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in der Absicht, sich in ein Kloster des Schwarzwaldes zurückzuziehen. Durch die Berufung seines Freundes Christoph von Udenheim in das Bischofsamt von Basel wurde Wimpfeling veranlasst, von diesem Plane abzustehen; aber zur Universität kehrte er nicht wieder zurück. Er war schon nicht mehr in Heidelberg, als die Universität 30. September die Erlaubnis zur Auswanderung wegen der Pest gewährte. U.-B. II, 65 nr. 587. Die Einberufung erfolgte erst am 4. Dezember 1502 für den 1. Januar 1503. Töpke I, 442 Anm. 6. Im August 1501 scheint sich Wimpfeling bereits in Strafsburg befunden zu haben, denn vom 9. August 1501 (V id. Sextil.) datiert die Praefatio zu Rabani Mauri de laudibus sanctae crucis (Ind. bibl. 62); am 28. August (V. kal. Sept.) wurde zu Strafsburg der Druck von Baptistae Mantuani duarum Parthenicarum libri mit dem Kommentar Sebastian Murrhos beendet, dessen Widmung an Johann von Dalburg aus Colmar vom 20. Januar 1494 datiert ist (Ind. bibl. 57 u. 203)*); am 29. August (IV kal. Sept.) wurde der Druck der Quaestiones Marsilii super quattuor libros sententiarum beendet (Ind. bibl. 56); vom 14. Oktober (pridie idus octobris) ist das Epistolare prohemium zur Germania ad rempublicam Argentinensem (Ind. bibl. 16); endlich datiert aus Strafsburg 16. November (XIV. cal. Dec.) der Brief an Jakob Sturm zur Declamatio Philippi Beroaldi de tribus fratribus, ebrioso, scortatore et lusore (Ind. bibl. 16).

Auf Wimpfelings akademisches Amt beziehen sich noch folgende Daten:

1501.

25. Oktober. Der Prof. der Theologie Pallas Spangel bittet die Universität, dem Mag. Jacob Wimpfeling einen Tausch zu gestatten, damit dieser sich von Heidelberg entfernen könne. Annal. Univ. III, 417 b. U.-B. II, 65 nr. 588.

9. November. Datum Altzei. Kurfürst Philipp spricht dem Verlangen Wimpfelings zustimmend den Wunsch aus, dafs dem Mag. Luwer von Heidelberg das durch den Weggang des Mag. Jakob von Schlettstatt erledigte Kanonikat am Heiliggeist gegeben werde. Annal. Univ. III, 418a. U.-B. II, 65 nr. 588.

Am Abend seines Lebens wurde Wimpfeling noch einmal in die Interessen der Universität Heidelberg gezogen. Im Jahre 1521 sprach er seine Gedanken über eine Reform der Universität aus, indem er an den kurfürstlichen Rat und Kanzler Dr. Florentius von Venningen eine Kritik der bisherigen akademischen Lehrmethode richtete und Vorschläge zu ihrer Besserung machte. Gedr. U.-B. I, 216 nr. 163, Knod, Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. N. F. I, 331. Vgl. U.-B. II, 72 nr. 713. Wilhelmshaven.

*) Am Ende dieses Werkes befindet sich ein Brief Wimpfelings, den er,Bonis Germaniae adolescentibus bonarumque litterarum studiosis' widmet. Er erscheint wie ein Abschiedsgrufs; er schliefst mit den Worten: Et omne studium vestrum ad animarum salutem deique gloriam inprimis reducite ac retorquete'.

BESPRECHUNGEN.

THEODOR THIEMANN:

Deutsche Kultur und Litteratur des 18. Jahrhunderts im Lichte der zeitgenössischen italienischen Kritik. Oppeln, Eugen Franck's Buchhandlung 1886. 151 S. 8o.

