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Mon cœur, entre vous balançant,
D'aucun côté n'est libre. 4.
Si l'on me donnait à choisir

De cœurs comme les vôtres,
Je dirais, de peur de faillir,
J'aimerais l'une et l'autre.

Ich lasse das Heinesche Gedicht zur Vergleichung folgen:
In welche soll ich mich verlieben,

Da beide liebenswürdig sind?
Ein schönes Weib ist noch die Mutter,
Die Tochter ist ein schönes Kind.
Die weissen, unerfahrnen Glieder, 3.
Sie sind so rührend anzusehn!
Doch reizend sind geniale Augen, 2.
Die unsre Zärtlichkeit verstehn.

I.

Es gleicht mein Herz dem grauen Freunde
Der zwischen zwei Gebündel Heu
Nachsinnlich grübelt, welch' von beiden
Das allerbeste Futter sei. 4.

Andere französische Lieder mit demselben Motive, doch ohne auffallende Ähnlichkeiten mit dem Heineschen Gedicht im Einzelnen s. im Chansonnier françois (1760) Bd. I, S. 64 („Le vrai bonheur"; darin: Silvie est blonde, Philis brune, Chacune m'enchante et me plaît) und Bd. II, S. 159 („A l'ombre de ce verd bocage"; darin: Elles brillent de tant de charmes Que je les aime toutes deux. L'une est une Blonde mourante, Qui me ravit par sa douceur, L'autre est une Brune piquante, Dont les traits me percent le cœur.)

Auch ein bekanntes Triolet von Abbé Mangenot behandelt dasselbe Motiv. Es ist betitelt: „A trois Sœurs" und beginnt: „Aimables sœurs, entre vous trois" (Alm. des Mus. 1768, S. 12.).

II. Zu Bürgers Sonett: Auf die Morgenröte.

Bürgers Sonett ist eine freie Übertragung eines Sonettes von Petrarca aus dem Cyklus: Sonetti e canzoni in morte di M. Laura. Der Vergleichung halber stelle ich hier das italienische Gedicht und die Bürgersche Nachahmung einander gegenüber, da weder Sjöderhehn in seiner Studie über Petrarcas Einfluss auf die deutsche Litteratur, noch die neuesten Herausgeber Bürgers, A. Sauer und E. Griesebach einen Vermerk über Bürgers Abhängigkeit gegeben haben.

Quand' io veggio dal ciel scender
l'Aurora
Con la fronte di rose e co' crin d'oro,
Amor m'assale; ond' io mi discoloro,

Wann die goldne Frühe, neu ge-
boren,
Am Olymp mein matter Blick er-
schaut,

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Auch in dem später entstandenen berühmten Sonett: „An das Herz" bringt Bürger sein Verhältnis zur Geliebten in Beziehung mit dem Tithons zu Aurora, freilich in anderer Anwendung.

München.

BESPRECHUNGEN.

KNORTZ, KARL: Geschichte der nordamerikanischen Litteratur. Zwer Bände, 432 und 491 S. 8°. Berlin, Hans Lüstenöder. 1891. M. 10. Der Verfasser dieses Werkes entfaltet seit langen Jahren eine lebhafte Tätigkeit (besonders als Übersetzer), um seinen deutschen Landsleuten die Kenntnis bedeutender und interessanter Erscheinungen der Litteratur Nordamerikas zu vermitteln. Dafür verdient er Dank, wie jeder, der sich bemüht, die geistigen Beziehungen zwischen modernen Kulturvölkern enger zu knüpfen. Die vorliegenden Bände wird man wol als ein Hauptergebnis seiner Arbeiten auffassen dürfen. Der Gedanke, sie zu schreiben, ist gewiss lobenswert, und für ein gelungenes Werk dieses Stoffes ist Platz auf dem Weltmarkt. Die Amerikaner selbst besitzen aufser Anthologien mit litterarhistorischen Einleitungen von Büchern, die ernst zu nehmen sind, nur Moses Coit Tylers Litteraturgeschichte, die aber in ihren zwei Bänden nur bis 1765 reicht, neuestens dann Richardsons wenig befriedigendes Werk. In England werden vereinzelt Abschnitte der populären Handbücher Amerika gewidmet, das Werklein von Professor Nichols verdient wenig Lob. Die Franzosen besitzen nicht mehr als etliche Essays in der Revue des deux mondes und in Deutschland ist ausser dem schon veralteten Brunnemann nur noch die Einleitung zu Herrigs Handbuch der nordamerikanischen Nationallitteratur (1854) mit Achtung zu nennen, die Bemühungen von Spielhagen und Doehn reichen nicht weit.

