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Verfasser dem Kaiser eine Lobrede, wobei er sich auf Giesebrecht stützt. Wir lassen diese Autorität vollkommen gelten, wollen aber doch constatiren, dass grade die Auffassung von Heinrichs II. Thätigkeit, die Giesebrecht gegeben hat, bei der Krönung seiner Arbeit durch die historische Commission nicht unbedingt gebilligt ist. Zuletzt folgt eine 30 Seiten lange Uebersetzung aus Wippos Chronik. Darauf wird vom Volksbuche über Herzog Ernst berichtet. Nach diesen Vorbemerkungen wird die Frage aufgestellt und behandelt, was Uhland aus dem geschichtlichen Stoffe gemacht hat? Dieser Theil und die vorher erwähnte Einleitung enthalten die eigenen Gedanken des Verfassers. Nach diesen Explicationen folgen Anmerkungen zu der historischen Grundlage des Dramas, darauf „Sachliches“, z B. über Acht und Bann, und zuletzt „Sprachliches." Eine rudis indigestaque moles ist das Ganze; Baumaterial, das ungeordnet daliegt. Voller Unklarheit ist aber besonders der Theil, welcher des Verfassers eigene Gedanken enthält. Er beklagt S. 1, dass Uhlands Dramen nicht recht beachtet worden sind und auch jetzt noch nicht genug berücksichtigt werden. Zunächst sucht er aus der Jämmerlichkeit der Zeit nach den Befreiungskriegen diese Erscheinung zu erklären. Diese Zeit hätte keine Empfänglichkeit für Ideales" gehabt (S. 2) und hätte doch die Wissenschaft, also das Ideal, gepflegt (S. 2). Welcher Widerspruch! Wenn die Zeit, in der Hagen, Lachmannn, die Grimms voller Begeisterung das Studium der deutschen Sprache begründeten und ausbauten, wenn diese Zeit jenes Drama nicht beachtete, so hat das wohl seinen Grund in der Arbeit selbst. In diese Betrachtung des Verfassers gehört nun gewiss nicht eine Explication über das, was in der Classe gelesen werden soll. S. 11 tadelt er die Bühne und das Publicum, welche beide zu wenig angeregt seien, als dass sie an Uhlands Dramen Geschmack finden könnten. Wenn aber auf den meisten Bühnen stets Schillers, Göthes und Shakspeares Arbeiten gegeben werden und ein begeistertes Publicum finden, so kann man diesen Vorwurf in seiner Allgemeinheit nicht gelten lassen. Der Verfasser spricht ihn zwar aus, will ihn aber nicht näher begründen; er will auch nicht gegen die wegwerfenden Urtheile der Literarhistoriker auftreten, welche sie über dies Stück gefällt haben. Er will es nicht (S. 11); thut es aber im Verlauf seiner Abhandlung dennoch. Er will nur (S. 11) „die historische Grundlage geben, auf der mit gewissenhafter Treue der Dichter sein Werk aufgebaut hat zu einer Zeit, wo man noch wenig vor solcher Treue wusste, wo kaum aus den Bestrebungen der Romantiker der ächte Kern sich von dem Schein und der Unnatur durch die innerlich nachhaltige Wirkung der Befreiungskriege zu sondern begann.“

Wie unklar ist wieder dieser Ausbruch der Begeisterung! S. 58 behauptet der Verfasser weiter, dass der Dichter die sittliche Idee der Treue in seinem Drama verkörpert darstellen wolle; dadurch allein schon, meint er, wäre das Drama es werth, dass das Volk es liebe. Also um der Tendenz willen. Weiter will der Verfasser beweisen, dass die Tragödie den Forderungen entspräche, welche man an eine solche stelle. Er hat sich aber diese selbst nicht klar gemacht, wenigstens das in seiner Arbeit nicht gezeigt. Ob er Lessings Theorie von der Furcht und dem Mitleide, ob er seinen Unterschied von Tragödie und Schauspiel billigt und ihm folgt, ist nirgend ersichtlich. —