Die Aufgabe der vergleichenden Litteraturgeschichte ist eine dreifache: Sie kann 1. die verschiedenartige Behandlung desselben Stoffs, desselben geistigen Inhalts bei verschiedenen Völkern, bei verschiedenen Dichtern und zu verschiedenen Zeiten, 2. die Einwirkung der Litteratur eines Volkes auf die des andern und 3. die Beurteilung der Litteratur eines Volkes durch die Kritiker eines andern zum Objekte haben.

Von diesen Aufgaben wird Manchem die letzte wohl als die leichteste erscheinen; sie ist es aber nicht, da sie nicht blofs eine genaue Kenntnis der kritischen Litteratur des beurteilenden Volkes, sondern auch die Kenntnis des Nationalcharakters dieses Volkes erfordert, um zwischen dem, was geistiges Eigentum des einzelnen Kritikers und dem, was dem Gesamtcharakter seines Volkes und seiner Zeit entspricht, genau unterscheiden zu können.

Selbstverständlich ist auch eine genaue Kenntnis der kritisierten Litteratur und des Grades der Wertschätzung, den die einzelnen Werke in ihrem Heimatlande geniefsen, erforderlich, um an dieser gleichsam als unveränderlich angenommenen Gröfse den Wert des Kritikers messen zu können.

Lesen wir z. B. das Urteil eines französischen oder italienischen Kritikers über einen deutschen Dichter, über den auch in Deutschland die Meinungen weit auseinandergehen, so werden wir von der Urteilsfähigkeit des Kritikers keine vollkommen sichere Kenntnis gewinnen und ihn unwillkürlich höher oder geringer schätzen, je nachdem sein Urteil mit dem unserigen übereintrifft oder nicht. Haben wir aber den Kritiker einmal an seinem Urteile über Goethe oder Schiller gemessen, so können wir dann auch wissen, was für Wert sein Urteil über die dii minorum gentium hat. Selbstverständlich dispensiert uns eine solche „Aichung" nicht von der Pflicht, auch auf anderen Wegen die Kenntnisse und die Urteilsfähigkeit des Kritikers zu prüfen.

Von solchen Gesichtspunkten aus erscheint uns die dritte Aufgabe der vergleichenden Litteraturgeschichte gewissermassen als eine

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„Geschichte der litterarischen Kritik" in ihrer ganzen Schwierigkeit, aber auch in ihrem vollen Werte.

Einen kleinen höchst anerkennenswerten Beitrag zu dieser Geschichte hat Herr Dr. Thiemann mit dem in der Überschrift genannten Werkchen geliefert, von dem ich zu meinem Bedauern erst drei Jahre nach seinem Erscheinen Kenntnis erhalten habe. Ob das hübsche Werkchen „totgeschwiegen" wurde oder ob ich zufälligerweise die Kritiken und Anzeigen desselben übersehen habe, weifs ich nicht; jedenfalls können deren nur sehr wenige gewesen sein, denn eine gröfsere Zahl, wie deren mitunter an ganz wertlosen Werken aus Kameraderie verschwendet wird, hätte ich doch gewiss nicht übersehen. Sollte der Verfasser seine Aufgabe erweiternd einmal eine „Geschichte der Kritik" zu schreiben unternehmen, so möge er auch derartige Vorfälle nicht unbeachtet lassen.

Vorläufig wollen wir uns begnügen, ihm für seine kleine, aber von grofser Sachkenntnis und vielem Fleifse zeigende Arbeit Dank und Anerkennung auszusprechen.

„Die vorliegende Schrift bedarf keines langen Vorwortes; was sie will, sagt ihr Titel", sagt unser Autor in seinem kurzen Vorwort, und mit derselben Motivierung können wir sagen, dafs deren Anzeige keiner ausführlichen Inhaltsangabe bedarf. Eine solche wäre auch bei der gedrängten Darstellungsweise des Autors und dem Fehlen jeder Gliederung des Werkchens in Kapitel oder Abschnitte mit einiger Schwierigkeit verbunden und hätte für den Leser nur geringen Wert.