So mochte man diese neue Arbeit von Knortz mit froher Erwarwartung begrüfsen. Und in der Tat, wenn ein unvollständiges Verzeichnis der Schriftsteller mit mehr oder minder ausführlichen Notizen über ihr Leben, mit gelegentlichen Angaben des Inhaltes ihrer Dichtungen und mit ganz allgemein gehaltenen Kritiken einer teils zufällig, teils absichtlich zu stande gekommenen Auswahl zusammengenommen als eine Lösung der gestellten Aufgabe bezeichnet werden dürfte, dann wäre sie Herrn Knortz gelungen. Allein zu einer Geschichte der nordamerikanischen Litteratur gehört meines Erachtens noch etwas mehr; Fleiss und guter Wille, wie der Verfasser sie an den Tag legt, genügen für sich noch nicht. Es müssen Entwicklung und Zusammenhänge beobachtet und klar gestellt werden, daraus ergibt

sich, welche Erscheinungen als Haupt-, und welche als Nebengestalten anzusehen sind. Diese selbst müssen dann je nach ihrem Verhältnis zum Ganzen einzeln charakterisiert werden.

Von allen diesen Forderungen erfüllt das vorliegende Werk kaum eine. Es ist ein Katalog nordamerikanischer Schriftsteller, nicht einmal nach dem Zeitverlauf wolgeordnet, geschweige denn nach der Zusammengehörigkeit in einzelne Gruppen. Die Schilderung der Personen und ihrer Leistungen geschieht nicht nach litterarhistorischen Gesichtspunkten. Der Verfasser hat einmal gewisse Neigungen, dann aber ganz entschieden vorgefafste politische und religiöse Ansichten, nach denen er die Aufmerksamkeit bemifst, welche er den Persönlichkeiten zuwendet. Herr Knortz bekennt sich zu einem Glauben, der sich in Deutschland wenigstens schon etwas überlebt hat, nämlich zu dem bedingungslosen Radikalismus der Zeit vor 1848. Nur so ist es zu verstehen, dafs dem Atheisten Thomas Paine 8 Seiten, dem gedankenreichsten Staatsmanne jedoch, den Amerika hervorgebracht hat, und einem seiner besten Prosaisten zugleich, Alexander Hamilton, nicht ganz eine Seite gewidmet, auch ein Mann von so weit- und tiefgreifender Wirksamkeit wie Benjamin Franklin mit 21⁄2 Seiten abgefertigt wird. Auf rein litterarischem Gebiete sieht es fast aus, als ob der Zufall, augenblicklich benutzbare Bücher oder sonstige nicht sachgemässe Umstände ganz willkürlich gewaltet hätten. John Howard Payne, der Dichter des Liedes,Home sweet Home' erhält auf 16 Seiten eine ausführliche Biographie, indefs der einflussreichste und bedeutendste der älteren Romandichter, Charles Brockden Brown, dessen Werke eben erst wieder in einer stattlichen Gesamtausgabe aufgelegt. worden sind, kümmerlich Erwähnung auf nicht ganz einer Seite findet. Unverhältnifsmässig zu kurz ist auch Nathaniel Parker Willis gekommen, dessen leichte Feuilletonmanier in der Journalistik Amerikas so sehr Schule gemacht hat, dass noch die Lokalberichte der heutigen Tagesblätter unter ihrem Einflusse stehen. Aber es wäre zu weitläufig, länger bei Mängeln dieser einen Art zu verweilen. Es lässt sich eben noch gar manches im einzelnen vermerken. Der einseitige Parteistandpunkt des Verfassers tritt besonders in dem Abschnitt,Philosophen und Unitarier' 1, 233 ff. deutlich hervor. Von Emersons weltgebietender Stellung und seiner starken Einwirkung auf die englische und deutsche Litteratur erfährt man in dem ihm gewidmeten Kapitel nichts; für Thoreaus Sonderbarkeiten sucht der Verfasser die Leser zu interessieren, erfasst aber gar nicht den Kern in dem Wesen dieses eigentümlichen Mannes. Auch die Bedeutung und Eigenart Hawthornes ist dem Verfasser verschlossen geblieben. Von Edgar Allan Poes Novellen spricht er gar nicht, erzählt dagegen ausführlich, wie der Dichter im Branntweinrausch zu Grunde gegangen ist. Bei Bret Harte nennt Herr Knortz nur die Sachen, die etwa bis 1875 erschienen sind, die weitere Entwicklung dieses Schriftstellers, welche doch manches Besondere bietet und vornehmlich die Grenzen seiner Begabung auf das schärfste zeigt, verfolgt er nicht. Ebenso ist er ganz