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Der Verfasser lobt Ernst überal! (S. 61); er nennt seine That eine grosse That, er nennt sein Ankämpfen gegen die kaiserliche Allgewalt moralisch und politisch vollkommen berechtigt; kein sittlicher Tadel könne ibn treffen. Wenn das der Fall ist, dann passt Ernst sicherlich nicht zum Helden einer Tragödie. Ob aber Ernsts Benehmen wirklich echt deutsch ist? Hat das deutsche Volk wirklich diese Opposition so sehr gelobt? Mir scheint doch nicht. Im Volksbuche ist sie nicht der Mittelpunkt; da scheint sich das Volk mehr an der Kraft und Heldenkühnheit des Jünglings zu erfreuen; nirgend wird der Kaiser als zu hart getadelt; schliesslich erbittet und erhält der Held Verzeihung. Also er demüthigt sich,

er erkennt sein Unrecht stillschweigend an und deshalb erhält er Verzeihung, denn so viel Kraft kann wohl in tollem Widerstande eine Zeit lang verharren, soll aber nach dem Wunsche des Volkes sich zuletzt der sittlichen Weltordnung fügen. So sitzt Hagen erbittert über Günther auf seinem Schilde und schaut zu, wie Walther von Aquitanien mit den Wormser Recken kämpft. Als aber sein Blutbruder Alle getödtet und Günther seinen Lehnsmann bei seiner Treue beschwört, da geht diesem der Gehorsam gegen seinen Lehnsherrn über das Band der Blutbruderschaft und er kämpft an der Seite seines Königs gegen den Wigand. Und nicht auch Rüdiger von Bechlarn? Das ist deutsche Treue, wie sie das Mittelalter versteht und wünscht. Somit kann durchaus nicht Ernsts Benehmen als gerechtfertigt erscheinen. Der Verfasser stellt richtig (S. 70) die Tragödie hin als aus der Opposition gegen Würtembergische Zustände entstanden (S. 70) und will sie hoch halten als eine Vorkämpferin der Kleinstaterei gegen ein deutsches Einheitsreich. In diese seine politischen Anschauungen als Frankfurter Reichsstädter mag Ref. dem Verfasser nicht folgen. Er will nur noch hervorheben, dass (S. 71) der doch wieder gemüthliche Verfasser zugesteht, dass in den Schilderungen die epische Natur des Dichters überwiegt und sein Gefühl zu schr hervortritt. Ferner meint er (S. 72): der Dichter hätte wohl das Gewirre menschlicher Leidenschaften nicht gekannt oder wenigstens nicht darstellen wollen. Nun also! dann giebt er trotz aller Declamation, trotz aller Begeisterung das zu, was die Kritiker immer behauptet haben: Uhland sei für die Tragödie nicht geschaffen.

Wir erkennen gerne die Begeisterung und den Fleiss des Verfassers an, aber weiter auch Nichts. Möge der strebsame Verfasser sich klar machen, dass zur Beurtheilung einer Tragödie sehr eingehende philosophische Studien gehören, dass die grössten Meister selbst nicht in allen Punkten übereinstimmen. Besser hätte der Verfasser gethan, er hätte das Einzelne zuerst commentirt und das Allgemeine Kundigeren überlassen.

Berlin.

Foss.

Sprachliche Bemerkungen über Lessing. Erstes Heft. Von A. Lehmann. Programm des Gymnasiums zu Marienwerder.

1862.

Seinen trefflichen Arbeiten über Goethes Sprache lässt der Verfasser zur Freude aller Freunde Lessings seine Forschungen über Lessing folgen. Sie zeichnen sich ebenfalls durch Gründlichkeit und Uebersichtlichkeit in der Anordnung aus. Das erste Heft, dessen baldige Fortsetzung wünschenswerth ist, zerfällt in drei Abschnitte. Der erste behandelt die Hülfsverba. Es wird mit Recht bemerkt, dass der Gebrauch derselben heutiges Tages ein übermässiger sei und dadurch in die Rede eine einförmig matte Breite und Verlängerung gebracht werde. Das 17. Jahrhundert ist noch weitschweifiger gewesen, aber nachdem einmal die Classicität des 18. Jahrhunderts die Temporal- und Modalverhältnisse wieder einfacher aufgefasst hat, sollten wir den Gewinn nicht verscherzen und daher mehr von Lessing lernen als wir gewohnt sind, zumal derselbe im Fortgange seiner schriftstellerischen Thätigkeit immer sparsamer im Gebrauch der Hülfsverba geworden ist, mit Absicht also verfahren hat und wohl wusste, was er dem Geist der Sprache bieten durfte, wenn auch mitunter wir bis zur äussersten Kürze Lessing nicht mehr nachfolgen können. Die Untersuchung behandelt die Auslassung der Hülfsverben haben und sein in Nebensätzen, die Auslassung des Hülfverbums bei der Infinitiv-Attraction (mit welchem Ausdruck

