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Der Edelknabe und die Müllerin.

Edelkna be.

Wohin? Wohin?

Schöne Müllerin!

Wie heißt du?

Mullerin.

Life.

Edelknabe.

Wohin denn? Wohin,

Mit dem Rechen in der Hand?

Múller in.

Auf des Vaters Land,

Auf des Vaters Wiese.

Edelknabe.

Und gehst so allein?

Müller i n.

Das Hen soll herein,

Das bedeutet der Rechen;

Und im Garten daran

Fangen die Birnen zu reifen an;

Die will ich brechen.

Edel k na be.

Ist nicht eine stille Laube dabei?

Muller in.

Sogar ihrer zwey,

An beiden Ecken.

@belknabe.

Ich komme dir nach,

Und am heißen Mittag

Wollen wir uns drein verstecken.

Nicht wahr, im grünen vertraulichen Haus

Mülleri n.

Das gåbe Geschichten.

Edelkna be.

Ruhst du in meinen Armen aus?

Müller in.

Mit nichten!

Denn wer die artige Müllerin küßt

Auf der Stelle verrathen ist.

Euer schönes dunkles Kleid

That mir leid

So weiß zu fårben.

Gleich und gleich! so allein ist's recht!

Darauf will ich leben und sterben.
Ich liebe mir den Müllerknecht;

An dem ist nichts zu verderben.

Der Junggesell und der Mühlbach.

Gefell

Wo willst du klares Bächlein hin,

So munter?

Du eilst mit frohem leichtem Sinn
Hinunter.

Was suchst du eilig in dem Thal?

So höre doch und sprich einmal!

Bach.

Ich war ein Bächlein, Junggesell;

Sie haben

Mich so gefaßt, damit ich schnell,

Im Graben,

zur Mühle dort hinunter soll,

Und immer bin ich rasch und voll.

Gefell

Du eilest mit gelass’nem Muth

Zur Mühle,

Und weißt nicht, was ich junges Blut

Hier fühle.

Es blickt die schöne Müllerin

Wohl freundlich manchmal nach dir hin?

Bach.

Sie öffnet früh bei'm Morgenlicht

Den Laden,

Und kommt, ihr liebes Angesicht

Zu baden.

Ihr Busen ist so voll und weiß;

Es wird mir gleich zum Dampfen heiß.

Gesell

Kann sie im Wasser Liebesgluth

Entzünden;

Wie soll man Ruh mit Fleisch und Blut

Wohl finden?

Wenn man sie Einmal nur gesehn,

Ach! immer muß man nach ihr gehn.

Bach.

Dann stürz' ich auf die Råder mich

Mit Brausen,

Und alle Schaufeln drehen sich

Im Saufen.

Seitdem das schöne Mädchen schafft

Hat auch das Wasser bess're Kraft.

Gefell

Du Armer, fühlst du nicht den Schmerz,

Wie Andre?

Sie lacht dich an, und sagt im Scherz:

Nun wandre!

Sie hielte dich wohl selbst zurück

Mit einem füßen Liebesblick?

Bach.

Mir wird so schwer, so schwer vom Ort

Zu fließen:

Ich krümme mich nur sachte fort
Durch Wiesen;

Und kåm' es erst auf mich nur an,

Der Weg war' bald zurückgethan.

Gesell

Geselle meiner Liebesqual,

Ich scheide;

Du murmelst mir vielleicht einmal

Zur Freude.

Geh', sag' ihr gleich, und sag' ihr oft,

Was still der Knabe wünscht und hofft.

Goethe's Werke. I. Bd.

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