unvermögend Cables dichterische Persönlichkeit dichterische Persönlichkeit zu schildern, dem überhaupt nur 22 Seite zufallen, während der gute, aber poetisch wertlose Spass von,Hans Breitmanns Ballads' behaglich wiedergegeben wird. Am übelsten ist die Auslese in dem Durcheinander der Abschnitte,Dichter und Dichterinnen der Gegenwart' 2, 310-426 geraten (der letzte Abschnitt des 2. Bandes fehlt sogar im Inhaltsverzeichnis), wo nicht nur fast sämtliche Meister der speziell amerikanischen short story (z. B. Frank Stockton, Paul Deming, Henry Bishop, Sarah Orne Jewett u. a.) ganz fortgelassen sind, sondern auch Dichter von der Bedeutung Craddocks (Miss Murfree), Bellamys u. a. unerwähnt bleiben.

Allenthalben wird es fühlbar, wie wenig sorgsam und gründlich der Verfasser sich auf seine schwierige Arbeit vorbereitet hat, wie sehr es ihm an der unerlässlichen litterarhistorischen Vorbildung mangelt, wie rasch und grob das Ganze hingeworfen worden ist. Es sind Journalistenbücher, diese Bände, nicht Studien eines mit den Dingen wirklich vertrauten Forschers, der sich zur Darstellung Zeit lässt. Wäre es nötig, dafür noch Belege beizubringen, so brauchte ich bloss auf das liederliche Deutsch zu verweisen, das der Verfasser schreibt, das voll von ungehörigen Anglicismen und von Rohheiten der Zeitungssprache steckt.

Trotz alledem werden diese Bände, da sie ein arg vernachlässigtes Gebiet der modernen Litteraturkenntnis behandeln, Nutzen stiften können und wegen vieler darin zusammengekehrter Notizen manchem Leser brauchbar sein. Dem Titel, den es trägt, entspricht das Werk freilich nicht, und eine wirkliche, ernst gearbeitete Geschichte der nordamerikanischen Litteratur wird auch jetzt erst zu schreiben sein und wahrscheinlich noch für einige Zeit ein unbefriedigtes Bedürfnis bleiben.

Graz.

Anton E. Schönbach.

KÖSTER, ALBERT: Schiller als Dramaturg. Beiträge zur deutschen Litteraturgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts. Berlin, Verlag von Wilhelm Hertz. (Bessersche Buchhandlung.) 1891. VIII, 343 S. 8°. M. 6.

Eine Sammlung litterarhistorischer Untersuchungen, deren Mehrzahl durch Geist und glückliche Darstellung den Leser anzieht und fesselt, deren auf eindringlichster Belesenheit ruhende wissenschaftliche Fundierung den nachprüfenden Fachmann beinahe nie im Stiche lässt, mufs als anerkennenswerte, erfreuliche Leistung begrüfst, darf nie und nimmer nur deshalb abgelehnt werden, weil der Titel nicht hält, was er verspricht. Schillersche Bühnenbearbeitungen veranlassen Köster zu weitausgreifenden und erschöpfenden Studien - fleissige

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