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Viertes Buch.

Das Identitätssystem.

§. 29.

Kritik der Wissenschaftslehre und Uebergang.

ich die Wissenschaftslehre über den Kriticismus sgegangen ist, indem sie die von ihm postulirten quenzen zieht, und die Aufgaben der neuern PhiLe vollständiger löst als er, so ist doch auch sie is hinter ihren eignen Forderungen, theils selbst hinder ersten jener Aufgaben zurückgeblieben. Beide angel haben darin ihren Grund, dass es für sie nichts beres gibt als das Selbstbewusstseyn. Das Gefühl eser Einseitigkeit lässt nach einer Ergänzung derselsachen, wobei eine Annäherung an Spinoza nicht machen kann. Was Fichte selbst in seiner veraderten Lehre gethan hat, zeigt sich in eigenthümer Weise bei dem, vom Schlegel'schen Standpunkt angenen, Schleiermacher. Ihre Stelle ist aber zwischen der Wissenschaftslehre und einem Syvon dem sie beide Anregungen empfangen fraben, aber weiter geht als beide, dem von Schelling stellten Identitätssystem.

L. Wenn die Rechtfertigung eines philosophischen Syder die positive Seite seiner Kritik darin besteht, zeigt wird, wie es das ihm vorhergegangene corrigirt, zunächst eine Vergleichung der Wissenschaftslehre &em Kriticismus nothwendig. Beide haben nun zunächst sgemein, dass sie als Aufgabe der Philosophie fest

dieselbe müsse nur transscendentale Untersuchungen a. d. h. auf eine Betrachtung dessen sich beschränken, At das Gemüth, Fichte das Ich nennt. Weil wir aus dem Ich heraustreten können, deswegen sollen

wir in unsern Untersuchungen auch nicht aus ihm herau treten wollen. Der grosse Unterschied aber zwischen b den besteht in der Art wie beide diesen ihnen gemeinschaf lichen Gegenstand fassen. Am kürzesten wird er so ausg sprochen: Kant fasst, wie Reinhold dies richtig erkannt das Gemüth oder das Ich als Bewusstseyn, Fichte Selbstbewusstseyn, wenn man nämlich mit dem erst Wort das Ich bezeichnet wie es sich auf das Object auf ein Wesentliches bezieht das es sich muss gefallen lasse während es Selbstbewusstseyn ist wo es sich auf dassel als auf Unwesentliches bezieht, das vielmehr vom Ich si Alles muss gefallen lassen. Nur eine nothwendige Fol dieser verschiedenen Fassung ist es, wenn der Kriticism die Erkenntniss durch ein Gegebnes (Materie der Empt dung, Stoff) bedingt seyn lässt, und wenn auch die Geset nach welchen das Gemüth jenen Stoff empfängt und umbil (Denkgesetze, Kategorien) vorgefundene, gegebene si während die Wissenschaftslehre von einem solchen Resp gegen irgend etwas Gegebnes das als an sich Seyendes g gar nichts weiss. Vielmehr ist ihr jener sogenannte S nur für das Ich da, er ist nicht als ein an sich Sey des zu respectiren, sondern vielmehr als blosses Mater oder blosse Schranke für uns, zu durchbrechen. Eben sind auch Raum und Zeit und sind die Denkgesetze Kategorien nur Weisen des Handelns, welches allein Wesen des Selbstbewusstseyns ausmacht. Die drei Grundsätze enthalten nach seiner ausdrücklichen Erklärung drei Kategorien der Qualität. Den Begriff der Theilbark hat er selbst mit der Quantitabilität identificirt, so dass also ihm Kant's Kategorie der Quantität liege, welche der Wechselbestimmung vorausgesetzt werde. Endlich s er ja selbst ausdrücklich die Wechselbestimmung gebe Kategorie der Relation, und in den drei Synthesen D. E. §. 26. 2. 3. 4.) sind wirklich Kant's Kategorien e halten. - Dieser Unterschied würde nur berechtigen sagen, dass die Wissenschaftslehre ein andrer, nicht d sie ein höherer Standpunkt sey, als der Kriticismus, w nicht nachgewiesen werden könnte, dass es richtiger jenes,, Gemüth oder Ich" als Selbstbewusstseyn zu fass als dabei stehn zu bleiben, dass es Bewusstseyn Dieser Beweis wird erstlich in der Psychologie gegeben, ind sie zeigt, dass das Selbstbewusstseyn die Wahrheit des wusstseyns, oder dass dieses nur ein Moment ist in jen Man braucht aber zweitens hier gar nicht zu einem Lem aus der Psychologie seine Zuflucht zu nehmen, und dennoch beweisen dass der Uebergang vom Kriticismus Wissenschaftslehre nicht nur eine Veränderung sondern

ers

Fortschritt ist. Dies ergibt sich nämlich daraus dass schon Ked, namentlich an den Punkten die er selbst für die wichSten erklärt, vom blossen Bewusstseyn zum SelbstbewusstHe fortzuschreiten versucht, ein Versuch freilich, der ihm

ganz gelingt und der ihn in Widersprüche verwickelt, welche die Wissenschaftslehre glücklich vermeidet. Kant st das Gemüth" afficirt werden, und nennt selbst dieses airte Gemüth empirisches Bewusstseyn. Von diesem unterscheidet er nun als seinen eigentlichen Grund und als wahres Fundament das was er die reine Apperception, gar manchmal ausdrücklich das Selbstbewusstseyn nennt, wes nicht afficirt werde, sondern vielmehr reine Thät, welches sich schaffend sey (s. §. 5. p. 76). Heisst detwas Anderes als: im Grunde sey, oder tiefer In seinem Fundament) betrachtet sey das Bewusstseyn das, nur seine Beschaffenheit, sondern sein eignes Seyn whande Ich? Was bei Kant so nur angedeutet ist, damit