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der Verfasser den Gebrauch der Infinitivform der Hülfsverba und der Verba sehen, hören, heissen, helfen, lehren, machen fühlen statt des Particips, in Verbindung mit einem Infinitiv, bezeichnet, z. B. ich habe dies thun können) und die Auslassung des Hülfverbums sein bei geworden, worden und gewesen. Der zweite Abschnitt behandelt die Attraction (Trajection) bei Relativsätzen. Statt der regelmässigen Construction: „Er besitzt das Buch, von welchem du meinst, dass er daraus lernen kann," der es an Fasslichkeit offenbar fehlt, hat Lessing u. A. eine lebendigere Construction, welche die Relativität im superordinirten Relativsatz in Beziehung mit dem subordinirten Relativsatz setzt, so dass die ursprüngliche Beziehung der Relativität („das Buch, aus dem er nach deiner Meinung viel lernen kann") zum Gewinn der Deutlichkeit der Periode hergestellt wird: „Er besitzt das Buch, aus welchem du meinst, dass er viel lernen kann." Dies nennt der Verfasser Attraction des Relativs; diese Art der Attraction könne den Namen Trajection erhalten, weil die Relativität eigentlich aus dem Nebensatz des zweiten Grades in den Nebensatz des ersten Grades hinübergestellt erscheint. Die Variationen werden im Folgenden behandelt, zuerst die Einleitungen der beiden Nebensätze: „ferner will ich meinem Vater sagen, was ich glaube, das du wünschest,“ „ich kenne kein Stück, in welchem ich aus verschiedenen Stücken genau weiss, dass sie Mitleid erregen kann,“ „eine alte Statue, aus welcher er nicht weiss, was er machen soll," „das Logenwesen, so wie ich höre, dass es jetzt getrieben wird, will mir nicht zu Kopf," sodann die Verba finita des regierenden Nebensatzes (glauben, meinen, sich einbilden, behaupten u. a.), die Satzstufen bei der Trajection, die Stilgattungen (besonders im belehrenden Stil hat L. diese Relativ-Trajection). Die weiter aufgezählten Beispiele dieser Construction aus früheren Schriftstellern beweisen ihr Deutschthum. Die Trajectio besteht überhaupt darin, dass so entweder der regierte Satz Wörter des regierenden Satzes (, welchen König der Gott sah, dieser wird Menschenfreund sein") oder der regierende Satz Wörter des regierten Satzes in sich hereinzieht, was bei Lessing oft in directen Fragsätzen vorkommt („wie wollt ihr, dass ich das versteh?" „und was meinen Sie, dass ich mir ausgedacht habe?"). Diese Trajection ist einfach, leicht und fliessend. Das gewagteste der Art scheint dem Ref. folgendes Goethianum, das er lieber als Nonchalance bezeichnen möchte: „Die Kupfer, die noch hier sind, wäre mir lieb, wenn du sie dem Herzog überliessest" (Goethe an Lavater bei Döring S. 25). Der dritte Abschnitt behandelt den Accusativ mit dem Infinitiv. Der Acc. c. Inf. ist bekanntlich deutsch. Der Verfasser nennt es ohne Zweifel klar, dass diese Structur jetzt zu vermeiden sei; aber warum? Klingt es auffallend, wenn Gervinus schreibt (Gesch. des 19. Jahrh. 5, 182): „Šein Vater, den er rühmte 700 Türken getödtet zu haben"? und es ist doch Acc. c. Inf. Der Verfasser bespricht zuerst die regierenden Verba, besonders glauben, meinen u. a. auch fühlen („ich bin derjenige, der sich bestimmt zu sein fühlt, seine Einheit zu retten, dann die Ellipsen: „so glaube jeder sicher seinen Ring den echten," vielleicht wäre ich der, den du mich glaubst," Sätze, die als Ellipsen zu betrachten sind nach Analogie des Satzes: zu der ich mich erlesen zu sein glaube." Was die Satzstufen betrifft, so kommt die Construction im Hauptsatze am seltensten vor, hauptsächlich in Relativsätzen. Meistens lässt sich die im Relativsatz stehende Structur des Acc. c. Inf. in einen dem Relativsatz untergeordneten, grossentheils von der Conjunction_dass eingeleiteten Nebensatz auflösen, und so ist die völlig unveränderte Form des Relativs und die Relativtrajection so naturgemäss, dass um so auffallender unsere schleppende Umschreibung durch die Präposition von

erscheint.

