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NEUE MITTEILUNGEN.

Ungedruckte Gedichte oberrheinischer Humanisten. II.

Von

Hugo Holstein.

III. Engelhard Funck (Scintilla).

Er stammte aus Schwabach und studierte zu Erfurt, wo er im Sommer 1468 immatrikuliert wurde (Engelhardus Fungk de Swobach dt. tm. lautet die Einzeichnung).*) Auch im nächsten Jahre noch war er in Erfurt und schlofs mit Jakob Wimpfeling eine Freundschaft, die trotz der örtlichen Trennung zeitlebens gewährt zu haben scheint. Es haben sich zwar freundschaftliche Briefe der beiden bis jetzt nicht vorgefunden, aber Wimpfeling besass eine grosse Zahl von Gedichten seines Freundes, die ihm dieser von Rom aus sandte und die in einem Codex der Universitäts-Bibliothek zu Upsala (Hist. 8, nach neuerer Bezeichnung C. 687) erhalten sind. Auch scheint Wimpfeling seinem Freunde Trithemius für dessen Catalogus virorum illustrium die betreffenden Notizen über Engelhard Funck gegeben zu haben, wie er ja überhaupt an der Redaktion dieses Werkes einen grofsen Anteil gehabt hat. Es ist dies fast die einzige biographische und litterarische Mitteilung, die wir über Engelhard Funck besitzen, und darum ist sie so wertvoll. Trithemius sagt a. a. O. S. 70: Engelhardus Funck alias Scintilla, Francus orientalis de Suobach oriundus, vir doctus et undecunque peritus, philosophus et poeta insignis, divinarum quoque scripturarum et iuris pontificii non ignarus, ingenio praestans et disertus eloquio. Fertur carmine et prosa quaedam cudisse opuscula, quibus

*) Erfurter Matrikel, herausgeg. v. Weifsenborn I, 328 b No. 47. Es studieren in Erfurt zu dieser Zeit auffallenderweise viele Schwabacher, nämlich O 1467 Johannes Hager, Mich 1468 Johannes Brunner, O. 1469 Conradus Flock und Johannes Smitlin, Mich. 1469 Conradus Mayar, O. 1470 Johannes Currificis, Mich. 1470 Georius Monch und Johannes Reysinleyter u, s. w. Mit Engelhard Funck bezog gleichzeitig Jacobus Coci de Sleczstadt die Universität Erfurt. Es ist durchaus irrig, bei diesem Namen an Jakob Wimpfeling zu denken, der nach Erfurt erst im Sommer 1469 kam und in der Matrikel nicht verzeichnet ist.

nomen suum longe lateque notificavit. Er führt nun drei Gedichte an, die noch erhalten sind, Epigramme, Briefe und einiges andere, das ihm unbekannt ist. Zuletzt heifst es: Vivit adhuc (1495), sicut audio, in urbe Romana causarum advocatus." Auch im Liber de scriptoribus ecclesiasticis p. 388 wird Funck von Trithemius als poeta insignis, metro excellens gerühmt. Er lebte also als Sachwalter in Rom und aus seinen Gedichten erfahren wir, dafs er in den vornehmsten Kreisen sich bewegte. Besonders nahe stand er dem Kardinal Johannes Antonius, Bischof von Alexandria, dem er verschiedene Gedichte widmete und der in der erhaltenen Sammlung auch mit einem an Funck gerichteten Gedichte vertreten ist.*)

Mehrere der im Cod. Upsal. erhaltenen Gedichte finden sich auch in einer Handschrift der Universitäts-Bibliothek zu Innsbruck (nr. 664), die von dem bekannten Philologen und Historiker Johannes Fuchsmagen (Fusemannus, c. 1450 1510)**) stammt und aus der Anton Zingerle in den Beiträgen zur Geschichte der Philologie I. (de carminibus latinis saeculi XV et XVI ineditis) Innsbr. 1880, S. 79-88 eine Anzahl veröffentlicht hat. Sie werden hier einem Engelhardus Teutonicus zugeschrieben und Zingerle bemerkt, er habe anfangs geschwankt, ob dieser Engelhardus Teutonicus nicht mit dem Engelhard von Geltersheim, Konrektor in Köln, der einen Brief an Celtis sandte (Klüpfel, Vita Celtis I, 17), identisch sei; aber nachdem er bei Trithemius das Obige gefunden, habe er sein Bedenken zurückgezogen.

Zingerle spricht in der Vorrede p. XLIII über Engelhard Funck; er rühmt die Bescheidenheit des in den Schulen der Römer gebildeten Dichters, der selbst, obwohl er der facilitas der Italiener nahe komme, doch von der deutschen Einfachheit und von seiner Musa barbara spreche. Als Vorbilder galten ihm besonders Vergil, Tibull, Ovid, Persius und Claudian, aber doch hat er den Deutschen niemals verleugnet.

