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Und noch im hohen Alter wurde Goethe von der Zauberkraft Elgersburg's und seines wildromantischen Felsenthales angezogen. So unternahm er am 28. August 1831, zur Feier

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seines 82. und letzten Geburtstages, mit seinen beiden Enkeln und den Herren v. Fritsch und Mahr von Ilmenau aus eine Fahrt in dieses Thal. Die Gesellschaft traf in zwei Chaisen gegen 8 Uhr Morgens ein. In sein Tagebuch hat er folgende Bemerkung niedergeschrieben:

,,Wir fuhren auf die Massenmühle (Körnbach), welche zwischen Felsen ein allerliebstes Bildchen macht. Auch wurde auf dem Wege dahin der Wiederschein des Schlosses nicht versäumt."

In das Fremdenbuch, welches seit 1816 in der Massenmühle ausgelegt ist, hat auch Goethe seinen Namen (J. W. Goethe von Weimar d. 28. August 1831") in deutschen Schriftzügen eingetragen; darunter befindet sich derjenige des Herrn v. Fritsch. Herr Mahr, der bei dieser Gelegenheit

* Ein Sohn desselben, Herr Bergmeister a. D. Mahr lebt noch heutigen Tags in Ilmenau.

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aus Zurückhaltung nicht mitunterzeichnete, hat seinen Namen auf Veranlassung des damaligen Besizers der Mühle, Christian Arnoldi, erst später hinzugefügt. Das Album wird gegenwärtig in der Privatwoh

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man den Namen

Goethe in goldenen

Buchstaben prangen. (,,Goethefelsen".)

Goethe's Vorgefühl eines baldigen Todes trügte nicht: schon im nächsten Frühling, als die Wiesen zu grünen

Der Körnbachgrund mit der Massenmühle. anfingen und die Vögel im Tannenwalde auf dem Kickelhahn den Glanz der Luft begrüßten, schlossen sich seine Augen für immer. Bereits am 16. März 1832 fing er an zu kränkeln. Ein Brief an W. v. Humboldt vom 17. März war seine lette Zuschrift, einige Verse in das Stammbuch des ältesten Sohnes der am 4. April 1785 zu Frankfurt a. M. geborenen Bettina Brentano, verehelichten v. Arnim, seiner excentrischen, ihn abgöttisch verehrenden Freundin, seine letzte Dichtergabe. Am 22. März 1832, an einem Donnerstage, Vormittags 11, Uhr, entschlummerte er sanft zu Weimar in seinem Lehnstuhle, 82

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Jahre 6 Monate 25 Tage alt. Als Todesursache wird ein ,,Stickfluß in Folge eines nervös gewordenen Katarrhalfiebers" angegeben. Sein lehtes Wort war: „Mehr Licht!" Schön sagt J. W. Schaefer: „Dieser Ausruf eines Sterbenden erhält eine sinnvolle Bedeutung für einen Genius, dem das Streben nach Licht und Wahrheit Eins mit seinem Dasein war, dem noch kurz vor seiner irdischen Vollendung neue Gedanken aufzugehen schienen, um derentwillen es sich lohne, das Leben noch einmal von vorn anzufangen.“

Treu wurde das Goethehäuschen auf dem Kickelhahn behütet, denn

„Die Stätte, die ein guter Mensch betrat,
Ist eingeweiht; nach hundert Jahren klingt
Sein Wort und seine That dem Enkel wieder."
(Torquato Taffo, I. 1.)

Ein Kranz von Immergrün bezeichnete dem Fremden die Stelle, wo die Worte des großen Sängers standen. —

Beethoven äußerte sich einst dahin, Goethe's Lieder drängten ihn zum Komponiren, sie trügen ihre Melodie in

* Die Anzeige von Goethe's Tod, welche die Schwiegertochter Frau v. Goethe an die Freunde des Hauses s. 3. versendete, ist in lateinischem Druck ausgeführt, mit Trauerrand versehen und hat folgenden Wortlaut:

,,Gestern Vormittags halb Zwölf Uhr starb mein geliebter Schwiegervater, der Großherzogl. Sächsische wirkliche Geheime-Rath und Staatsminister

Johann Wolfgang von Goethe,

nach kurzem Krankseyn, am Stickfluß in Folge eines nervös gewordenen Katharrhalfiebers.

