Page images
PDF
EPUB
[merged small][merged small][ocr errors]

Un amateur du jardinage
Demi-bourgeois, demi-manant,
Possédait en certain village

Un jardin assez propre, et le clos attenant.
Il avait de plant vif fermé cette étendue:
Là croissait à plaisir l'oseille et la laitue,

De quoi faire à Margot pour sa fête un bouquet,

Peu de jasmin d'Espagne et force serpolet.

Im Auge des Herrn IV. 22, wie lebendig und zugleich sachkundig die ganze Beschreibung des Stalles, worin der arme Hirsch versteckt ist:

Là-dessus le maître entre, et vient faire sa ronde.
Qu'est ceci? dit-il à son monde,

Je trouve bien peu d'herbe en tous ces râteliers.
Cette litière est vieille, allez vite aux greniers;
Je veux voir désormais vos bêtes mieux soignées.
Que coûte-t-il d'ôter toutes ces araignées?
Ne saurait-on ranger ces jougs et ces colliers?
Phädrus begnügt sich mit zwei Linien :

Cur frondis parum est, stramenta desunt?
Tollere haec aranea quantum est laboris?

Man fühlt es den lieblichen Gedichten an, dass Lafontaine wie Virgil, wie Theokrit, in und mit der Natur lebt, er hat das Verständniss derselben, er versteht die geheimnissvollen Stimmen der Fluren und Wälder, er kennt die Thiere, liebt sie, er lebt gleichsam mitten unter ihnen, weiss alle ihre Sitten und Gebräuche, Tugenden und Untugenden. Nicht nur die Thiere und Pflanzen, auch die leblose Welt wird getreuer Beobachtung gewürdigt:

J'ai fait parler le loup et répondre l'agneau.

J'ai passé plus avant; les arbres et les plantes
Sont devenus chez moi créatures parlantes. *)

und anderswo

... faisant de cet ouvrage

Une ample comédie à cent actes divers,
Et dont la scène est l'univers. **)

*) Fabeln II. 1.

**) ibid V. 1.

Und nicht die unbewusste Natur allein, auch gewisse beschränkte und einfache Zustände des menschlichen Lebens zieht er in seinen Bereich, wie denn überhaupt unter der Maske der Thierwelt überall das Menschliche hervorleuchtet:

Tout parle en mon ouvrage, et même les poissons:

Ce qu'ils disent s'adresse à tous tant que nous sommes. Je me sers d'animaux pour instruire les hommes. *) Den Gemälden und Erzählungen gibt nun das dramatische Element ein eigenthümliches Interesse. Die Thiere leben in denselben Einrichtungen wie die Menschen: da ist der Löwe, der König, oder der Sultan Leopard, um ihn herum sein Hof mit den Ministern, Veziren, Kammerherren, Dienern und Gefolge in derselben Abstufung nach Rang und Würden, wie bei den Menschen; dieselben Leidenschaften, dasselbe Ringen nach Ehre und Reichthum; Liebe und Hass, Neid und Gunst. Und alle diese Geschöpfe bewegen sich, reden und denken wie die Menschen. Und wie gesagt spielt der Dialog in allen Fabeln eine hauptsächliche Rolle. Und wie naturgetreu, wie wahr sich eines Jeden Charakter in seiner Redeweise ausdrückt! Hört man nicht den wirklichen Lakaien, die echte Bedientenseele, der ein gutes Leben über Alles geht, in dem fetten Hunde, der dem mageren, aber in Freiheit lebenden Wolfe begegnet: Das hängt ja nur von dir ab, so fett zu werden wie ich. Verlass deine Wälder, das ist das Gescheiteste was du thun kannst. Deinesgleichen lebt ja erbärmlich, du bist ein armer Schlucker, ein Bettler, ein armer Teufel, der Hungers stirbt. Ihr alle habt ja nichts Gewisses, keinen sichern Bissen. Alles müsst ihr euch schwer erkämpfen! Komm mit mir, da wirst du ein besseres Leben haben."**) Mit welchem feierlich ernstem Tone, in dem aber unverkennbar die Selbstgerechtigkeit des Heuchlers durchschimmert, bespricht der Löwe in der Versammlung der Thiere die Ursachen der Pest: „Meine lieben Freunde, ich glaube, dass der Himmel dieses Unheil wegen unserer Sünden verhängt hat." Nur das Blut des Schuldigsten kann die Götter besänftigen. Wer ist nun aber der Schuldigste?