Es genüge zu sagen, dafs der Autor eine sehr kurze Übersicht der italienischen Beurteilungen deutscher Kulturverhältnisse vorausschickt und dann die einzelnen deutschen Schriftsteller von Canitz bis zu den Brüdern Schlegel von ihren italienischen Kritikern begleitet, vor uns vorüberziehen läfst, wobei er dem Artikel über Gellert einen Excurs über Friedrich den Grofsen und sein Verhältnis zur deutschen Litteratur folgen läfst.

Wir gewinnen durch diese Methode einen deutlichen Begriff von der Stellung jedes einzelnen deutschen Schriftstellers im Lichte der italienischen Kritik, müssen uns aber unser Urteil über die italienischen Kritiker aus vielen zerstreuten Bemerkungen und Zitaten erst zusammenstellen. Der Autor hätte sich ein besonderes Verdienst erworben, wenn er kurze Charakteristiken der italienischen Kritiker es sind deren nicht viele und eine Darstellung ihrer sonstigen schriftstellerischen Leistungen vorangeschickt hätte.

Zu den Einzelheiten des Werkes liefse sich hier und da noch Manches nachtragen.

So wäre zu der mangelhaften Anerkennung Goethes durch Denina, der ihn mit dem Exjesuiten Denis vergleicht, zu erwähnen gewesen, dass es damals an schiefen Urteilen über Goethe auch in Deutschland nicht fehlte.

Für das Verhältnis von Foscolos Jacopo Ortis zum Werther hat der Autor meinen am 9. September 1887 in der „Allgemeinen Zeitung"

erschienenen Artikel natürlich nicht benutzen können. Die vollständige Abhängigkeit Foscolos von Goethe unterliegt nunmehr keinem Zweifel und entfallen daher die Bemerkungen über das merkwürdige Zusammentreffen der beiden Dichter.

Zu dem Artikel über Leibnitz hätte A. v. Reumonts „Magliabechi, Muratori und Leibnitz" (Beiträge zur italienischen Geschichte Bd. III) benützt werden können.

Mit dem von Thiemann (S. 5) angeführten Urteil Grandis über den grofsen Philosophen und Historiker stimmt auch ein Ausspruch Muratoris überein: „Auch Leibnitz war ein grofser Mann; dennoch machte er leicht fremdes Gut zu dem seinigen, wenn er konnte“.

Das Wissen und den Geist des deutschen Historikers hat freilich auch sein italienischer Kollege gebührend anerkannt.

Zu den von Thiemann (S. 40) angeführten Urteilen über die deutsche Litteratur im Allgemeinen wäre noch eine eigentümliche Äufserung Papst Benedikts XIV. über die wissenschaftliche Litteratur von drei Völkern hinzuzufügen: „Die Franzosen können aus ein bischen Schwämmen durch verschiedene Zubereitung und allerlei Saucen die mannigfaltigsten Gerichte bereiten und uns ganz gewöhnliche Dinge für Raritäten ausgeben. Sie haben nicht einmal grofsen Vorrat von ordinären Dingen, aber sie wissen alles zierlich und geschmackvoll anzurichten. Die Deutschen haben genug Rebhühner, Fasanen und anderes Geflügel und tischen alles auf; aber sie vermischen das Gute mit dem Schlechten, häufen alles in Unordnung und ohne Methode auf.“

Ein drittes Volk weifs die besten und zuträglichsten Speisen. auszuwählen, sie in der besten Weise zuzubereiten und in der geschmackvollsten angenehmsten Weise aufzutischen. So waren einst unsere Italiener, so sind jetzt die Engländer*)".

S. 10 sagt Thiemann: „Das Castische Prima la musica poi le parole' kennzeichnet recht eigentlich den Charakter dieser voralfierischen Dramatik". Dies ist weder in Bezug auf die Sache noch in Bezug auf Casti richtig: Das italienische Musikdrama, als dessen vornehmster Repräsentant Metastasio gilt, legte auf Text, Musik und Ausstattung gleichen Wert und kann daher als Vorläufer und Vorbild der Werke Richard Wagners gelten.