Geisteskräftig und liebevoll bis zum lezten Hauche, schied er von uns im drei und achtzigsten Lebensjahre.

Weimar, 23. März 1832.

Ottilie, von Goethe, geb. von Pogwisch,

zugleich im Namen meiner drei Kinder, Walther, Wolf und Alma von Goethe.“

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sich. Wie zutreffend diese Bemerkung z. B. in Bezug auf ,,Wand'rers Nachtlied" ist, erhellt aus der Reihe von Melodien, in welche dasselbe von den verschiedensten Komponisten gekleidet worden ist, nämlich u. A. von:

1) K. Fr. Zelter (Neue Liedersammlung 1821. S. 20. „Ruhe").

2) Fr. Liszt (für eine Singstimme).

3) Fr. Schubert (für eine Singstimme, op. 96). 4) A. Rubinstein (für zwei Singstimmen, Duett). Tert von Lermontoff nach Goethe:

„Aller Berge Gipfel

Ruh'n in dunkler Nacht,

Aller Bäume Wipfel

Ruh'n, kein Vöglein wacht;

Rauscht kein Blatt im Walde,

Ueberall ist Ruh',

Warte Wand'rer, balde,

Balde ruhst auch Du.“

5) Rob. Radece (geb. 1830 zu Dittmannsdorf in Schlesien, jetzt Königl. Hof-Kapellmeister in Berlin) — op. 27, Terzett.

6) Friedr. Kuhlau (geb. 1786 zu Uelzen im Lüneburgischen, gest. 1832 zu Kopenhagen). Er hat zu dem Abendliede nach einer von Johannes Falk (1768-1826, Legations-rath in Weimar, Begründer des daselbst noch jezt bestehenden „Falk'schen Instituts" für verwahrloste Kinder) bewirkten textlichen Erweiterung eine zarte, ergreifende Melodie (für Männerquartett) geschrieben, die Gemeingut des Volkes geworden ist und noch jest in den Thüringischen Schulen viel gesungen wird.

7) Franz Xaver Schnyder v. Wartenfee (geb. 1786 zu Luzern, gest. 1868 zu Frankfurt a. M.) — Männerquartett. 8) Rob. Wittmann (geb. 1804 zu Dresden, seit 1839 in Leipzig wohnhaft) Männerquartett.

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Der vorhin erwähnte Falk'sche Text lautet:

1. Unter allen Wipfeln ist Ruh';

In allen Zweigen hörest Du
Keinen Laut!

Die Vöglein schlafen im Walde,
Warte nur, warte nur, balde,
Balde schläfft auch Du!

2. Unter allen Monden ist Plag";
Und alle Jahr und alle Tag

Jammerbrut!

Das Laub verwelkt in dem Walde,
Warte nur, warte nur, balde,
Balde welkst auch Du!

3. Unter allen Sternen ist Ruh';
In allen Himmeln hörest Du
Harfenlaut!

Die Eng'lein spielen, das schallte:
Warte nur, warte nur, balde,

Balde spielst auch Du!"

Vers 1 soll von Goethe herrühren und die ursprüngliche Gestalt des Nachtliedes darstellen; der 2. und 3. Vers beide übri= gens Machwerke von fragwürdigem Inhalt sind von Falk hinzugedichtet worden.

Eine zweite, ebenfalls ältere Fassung des Liedes lautet: ,,Ueber allen Gipfeln

Ist Ruh'!

In allen Wipfeln

Hörest Du

Keinen Laut!

Die Vögelein schlafen im Walde,

Warte nur, balde, balde

Schläfft auch Du!"

In den Ausgaben Goethe'scher Gedichte sind diese beiden Vorläufer des Abendliedes nicht enthalten.

Der Umstand, daß von dem eigentlichen Nachtliede ältere, der Form nach weniger vollkommene Lesarten im Umlauf sind,

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