"Prolog zum ersten Buche.

**) I. 5.

Der König beginnt die Beichte: „Was mich betrifft, so habe ich, um meinen grossen Hunger zu beschwichtigen, manches Schaf aufgefressen. Was hatten sie mir gethan? Nichts. Ja, es ist mir sogar begegnet, den Hirten zu fressen. Ich werde mich also aufopfern, wenn es sein muss, aber ich denke, es ist gut, dass sich ein Jeder beschuldige; denn es ist billig, dass der Schuldigste umkomme!" Wie treffend dieses Aber! Kann man die Straflosigkeit, welche Rang und Stellung verleihen, beissender geisseln? Und wie vortrefflich die allerunterthänigsten Entschuldigungen und Beschönigungen der königlichen Sünden aus dem Munde des erzschelmischen Fuchses, der sich damit nicht nur in die Gunst des Königs einschmeichelt, sondern auch noch seine eigenen Vergehen verdeckt, nach welchen dann in der That auch gar nicht mehr gefragt wird.

Mit Recht hat Vinet als einen besonderen Reiz der Lafontaineschen Poesie hervorgehoben, wie sich das Ernsthafte und Erhabene so natürlich und ungezwungen mit dem Scherzhaften und Komischen vermischt. Ferner geht Lafontaine nicht geraden Weges auf sein. Ziel los; er spaziert umher, hält sich unterwegs auf, wo es etwas zu bemerken gibt. Und überall, welches auch der Gegenstand seiner Betrachtung sein mag, identifizirt er sich mit demselben, und nimmt vermöge seiner dichterischen Empfindung, nicht nur unsere ganze Aufmerksamkeit, sondern auch unser Wohlwollen oder Mitleid in Anspruch und gewinnt unser Herz. Bei seiner Objectivität bleibt er aber weit entfernt von der krankhaften Gefühlsschwärmerei, welche der Anblick der Natur in so manchen Dichtern unserer Zeit erzeugt. Bei ihm wird zum Beispiel der Baum ein Wesen, das lebt und Gefühl hat, und so unwahrscheinlich dies erscheinen mag, so natürlich und wahr weiss er es darzustellen. Wir erinnern an die Fabel vom Manne und der Natter, wo der Baum als Schiedsrichter aufgerufen wird, nachdem der Mann die Anklagen der Kuh und des Ochsen über der Menschen Undankbarkeit hat anhören müssen. ,,Weit schlimmer wurde es noch, als man den Baum zum Richter anrief. Er diente als Zufluchtsort gegen Hitze, Regen und Sturmwind. Für den Menschen allein ziert er Gärten und Felder. Der Schatten ist nicht die einzige Wohlthat, die er erweist. Er bricht unter der Last der Früchte.

Allein zum Lohne haut ihn ein Bauer um; das ist der Dank, obschon er das ganze Jahr hindurch uns freigebig Blumen im Frühling, Früchte im Herbst, Schatten im Sommer spendet, und des Winters den häuslichen Herd erhellt."

Aus dieser Identifizirung entspringt Lafontaines Naivität. In Esel und Hund: „Man soll sich gegenseitig helfen; das ist Gesetz der Natur. Der Esel jedoch spottete einst darüber, und ich weiss nicht, wie er dazu kam, denn er ist sonst ein gutes Geschöpf." In der Fabel vom Raben, der den Adler spielen will, stürzt sich der Rabe auf das Schaf, aber, „das wolletragende Thier wog schwerer als ein Käse, und dazu war sein Vliess von ausserordentlicher Dicke und wie Polyphems Bart struppig und verworren." Häufig wird die Naivität etwas boshaft, wie in der bereits angeführten Fabel von der Natter: Bei diesen Worten wurde das schlechte Geschöpf ergriffen, ich meine die Natter, und nicht den Mann, man könnte sich leicht irren." Man müsste eigentlich ganze Fabeln anführen, um den gutmüthigen Humor unseres Dichters in sein wahres Licht zu stellen. In der siebenten Fabel des achten Buches: Wie sonderbar! Den Hunden bringt man die Mässigkeit bei, aber den Menschen nicht!" Andere Beispiele VIII. 8. 13. 22; VIL. 5. 15; IX. 1. 7; III. 1; IV. 22.