Aus Peter Schotts Lucubratiunculae erfahren wir, dafs Engelhard Funck, der eine Anwartschaft auf eine Pfründe an St. Thomas in Strafsburg erhalten hatte, von Rom aus 1482 Anspruch auf das durch Jakob Hagen zu Gunsten des jungen Peter Schott resignierte Kanonikat an St. Thomas erhob. Peter Schott, der sich seines Neffen annahm, wurde von Funck aufgefordert in Rom zu erscheinen, aber Schott folgte der Citation nicht. Er schrieb wiederholt Briefe an Vitus Mäler von Memmingen, Dompropst von Freising, der sich in Rom aufhielt, und bat ihn um seine Verwendung beim Vatikan, aber

*) In Burchards Diarium ed. Thuasne, Par. 1884, II 535 wird er (Engelhardus Functus) unter den officiales collegii DD. sollicitarum litterarum apostolicarum als absens erwähnt; ebenso 1498: Angellardus Frune absens.

**) Über ihn s. Ruf, Zeitschr. des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 1877, S. 93-119.

dieser antwortete nicht. Der Prozefs zog sich bis in das Jahr 1487 hin und wurde in diesem Jahre für Peter Schott entschieden. *)

Von Beatus Rhenanus wird Engelhard Funck in einem Briefe an Jakob Faber vom 1. März 1512 unter den gelehrten und berühmten Schwaben genannt, die ihre Vaterstadt berühmt gemacht haben: „Sunt in Suevia Ioannes Capnion Phorcensis, totius Europae decus, Conradus Peutinger Augustensis, Engelhardus Scintilla.“ **)

Wimpfeling war von der Anmut und der Vortrefflichkeit der poetischen Erzeugnisse der christlichen Dichter und der deutschen Humanisten so sehr überzeugt, dafs er sie an Stelle der alten römischen Dichter der Jugend zur Lektüre empfahl. Man wähle, sagt er, Rhabanus Maurus für Lucrez, Sedulius für Vergil, Alcimus für Ovid, Lactantius für Properz, Arator für Statius, Baptista Mantuanus für Juvenal, die Epigramme des Engelhardus Scintilla und des Hermann von dem Busch für Martial. ***) Zwei Gedichte des Engelhard Funck hat Wimpfeling in seine Adolescentia aufgenommen, nämlich Ad Maximilianum Romanorum regem und Epitaphium Cardinalis sancti Marci;†) ein drittes, das Carmen de extremo iudicio, befindet sich in der Defensio contra turpem libellum Philomusi. ††)

Engelhard Funck scheint in späteren Lebensjahren nach Deutschland zurückgekehrt zu sein. Er ist derselbe, den Trithemius in einem Briefe aus Würzburg erwähnt, und erhielt ebendaselbst 1500 das Dekanat am Neuen Münster. Trithemius rühmt ihn als vir doctus et tam carmine quam prosa exercitatus und bemerkt, dass er ausser ihm keinen in Würzburg kenne, der Griechisch verstehe.†††) Er starb daselbst am 29. Nov. 1513.*+)

Unter den 52 Gedichten, die sich im Cod. Upsal. befinden, wählen wir zunächst die beiden, die von Trithemius besonders angeführt werden (das dritte von ihm genannte ist das oben erwähnte Carmen de morte Cardinalis sancti Marci). Diesen lassen wir noch einige andere meist an Personen gerichtete Gedichte folgen.

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Descriptio oppidi patrii Suobacensis elegantissima.**+) Annua causidicis redierunt otia lassis

Clamosique silent ferrea iura fori.

*) Schmidt, Hist. litt, de l'Alsace II, 58 Note 8.

**) Horawitz-Hartfelder, Briefwechsel des Beatus Rhenanus S. 41

***) Magnencii Rhabani Mauri de laudibus sancte crucis Phorzh. 1503. Bl. Cii b. vgl. Knod, Aus der Bibliothek des Beatus Rhenanus. Lpz. 1889. S. 11 Anm 1. †) Adolescentia (Argent. 1505) fol. LXXXIIIa.

††) Bl. 18 a.

ttt) Tritemii epist. fam. II, 44 (Hagen. 1536) p. 307.

*) Sein Epitaph bei J. Gropp, Collect. noviss, scriptor. et rer. Wirceb. Francof. 1741. I, 730. Diesen Nachweis verdanke ich Herrn Oberlehrer Dr. Knod in Strassburg. **) Trithemius nennt es so: Carmen elegiacum de laude patriae suae Franconiae. In der Defensio Germaniae quam frater Thomas Murner impugnavit' wird von Wimpfeling unter den Dichtern, die ihre Vaterstadt teils in Prosa teils in Versen verherrlicht haben, auch Engelhardus Funck genannt, der Suobacum besungen habe.

