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des Tempels auch die andern drei Stämme kamen, weil sie sich mit den übrigen von den Babyloniern ins Exil geführten Stämmen nicht vertragen konnten. Sie wurden nämlich, weil sie Nachkommen der Söhne von Jakobs Nebenfrauen waren, von den Abkömmlingen Rahels und Leas als nicht ebenbürtig betrachtet und danach behandelt.

Diese vier Stämme nun besitzen sehr viel Gold, Silber, Edelsteine, Rindvieh, Esel und Kameele. Sie sind Ackerbauer, die aber auch nomadisieren und in Zelten wohnen, und dabei gewaltige tapfere Krieger. Die tapfersten und stärksten unter ihnen sind die Nachkommen von Samson und Dalila, deren Feldgeschrei uns Eldad sogar mitzuteilen weifs. Denn diese Stämme führen beständig Krieg mit den benachbarten sieben Nationen, den Tausina, Triagi, Arda u. s. w.*), welche natürlich stets besiegt werden. Alle drei Monate zieht ein anderer Stamm, über 100,000 Mann stark, (120,000 Reiter und 100,000 Fufsgänger nach einer Version) aus, um drei Monate lang Krieg zu führen. Nach der Rückkehr aus dem Feldzug wird die heimgebrachte Beute vom Könige Usiel, Sohn des Malkiel, gleichmässig verteilt. Auch die Namen des Grofsveziers und des obersten Richters weifs uns Eldad mitzuteilen. Auffallend ist es nur, dafs er selbst, obwohl diesem kriegerischen Volke angehörig, auszog, um Handel zu treiben.

Wie bereits erwähnt, wurde Eldad von einem Glaubensgenossen aus dem Stamme Isaschar losgekauft und in dessen Heimatland gebracht. Die Nachkommen Isaschars wohnen fern in Asien, in der Nachbarschaft der feueranbetenden Perser und sind ein friedliches frommes Volk mit reichem Viehstand. Dagegen sind die Nachkommen der übrigen fünf Stämme kriegerische unruhige Leute. Die Rubeniten sind Wegelagerer und den Simeoniten sind 25 Königreiche tributpflichtig. Doch sind die Mitteilungen über diese sechs Stämme viel dürftiger, als die über die ersterwähnten vier, so dafs man annehmen mufs, der Verfasser sei hier von seinen Quellen oder von seiner Phantasie im Stiche gelassen worden.

Was Eldad von den Riten jener Stämme, besonders in Bezug auf das Schlachten der Tiere mitteilt, hat für uns wenig Interesse. Wien.

*) Die Namen der sieben Nationen sind in den verschiedenen Versionen verschieden. Manche von ihnen haben eine entfernte Ähnlichkeit mit denen der Völker, welche der Priester Johannes als ihm unterworfen angiebt, und diese sind wie Zarncke (S. 926) bemerkt, die der Völkerschaften, die Alexander, nach Pseudo-Kallisthenes, (III 26) zwischen den Bergen einschlofs.

Die ausländischen Dramen

im Spielplane des Weimarischen Theaters unter

Goethes Leitung.

Von

Carl Heine.

Das

as erste Heft der „Theatergeschichtlichen Forschungen“, herausgegeben von B. Litzmann*), führt diese Sammlung schicklich ein, indem es von der Gründung und Entwickelung des Hoftheaters zu Weimar, von jenen sechsundzwanzig Jahren Goethe'scher Theaterleitung Kunde giebt. Burkhardt macht uns in einer Einleitung mit der äusseren Geschichte jener Epoche bekannt, er berichtet, mit welchen Mitteln das Theater ausgestattet war, mit welchen Schwierigkeiten Goethe in so mancher Hinsicht zu kämpfen hatte, er schildert die Verhältnisse, unter denen das gewagte Unternehmen, in einer kleinen und armen Stadt ein Hoftheater zu schaffen, begründet und weitergeführt wurde; er hebt aus den Quellen die wissenswertesten Momente hervor und entwirft uns so in den Hauptzügen das Bild jener bedeutungsvollen Periode. Auf diese Einleitung folgt die Mitteilung des Spielverzeichnisses in doppelter Anordnung; in chronologischer und alphabetischer Reihenfolge finden wir die Orte, die Anzahl und die Daten der Aufführungen verzeichnet und diejenigen Stücke hervorgehoben, die bereits in dem Spielverzeichnis des Schauspieldirektors Bellomo, des unmittelbaren Vorgängers von Goethe, zu finden waren. So besitzen wir nun durch dieses sorgfältig und genau