Betrachten wir die verschiedenen Bücher ihrem allgemeinen Inhalte und Werthe nach, so lässt sich ein gewisser Unterschied nicht verkennen. Das erste Buch namentlich enthält meistentheils die eigentliche Fabel in ihrer Einfachheit und mit der nicht undeutlich hervortretenden lehrhaften Tendenz: die Grille, der Rabe und der Käse, der Frosch, die Stadtmaus und die Landmaus, der Wolf und das Lamm, u. s. w. Die letzte Fabel Eiche und Schilfrohr" ist schon in der Art der folgenden grösseren Charakterbilder. Im zweiten und dritten Buche gewinnen die Fabeln an Ausdehnung, und vom vierten bis zum zwölften finden wir die wahren Meisterwerke: die pestkranken Thiere, die Kutsche und die Fliege, die Milchfrau, der Pfaffe und der Todte, die Natter. Von hoher moralischer Schönheit ist der Hirte und der König. Der Greis und die drei Jünglinge ist von tragischer Wirkung, der Schuhflicker und der Bankier einer Molière'schen Komödie würdig. Der

Bauer von der Donau ist eine Erzählung voll geschichtlicher und politischer Beredtsamkeit. Tircis und Amarant, die zwei Tauben sind elegische Gedichte voll Empfindung, und stehen derjenigen an die Nymphen von Vaux in nichts nach. Wie tiefgefühlt ist in den zwei Freunden das Lob der Freundschaft:

qu'un ami véritable est une douce chose!

Il cherche vos besoins au fond de votre coeur.

Der neckische Kobold, der sonst gern hinter den Blumen hervorschaut, um schelmisch zu lachen, verschwindet hier ganz, um wahrer Empfindung herzliche Worte zu leihen.

Es lässt sich freilich nicht leugnen, dass sich hier und da Ungleichheiten vorfinden: die Digressionen werden etwa zu lang, so dass der Grundgedanke sich am Ende gleichsam im Sande verläuft, wie in VII. 18. Namentlich scheinen uns jene grösseren philosophischen Fabeln, wie diejenige, wo er den Cartesischen Ausspruch über den Instinct der Thiere bekämpft, X. 1, verfehlt zu sein, indem es ihnen sowohl an wissenschaftlicher Methode, auf die sie gewissermassen Anspruch machen, als an poetischem Reiz gebricht. Manchmal streift die Naivität, an Trivialität, wie in Müller und Esel III. 1, oder der Gegenstand ist ohne Bedeutung: IX. 10, unklar wie IX. 3, Affe und Leopard, abgeschmackt wie XI. 9, Eule. und Mäuse, wo Lafontaine eine absurde Fabel für Wahrheit nimmt. Die Fabel XII. 19, vom Affen der seine Frau prügelt, hat gar keinen Sinn; sie müsste denn, wie Vinet vermuthet, eine Anspielung auf eine damals bekannte Persönlichkeit sein.

[ocr errors]

Wie unerheblich sind indessen diese Fehler, wenn man die grosse Zahl der übrigen Fabeln betrachtet, worunter eine ganze Reihe der herrlichsten Poesiestücke hervorleuchtet! Will man sich durch das Mittel der Vergleichung von Lafontaines dichterischer Originalität noch mehr überzeugen, so stelle man ihn Florian gegenüber, seinem um ein Jahrhundert jüngeren Nacheiferer in der Fabeldichtung. Von Florians Fabeln sind unzählige Ausgaben erschienen; sie waren zu seiner Zeit und sind auch heute noch ein sehr populäres Buch; und als er im Jahre 1786 in die Akademie aufgenommen wurde, erklärte man ihn sogar für den ebenbürtigen Nebenbuhler Lafontaines.

« PreviousContinue »