Iamque humeros cessat nodosa tangere virga
Et vagus attonitos praeco citare reos.
5 Insanoque furit iam saeva canicula sole
Et diras vibrat perniciosa faces.

ΙΟ

Ergo intermissum studium repetamus, Apollo,
Ad tua fas mihi sit, sancte, redire sacra.
Mens patrias cantare pio fert carmine sedes
Et natale brevi stringere laude solum.
Tu modo, Calliope, tectis succedere nostris
Dignare atque humiles visere, diva, lares.
Nec Vaticani tanti capiaris amore

Collis et innocui principis aede nova.
15 Quamvis marmorea conscendat nubila mole
Millinumque super gaudeat ire iugum,
Quamvis irriguis cingatur nobilis hortis

Et multo circum munera Bacchus eat:
Non omnes capiunt tamen alta palatia coetus,
20 Saepe tenent sanctos vilia rura viros.
Quin etiam primos ageret dum Iuppiter annos,
Non simplex culti gloria ruris erat.

Et quondam urbe nova tractavit aratra senator,
Cum domitus positis ensibus hostis erat.
25 Nec minus agricolae fuerat bene cultus agellus
Laudi, quam claro fortia facta duci.

30

40

Romulidasque olim et pariles virtute Latinos
Hinc ligo et hinc ensis sollicitavit avos.
Nunc et bellatrix agit hanc Germania vitam,
Teutonicas subeunt hostis et arma manus.

Praecipue hac nostrum se nobilitate Suabach Schwabach
Extollit, patriae dulcis origo meae.

Pauper arenoso petitur cui victus ab agro
Et cui nativas villa ministrat opes.
35 Hic ubi Phoebeos praecedit lucifer ignes
Ambiguasque premunt noxque diesque vices,
Certatim tepidis surgit plebs ipsa diebus
Et tacita durum mente revolvit opus.
Inde deo sacras susceptant vota per aras,
Vertat ut auspiciis coepta diurna bonis.
Post modo dilapsi pars terram vomere scindit
Et sulcis condit semina sparsa nigris.
Hic riguas ducit per prata volentià lymphas,
Cum torret sicca Iuppiter arva siti.
45 Ast alius tremula venatur arundine piscem,
Argutas iusto fallit et alter aves.
Mille etiam vicina solet dare silva labores,
Silva vetus variis nobilis arboribus.
Retibus hic gaudet frondosos cingere saltus,

Terra arenosa

Agriculturae studium

Religio.

Agricultura

Pascua

Piscatus
Aucupium
Venatio

50

Et canibus timidas sollicitare feras.
Pars pictis condens telum exitiale pharetris
Destinat horrendis vulnera saeva lupis.
At quibus est ardens iuvenili in pectore sanguis,
Spumantes alto vulnere sternit apros.

55 Robora pars hiemis cedit memor ipsa futurae,
Ut suus assiduo luceat igne focus.
Incurvique senes, quibus est provectior aetas,
Melligenas patrio more tuentur apes.

60

Nec tamen interea iustissima turba senatus
Cessat ab officio providus ipse suo.

Lignatio

Apes

Senatus

Litibus exortis (quamquam rarissima lis est) Litium paucitas
Nec terit insanum plebs moderata forum.
Vicini si forte tamen transivit in agrum,

Dicitur aut falso terminus esse loco.

65 Extemplo cum nulla illic sit formula iuris,
Rusticus ex aequo iudicat atque bono.
Nemo illic didicit conceptum offerre libellum,
Nec testes fallit perfida lingua deos.
Lubrica nec dubie fit contestatio litis,

70

Scriba nec incurvo conficit acta genu. Quid memorem iuvenes devotaque corpora bellis

Pro patria cupidos mortis obire diem?
Iam primum a tenera tractantes arma iuventa
Assuescunt facere et fortia facta pati.
75 Utque solet villosa canis latratibus hostes
Et sociis socii gentibus esse solent.

80

Sed nec bella gerunt nisi cum repetita negaris
Aut invita trahens induat arma dolor.
Tum vero horrendis stridet Bellona flagellis
Et fratrem sequitur sanguinolenta suum.
Hortantur natos animosae ad proelia matres
Et comites, nisi sit dedecus, esse volunt.
Curritur et stimulat vilem indignatio plebem
Et rumpunt humiles murmura magna casas.
85 Nec viso longis ludunt ambagibus hoste:
Saepe dat et bellum conficit una dies.
Hinc tibi, Romanae pater o sanctissime gentis,
Ad tua dux pridem bella vocandus erat.
Agmina non dominam Caláber duxisset ad
urbem

90

Et veniens hospes tutum habuisset iter,
Nec sua Teutonicis implessent tecta rapinis,
Nomen ab immani qui tenuere feri.
Ille tamen nobis persolvit sanguine poenas,
Quo victi tandem dissimulante sumus.

Militia

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