich! Wer schlief jemals am Baume wie wir? Aber es kam mit gebotnem Gepolter der Knecht; und wir sahen 15 Wieder den farbigen Reif, wieder den Schimmer der Nacht. Der du so oft mit der labenden Glut der gefühlten Gesundheit Mich durchströmtest, Quell längeres Lebens mir warst, Wenn ich vorüberglitt an hellbeblüteten Ulmen; (Schnee war die Blume) der Bahn warnende Stimme vernahm, 20 Mit nachhorchendem Ohr; auch wohl hinschwebt' an der Ostsee, Zwischen der Sonne, die sank, und dem Monde, der stieg; Oder wenn, den die Flocken zu tausenden in sich verhüllten, 25 Und den schwindelte, Sturm auf das Gestade mich_warf:5 Ach, einst wurdest du mir, Kothurn, zum tragischen! führtest Mich auf jüngeres Eis, welches dem Eilenden brach. Bleich stand da der Gefährt; mein Schußgeist gab mir Entschluß ein; Jener bebte nicht mehr, und die Errettung gelang. Als sie noch schwankend schien, da rührte mich innig des Himmels Lichtere Bläue, vielleicht bald nun die lezte für mich! Dank dir noch einmal, Beindorf, daß du mich rettetest! Dir kam Lang schon die legte; mir macht sie die Erde noch schön. 6 30 Klopstock hatte drei Aerzte: den berühmten Hensler in Hamburg, seinen Gaul, Jouna genannt, und seine Schrittschuhe. 2 d. d. Reif, der nicht beim Aufgang der Sonne schmilzt. 3 Ohne Zweifel bedingender Sah: Wenn der Wein heller blinkte. 4 Sie schliefen also sizend, mit dem Rücken an den Baum gelehnt, und ließen sich vom Knechte, der die Pferde hielt, zu bestimmter Zeit wieder wecken; denn sonst würden sie nie wieder aufgewacht sein. 5 Verkehrung der Sabfolge. Der Beisaß: „Den die Flocken schwindelte", soll sich auf das hinten stehende „mich“ bes ziehen. Nämlich Bläue: du bist längst schon todt. 6 Diese Elegie ist eines der letzten Gedichte Klopstocks, und gehört zu den Erinnerungen, wodurch er sich das Alter noch angenehm zu machen suchte. Die in den letzten Versen erwähnte unglückliche Eisfahrt fällt ins Jahr 1762. J. C. Cramer giebt in seinen „Briefen Tellows an Elisa" Nachricht von derselben. Klopstock war mit einem Freunde, Beindorf, auf den Lyngbyer See gegangen, und |