*) Hamburg und Leipzig. Verlag von Leopold Vofs 1891. XXXVII, 152 S. 8°. Mk. 3,50.

gesammelte und gesichtete Material eine Handhabe, mit deren Hülfe wir den relativen, den historischen Wert der Goetheschen Theaterleitung sicher beurteilen können. Wir können nun feststellen, was Goethe für passend oder wert hielt, von seinen Vorgängern zu übernehmen, was er ausmerzte, was er neu hinzutat, was er seinen Nachfolgern vererbte.

Goethes Sparsamkeit und umsichtiges Haushalten lernen wir hier von neuem schätzen und bewundern. Bedenkt man, wie klein die Zahl seines Publikums in Weimar, Leipzig, Lauchstädt, Halle, Rudolstadt und Erfurt war, so. muss man staunen, dass er die 4809 Aufführungen, die unter seiner Leitung stattfanden, mit nur 600 Stücken zu ermöglichen vermochte; er wurde zu dieser Sparsamkeit durch die matte Produktion der zeitgenössischen Dramatik gezwungen. Das bequemste Mittel, diesem Mangel abzuhelfen, verschmähte Goethe, ich meine den Ausweg, durch massenhafte Übersetzungen aus der ausländischen Litteratur den Spielplan zu vergrössern. Unter den 465 Dramen (135 Opern sind von der Zahl 600 abzuziehen) waren nur 79 fremdländische Stücke und zwar: I griechisches, I dänisches, 4 spanische, 5 lateinische, 12 italienische, 20 englische und 36 französische Dramen; es kommt mithin ungefähr auf jedes sechste Stück (mit Ausschlufs der Oper) ein ausländisches Drama.

An und für sich haben diese Zahlen wenig Bedeutung. Wir werden aber sehen, das Goethe fast ausschliefslich nur die Grössten und Bedeutendsten des Auslandes auf seiner Bühne zu Worte kommen liefs, und dafs er bei unbedeutenden fremdländischen Stücken offenbar dem Wunsch derer nachgab, die hinter andern Hofbühnen nicht zurückbleiben wollten; denn wir werden bemerken, dafs Goethe derartige Stücke meist dann erst seinem Spielverzeichnis einverleibte, wenn sie anderorts bereits aufgeführt waren oder wenn der Name der Bearbeiter ihn dazu veranlafste. Ich lasse hier das Verzeichnis folgen. Manchen Stücken habe ich den Verfasser-Namen des Originals, der bei Burkhardt fehlt, beigesetzt.

I. Griechische Dramen.

Euripides, Jon. Frei nachgedichtet von Schlegel. Es fanden 6 Aufführungen von 1802-1803 statt. Am 2. Januar 1802 war die Erstaufführung in Weimar, am 15. Mai desselben Jahres ward das Stück in Berlin aufgeführt und erlebte bis 1811 3 Darstellungen. Eine Übersetzung ist das Stück freilich kaum zu nennen.

II. Lateinische Dramen.

Plautus, Das Gespenst; v. Einsiedel hat diese Übersetzung gemacht. Es fand nur eine Vorstellung 1807 statt.

do. Die Gefangenen. Vom 23. April 1806 bis 1809. 3 Aufführungen. In Berlin ward das Stück 1816 3 mal gegeben und zwar nach einer Bearbeitung von v. Einsiedel. So wird wohl auch der Weimarischen Aufführung die von Einsiedelsche Übersetzung zu Grunde gelegen haben*).

Terenz, Die Brüder. Übersetzung von v. Einsiedel.

1801-1807. In Berlin 1815-1830 40 mal.

15 mal

do. Der Heautontimorumenos v. Einsiedels Bearbeitung. 4 mal 1804-1805.

do. Die Mohrin. Übersetzung von v. Einsiedel. 4 mal 1803.