Fichte Ernst. Er betrachtet das Bewusstseyn nur Geser tiefern Weise, und entwickelt nur was es im Gede, nicht was es auf der Oberfläche ist oder als was scheint. Noch näher tritt Kant diesem Resultat dort, er die theoretische und praktische Vernunft vergleicht, denen eigentlich in höherer Potenz sich der Gegensatz ichen empirischem und transscendentalem Ich wiederholt. steht zu, dass die praktische Vernunft den Primat habe, latet dabei, es gebe nicht zwei Vernünfte, sondern nur Veft, was heisst nun dies wieder anders als

Vernunft primo loco praktisch, und ihr theoretide Verhalten das secundäre, durch jenes gesetzte, sey? alen können jene Sätze eigentlich festgehalten werden, de macht die Wissenschaftslehre mit ihnen Ernst, und ten sie zeigt wie das Ich durch seine eigne Thätigkeit

sches Ich wird, ist sie nur die consequente Durcheng jener Kantischen Behauptungen. Eben deswegen weil der Kriticismus jene Sätze zwar ausspricht, aber

sequent festhält, eben deswegen erscheint bei ihm Te so schwankend, dass wie Reinhold auf der einen nd seine Gegner auf der andern Seite gezeigt haben, ganz gesetzte Ansichten sich bona fide auf ihn berufen Daher kommt es ferner, dass bei Kant Sätze Merkammen, welche, weil sie die spätern Consequenzen an, den Leser stutzig machen, und bewirkt haben feier der bestimmtesten und darum klarsten Denker

igfach missverstanden worden ist, oder als unverach bezeichnet werden konnte. Alle diese ZweideuSaber verschwindet bei Fichte und trotz dem dass Entersuchungen schwieriger sind als die Kantischen,

sind sie weniger dem Missverständniss ausgesetzt. Ja, ma che Partien des Kantischen Werks sind eigentlich nur verstehn, d. h. in ihrer Einheit und ihrem Zusammenhan zu begreifen, wenn man sich auf Fichte's Standpunkt ste Ein schlagendes Beispiel für diese Behauptung bietet Kan Betrachtung der Vernunft, im Gegensatz gegen d Verstand. Diese soll nur mit Ideen, d. h. regulativ Principien zu thun haben, darum soll auch das Unbeding als die höchste Idee ein Problem, d. h. eine Aufgabe se Natürlich werden die drei Ideen, oder besser die eine I des Unbedingten, nicht drei Behauptungen sondern drei R geln geben, welche etwa so ausgesprochen werden müsste Sey frei, mache dich unsterblich, realisire das höchste G Alle drei würden dem zu Folge nur sagen was seyn so ganz dem gemäss, dass die Vernunft nach Kant's ausdrü licher Erklärung nicht von immanentem sondern transsc dentem Gebrauch ist, d. h. dass ihr Gebiet jenseits al Seyns liegt. Kant aber zieht diese Consequenzen nicht v standig, daher wird ihm aus der Aufgabe des Unsterbli seyns ein Gegenstand der Hoffnung oder ein wahrsche licher Lehrsatz das Problem wird zu einem Theorem, aus der Freiheit die ein Postulat war und bleiben muss wird sogar ein scibile d. h. eigentlich eine Erscheinu Was Wunder wenn sich daran die Lehre knüpfte, d alles dieses (nur auf andere, unmittelbare Weise) wusst werde, und anstatt der kritischen Arbeit die Th sachen des Bewusstseyns sich geltend machten! Am al Meisten hatte sich Kant gescheut alle Consequenzen ziehn bei der Betrachtung der theologischen Idee. Es gewiss kein Zufall dass Kant der im System der Gru sätze des reinen Verstandes Axiome und Postulate so str von einander schied, dass dieser das Daseyn Gottes Postulat (und nicht ein Axiom) nannte. Dies he nichts Anderes als was Fichte deutlicher so aussprach: G ist eine Forderung, seine Realität ist unsere Erfüllung d selben. Oder aber, den Glauben an Gott der praktisch Vernunft vindiciren wie Kant dies gethan hatte, heisst ni Andres als Gott zu einem Kanon der Praxis machen. thut Fichte, dem daher der Glaube durchaus nicht (theoretisches) Fürwahrhalten ist, sondern vielmehr des Erfolges gewisses Wollen. So nahe nun Kant an a dieses heranstreift, so tritt er doch vor diesen Consequ zen zurück, und durch neue Distinctionen macht endlich möglich, dass viele seiner Anhänger nichts Pra sches in dem Glauben lassen, als höchstens dies dass er s auf ein praktisches Bedürfniss stütze, eine Auffassung der des grössten deutschen Philosophen Werk nichts, wäre

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