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Aus der Umgegend von Danzig.

Nachträge zum vorjährigen Programm. Von Dir. Dr. F. Strehlke. Programm der Realschule in Danzig. 1863.

In dem Programm des Jahres 1862 hatte Dir. Strehlke in Danzig werthvolle Nachrichten über Georg Forster und seine Familie mitgetheilt, die in Kürze bereits im Archiv ausgezogen sind. Das hier vorliegende Programm bringt einige Nachträge. Dass im Jahre 1848 eine eiserne Tafel zur Erinnerung an Georg Forster am Schulhause in Nassenhuben ausgeführt ist, dazu hatte der Staatsminister von Schön die Veranlassung gegeben; dass eine gleiche Gedenktafel am Geburtshause Reinhold Forster's in Dirschau angebracht wurde, dazu hatte er schon 1847 aufgefordert, sein Wunsch wird hoffentlich bald erfüllt werden. Die Kirchengemeinde zu Nassenhuben stand ursprünglich in Verbindung mit der Bruderunität zu Lissa; dies veranlasste Reinhold Forster zu Anfragen in Lissa, zwei darauf bezügliche Briefe desselben theilt der Verfasser aus dem Archiv der reformirten Gemeinde zu Lissa mit, woraus u. A. erhellt, dass das Predigerhaus auf dem Dorfe Hochzeit stand, also die frühere Nachweisung, dass Georg Forster in Hochzeit, nicht in Nassenhuben geboren ist, bestätigt wird. Der letzte Prediger in Nassenhuben legte 1815 die verschlechterte Pfarrstelle nieder, darauf wurde die Gemeinde Tochtergemeinde des benachbarten Müggenhahl. Mit Georg Forster hat denselben Geburtsort der berühmten Orientalist Oberhofprediger Daniel Ernst Jablonksi in Berlin, geboren 26. Novb. 1660, nicht in Danzig, wie gewöhnlich angegeben wird; sein Geschlecht existirt noch. Therese Forster, Georg Forsters älteste Tochter, ist 3. Juni 1862 zu Freinsheim in der Pfalz gestorben. Sie lebte stets für Andere, nach dem Tode ihrer Schwester vereh. Huber 1851 übernahm sie die Erziehung der Kinder ihres Schwagers Herder und lebte so mehrere Jahre in Erlangen, nach dessen Tode 1855 bei ihrer Nichte in der Pfalz. Karl Anton Wilhelm Forster starb als Arzt in Aschersleben, seine Tochter Renata Justine vermählt mit dem emeritirten Prediger Störig lebt mit ihrem Gatten in Berlin; aus dieser Ehe sind noch zwei Kinder am Leben.

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Ueber Schiller's Lyrik im Verhältnisse zu ihrer musikalischen Behandlung (allgemeine Betrachtung und specielle Aufzählung). Von Dr. F. A. Brandstaeter. Programm des Gymnasiums zu Danzig. 1863.

Das vorliegende Programm bereichert nicht bloss die Schillerliteratur von einem Gesichtspunkte aus, von dem man bisher den Dichter und seine Werke noch gar nicht betrachtet hat, als es auch weit mehr bietet als der Titel sagt; den Freunden Schiller's sei es daher angelegentlich empfohlen. Der Verfasser aber möge diesem Vorläufer bald aus seinen reichen Sammlungen eine umfassende Uebersicht der Schillerliteratur folgen lassen, nach den mitgetheilten Proben scheinen seine Sammlungen sich nicht auf eine Seite beschränkt zu haben und er keinen Nebenbuhler in Bezug auf Reichhaltigkeit zu haben.