Bei dieser Erweckung des klassischen Altertums, an die sich Goethe erst nach 10 jähriger Übung wagte, ging Weimar dem Berliner Theater voran. Berlin machte erst 1815 mit den Brüdern des Terenz den Versuch, den Weimar 14 Jahre früher gewagt hatte; denn Schlegels Jon, der auch in Berlin 1802 gegeben wurde, ist kaum als ein Euripideisches Stück gemeint oder empfunden worden. Bemerkenswert ist es auch, dass die Weimarischen Bearbeitungen, die mit 1801 ihren Anfang nehmen, noch 1815 für Berlin**) massgebend sind.

III. Dänische Dramen.

Holberg, Der politische Kannengiesser. Einmal 1792. Es wird wohl die Übersetzung Dethardings zu Grunde gelegen haben. Dieser Versuch, der erste und letzte, wurde in Lauchstädt gewagt. Holberg wieder auf die Bühne zu bringen misslang allerorten (Vergl. Goedeke, Grundrifs1 II 1044).

IV. Spanische Dramen.

Honrado, Der edle Verbrecher. Einmal 1798. Ich irre vielleicht nicht, wenn ich annehme, dafs die Ifflandschen Stücke: Ver

*) Vgl. Ztschr. I, 91. Otto Francke, Über Goethes Versuch zu Anfang unseres Jahrhunderts die römischen Komiker Plautus und Terenz auf der Weimarischen Bühne heimisch zu machen.

**) Die Königlichen Theater in Berlin. Statistischer Rückblick von C. Schäffer und C. Hartmann. Berlin 1886. Diesem Buch sind die nachfolgenden Angaben über die Berliner Aufführungen sämmtlich entnommen.

Ztsch. f. vgl. Litt.-Gesch. u. Ren.-Litt. N. F. IV.

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brechen aus Ehrsucht, der Spieler etc. dieses 1796 von Leonini herausgegebene Drama auf die Weimarische Bühne brachten. Calderon, Der standhafte Prinz Don Fernando von Portugal. Bearbeitet von Schlegel. 11 mal 1811–1815.

do. Das Leben ein Traum. Bearbeitet von Riemer und v. Einsiedel. 11 mal 1812-1817. In Berlin nach Wests Bearbeitung 79 mal von 1815-1881.

do. Die grofse Zenobia. Übersetzt von Gries. 2 mal 1815. Also 1811 beginnt Calderon seinen Siegeseinzug zu halten, aber noch ist von der romantischen Calderon-Schwärmerei nicht viel zu spüren, wenn auch die in verhältnismäfsig kurzer Zeit stattgehabten 11 Wiederholungen des standhaften Prinzen und von Das Leben ein Traum" das Erwachen des Kultus' beweisen. Die grosse Zenobia, die doch chronologisch an dritter Stelle aufgeführt wurde, konnte nur zweimal gegeben werden. Freilich eignet sich die Griessche Übersetzung nicht sonderlich zur Aufführung.

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V. Italienische Dramen.

Monti, Cajus Gracchus. Trauerspiel in 5 Aufz. 1 mal 1810.
Pindemonte, Ginevra di Scozia. Übersetzung

3 Mal 1811.

von Meyer.

do. Pygmalion. Schauspiel in 1 Aufz. von Häser. 1 mal 1817. Goldoni, Der Krieg. Bearbeitet von Vulpius. 2 mal 1793.

do. Der Diener zweier Herren. Bearbeitet von Schröder. 19 mal 16. Oktober 1794-1814, Berlin 70 mal 18. September 1794-1837.

do. Der verstellte Kranke. I mal 1798.

do. Der Lügner. Bearbeitet von Ehrenfeld 3 mal 1808, Berlin bearbeitet von Grünfeld 4 mal 1803-1817.

do. Der gutherzige Polterer. Bearbeitet von Iffland.

1812, Berlin 41 mal 1811-1846.

Gozzi, Juliane von Lindorack.

Gotter. I mal 1791.

1 mal

Bearbeitet von Schröder und

do. Die glücklichen Bettler. 8 mal 1792--1797.

do. Die entwaffnete Rachgier. do. Turandot. Bearbeitet von

I mal 1793.

Schiller. 10 mal 30. Januar 1802-1812, Berlin 24 mal 5. April 1802-1860. Das italienische romantische Drama fand also eine bedeutendere Pflege, als das

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