Mit dem Tode Metastasios und dem Auftreten Alfieris vollzog sich die Scheidung in eigentliche Tragödien (la tragedia non canta) und in Operntexte.

Diese Umwandlung drückt Castis „Prima la musica e poi le parole aus. (Vergl. meine Italienische Litteratur am österreichischen Hofe", Wien 1879 S. 90.)

S. 31 übersetzt Thiemann bonne foi mit frommer Glauben“, es soll aber Ehrlichkeit und Redlichkeit bedeuten. Der Katholik, der

*) Schreiben vom 3. Juli 1756 an Kanonikus Peggi in herausgegeben von Franz Xaver Kraus, Freiburg 1884. Ztschr. f. vgl. Litt.-Gesch, u. Ren.-Litt. N. F. IV.

Briefe Benedikts XIV.",

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eben von den „sonderbaren Dogmen" der Herrnhuter spricht, wird doch nicht ihren Glauben loben.

Sonst haben wir an dem Werke Thiemanns nichts auszusetzen gefunden und können nur wünschen, er solle uns eine Fortsetzung geben, welche in gleicher Weise die deutsche Litteratur des 19. Jahrhunderts im Lichte der italienischen Kritik behandelt. Es wäre dies eine viel schwierigere, aber auch lohnendere und nützlichere Arbeit. Die Kritik eines Nachbarvolkes hat für die längstverstorbenen Schriftsteller keinen Nutzen, die Modernen könnten aber manches daraus lernen, mehr als von der nicht immer unparteiischen Kritik ihrer Landsleute.

Wien.

Marcus Landau.

ALFRED BIESE: Das Associationsprinzip und der Anthopromorphismus in der Ästhetik, ein Beitrag zur Ästhetik des Naturschönen. (Kieler Programmabhandlung.) Leipzig 1890. Kommissionsverlag von G. Fock. 34 S. 4°.

Der durch seine Darstellung der Entwickelung des Naturgefühles rühmlich bekannte Verfasser hat in einer früheren Abhandlung in dieser Zeitschrift, die sodann auch selbständig erschienen ist*): Das Metaphorische in der dichterischen Phantasie" überzeugend nachgewiesen, dafs die Metapher nicht nur ein Zierrat der Rede ist, sondern der deutlichste Ausdruck der Umbildung der Wirklichkeit, wie sie sich in der dichterischen Phantasie vollzieht, da sie eine der primären Grundformen unseres menschlichen Denkens überhaupt sei. In dieser neuen Abhandlung will Biese den Problemen der Tätigkeit der dichterischen Phantasie noch näher kommen. Er schliefst sich zunächst an Fechner an, welcher als das Wesenselement aller Kunst und somit als den obersten Grundsatz der Ästhetik, aus welchem Alles abzuleiten sei, die Association der Vorstellungen gesetzt hat, d. h., jene Tätigkeit der menschlichen Einbildungskraft, durch welche ein sinnlicher Eindruck alles das wachruft, was wir je bezüglich des ihm zu Grunde liegenden Dinges und selbst verwandter Dinge äusserlich und innerlich erfahren, gehört, gelesen, gedacht, gelernt haben. Die Association beruht also auf der Erinnerung. Da nun aber der Mensch seine Erinnerung am meisten mit dem füllt, was er selbst oder seines Gleichen erlebt, so mufs auch dieses menschliche Element eine Hauptrolle bei den Associationen spielen, so dafs „die Poesie einen Hauptvorteil darin findet, das natürliche Objekt, Verhältnis, Geschehen geradezu in ein menschliches zu übersetzen". Biese sieht aber in dieser Tatsache nicht mehr eine blofse Association, sondern, indem er umgekehrt das menschliche Geschehen in das Objekt ein

Berlin 1889, Druck und Verlag von A. Haack. 35 S. 8°.

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