Nach Aufzählung der musikalischen Gaben, welche das Schillerfest 1859 brachte, bespricht der Verfasser zuerst das Verhältniss Schiller's zur Musik im Allgemeinen und zwar 1) seine Schätzung der Musik. Der Verfasser lässt Schiller überall selbst reden; seine philosophischen Werke und seine

Gedichte sind Quellen, niemals schiebt der Verfasser seine Ansichten dem Dichter unter. Schiller erkannte tief die Macht des Gesanges, die Wirkungen der Musik oder Poesie sind ihm unergründlich, die Musik wirkt erhebend, zugleich beruhigend, aber auch zerstreuend, ja sinnberückend. 2) Schillers musikalischer Geschmack neigte sich dem Grossartigen zu, der Oper war er Feind. 3) Musikalische Geichnisse, nicht ganz selten bei ihm. 4) Seine Kenntniss der Musik war mangelhaft. 5) Theorie der Musik treibt er nur an wenigen Stellen seiner Schriften und ohne Resultat. 6) Eine Verwendung der Musik findet er auf dem dramatischen Gebiete zulässig. Der zweite Theil der Arbeit behandelt Schiller und seine Lyrik im Allgemeinen und Besonderen. 1) Schiller ist philosophischer Dichter. 2) Seine dichterische Begeisterung ist keine unmittelbare, nicht der Erguss einer plötzlichen Scelenerregung, wenigstens in geringerem Grade als bei Goethe. 3) Seine früh herangebildete Objectivität machte ihn wenig zum Liederdichter geeignet. 4) Sein Idealismus, sein Streben nach dem Allgemeineren, das ihn zum eigentlich lyrischen Dichter weniger tauglich machte, hat ihm unzählige Herzen gewonnen. 5) Schiller's Lyrik und die musikalische Composition im Allgemeinen. Schiller dichtete nicht für den Gesang, viele der namhaftesten Liedercomponisten haben sich daher seine Dichtungen gar nicht oder nur in geringem Maasse zum Vorwurf genommen. 6) Die namhaftesten Componisten seiner Dichtungen (Reichardt, Zelter, Zumsteeg, Schubert, König Georg von Hannover). 7) Die einzelnen Gattungen der Lyrik. a) Schiller als poetischer Schilderer der Natur, b) als erotischer Dichter, früher sinnlich rasend, später sittlich reflectirend [die Lauraoden gehen auf die schöne Wilhelmine, die zweite Tochter des Stuttgarter Arztes Jac. Eberh. Andreae, 1783 mit einem Beamten verheirathet], c) als Sänger der Freundschaft, d) als Dichter für die Geselligkeit; seine Gesellschaftslieder haben nur eine Zeitlang als solche Geltung gehabt; e) als patriotischer Dichter; sein Vaterland war und blieb Würtemberg, eigentlich politische Dichtung ist bei ihm nicht zu finden, die Politik erschien ihm eines höhern Geistes unwürdig; f) Schiller als nationaler Dichter, er ist kein populärer Volksdichter, aber sein ideales Streben hat ihn zu einem hochgefeierten dichterischen Propheten gestempelt; g) Schiller als Volksdichter; er ist eigentlicher Kosmopolit, die Stelle des grossen Vaterlandes vertritt ihm das Publicum; h) Schiller als Sänger der Freiheit; die Idee der Freiheit geht durch alle seine Gedichte und sie nahm nur eine andre Gestalt an wie er ein Anderer wurde; i) Schiller als religiöser Dichter; Schiller hat seiner Zeit den Tribut gebracht, dass ihm die Tiefe des Christensthums sich nicht erschlossen hat. Aus dieser Uebersicht erhellt, und ergiebt sich noch mehr aus der genaueren Betrachtung der Ansführung, dass der Verfasser sich zwar nicht auf sein Thema, die Lyrik, beschränkt hat, aber dass er mit grossem Fleiss den Stoff gesammelt und gut zurechtgelegt hat. Noch werthvoller ist der dritte und letzte Abschnitt. Trotz des Widerstrebens nämlich so vieler Dichtungen Schiller's gegen die Verbindung mit der Musik haben bis jetzt 234 Cemponisten sich an 82 seiner lyrischen Gedichte und Monologe gemacht und im Ganzen 500 Compositionen geliefert. Diese sind hier sämmtlich aufgezählt. Demnach sind von den lyrischen Gedichten einige gar nicht componirt, dagegen achtzehn Mal der Jüngling am Bache, dreiundzwanzig Mal des Mädchens Klage, siebenundzwanzig Mal an Emma, neunundzwanzig Mal die Sehnsucht, einundvierzig Mal das Lied an die Freude. Die meisten Compositionen sind vor und um 1800 erschienen, nur sehr wenige mit Ausnahme des Jahres 1859 nach 1820.

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