Das wesen der kunst: grundzüge einer realistischen kunstlehre, Volume 2

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Page 172 - Die wohlgemeinte Absicht, das Moralischgute überall als höchsten Zweck zu verfolgen, die in der Kunst schon so manches Mittelmäßige erzeugte und in Schutz nahm, hat auch in der Theorie einen ähnlichen Schaden angerichtet.
Page 216 - Wohl steckt die Kunst in der Natur, wie Albrecht Dürer in seiner tiefsinnigen Weise sagt; wer sie heraus kann reißen, der hat sie, aber „sie wird offenbar durch das Werk und die neue Kreatur, die einer in seinem Herzen schafft in Gestalt eines Dinges".
Page 263 - Eines der vorzüglichsten Kennzeichen des Verfalles der Kunst ist die Vermischung der verschiedenen Arten derselben. Die Künste selbst sowie ihre Arten sind untereinander verwandt, sie haben eine gewisse Neigung, sich zu vereinigen, ja sich ineinander zu verlieren; aber eben darin besteht die Pflicht, das Verdienst, die Würde des echten Künstlers, daß er das Kunstfach, in welchem er arbeitet, von andern abzusondern, jede Kunst und Kunstart auf sich selbst zu stellen und sie aufs möglichste zu...
Page 164 - Wenn wir das Nackte in der Malerei und Plastik nicht für anstößig halten, obwohl es uns selbst nicht einfällt, im Leben nackt zu gehen, so werden wir auch in der Poesie das Erotische zuweilen in einer Form zulassen müssen, in der wir ihm im Leben kaum Berechtigung zugestehen.
Page 392 - Der Tauwind kam vom Mittagsmeer Und schnob durch Welschland trüb' und feucht. Die Wolken flogen vor ihm her, Wie wann der Wolf die Herde scheucht.
Page 172 - In einem wahrhaft schönen Kunstwerk soll der Inhalt nichts, die Form aber alles tun, denn durch die Form allein wird auf das Ganze des Menschen, durch den Inhalt hingegen nur auf einzelne Kräfte gewirkt . . . Darin also besteht das eigentliche Kunstgeheimnis des Meisters, daß er den Stoff durch die Form vertilgt.
Page 167 - Wunder, daß auch die Kunst eine besondere Neigung hat, sie zu schildern. Eine Kunst, die" überhaupt das Leben darstellen will, kann einen Instinkt, der im Leben der meisten Menschen eine so große Rolle spielt, aus dem so zahlreiche Konflikte hervorgehen, nicht unberücksichtigt lassen. Über den Grad und die Art der Schilderung entscheiden aber keine moralischen, sondern lediglich ästhetische Erwägungen. Die Aufgabe des Dichters ist nur, die...
Page 52 - Jugend wie im Alter infolge eines instinktiven Bedürfnisses immer dann, wenn ihm das Leben mit seiner Lückenhaftigkeit die Vorstellungen, Gefühle, Gedanken und Handlungen versagt hat, die doch zum vollen Ausleben der Menschlichkeit und des menschlich möglichen dazu gehören.
Page 102 - An den Mond. Füllest wieder Busch und Thal Still mit Nebelglanz, Lösest endlich auch einmal , Meine Seele ganz; Breitest über mein Gefild Lindernd deinen Blick, Wie des Freundes Auge mild Ueber mein Geschick. Jeden Nachklang fühlt mein Herz Froh- und trüber Zeit, Wandle zwischen Freud' und Schmerz In der Einsamkeit.
Page 173 - Nur indem sie ihre höchste ästhetische Wirkung erfüllt, wird sie einen wohltätigen Einfluß auf die Sittlichkeit haben; aber nur indem sie ihre völlige Freiheit ausübt, kann sie ihre höchste ästhetische Wirkung erfüllen.

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