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BAILLY.

JEAN-SYLVAIN BAILLY wurde den 15. September 1736 zu Paris geboren. Sein Vater, Aufseher der Gemälde des Königs, wünschte, dafs er Maler werden möchte; aber seine Neigung führte ihn zur Literatur und zur Astronomie. In der Vorliebe für die letztere bestärkte ihn der Umgang mit dem Abbé de Lacaille, unter dessen Augen er eine Reihe Mondbeobachtungen anstellte und berechnete, die er 1762 der Académie des Sciences vorlegte, wofür ihn diese 1763 nach seines berühmten Lehrers und Freundes Tode zum Mitgliede ernanntë. In eben diesem Jahr gab er Lacaille's Beobachtungen von 515 Zodiakalsternen heraus, die er reducirt hatte. 1764 veranlasste ihn ein von der Akademie ausgesetzter Preis, eine grofse Arbeit über die Jupiterstrabanten zu unternehmen. Als Mitglied konnte er sich nicht um denselben bewerben (Lagrange gewann ihn); aber er machte seine nicht unverdienstliche Arbeit, die zugleich eine Geschichte dieses Theils der Astronomie enthält, dennoch bekannt, unter dem Titel: Essai sur la théorie des satellites de Jupiter, suivi des tables de leurs mouvemens déduits du principe de la gravitation universelle, avec les tables de Jupiter par M. Jeanrat, Paris 1766, 4. Seine wichtigste Arbeit im Gebiete der beobachtenden Astronomie ist die in den Mémoires der Akademie vom Jahr 1771 gedruckte Abhandlung über das Licht der Jupiterstrabanten, über ihre Durchmesser und über die Kraft der Fernröhre. Seine Erholungsstunden waren der Literatur und Philosophie gewidmet. Eine Frucht davon waren die Lobschriften auf Carl V, Molière, Corneille, den Abbé de Lacaille und Leibnitz, die 1770 zu Paris in 8. vereint erschienen. Die beiden ersten hatten eine ehrenvolle Anerkennung von Seiten der französischen Akademie, die dritte das Accessit von der Akademie zu Rouen und die letzte 1768 den Preis von der Berliner Akademie erhalten. Diese Arbeiten zeichnen sich mehr durch Gründlichkeit der Forschungen als durch den glänzenden Stil aus, den die Franzosen in dergleichen Schriften zu suchen pflegen. Unterdessen war sein Vater gestorben und er ihm in dem Amte eines Garde des tableaux du Roi gefolgt. Von seinem berühmtesten Werke, der Histoire de l'Astronomie, erschien 1775 der erste Theil, welcher die Geschichte der Sternkunde des Alterthums bis zur Gründung des alexandrinischen Museums begreift. 1779 und 1782 folgten drei andere Bände, worin die Geschichte der neueren Sternkunde bis zum Jahr 1730 abgehandelt wird, und 1787 ein Traité de l'Astronomie indienne et orientale, sämmtlich in 4. Dies mit eben so vielem Geist als Geschmack abgefafste Werk enthält sehr wichtige Beiträge zur Literatur der Sternkunde, und es kann nach Lalande's Urtheil gewissermassen als ein Lehrbuch

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der Astronomie betrachtet werden. Voltaire, der dem Verfasser über mehrere Stellen der Geschichte des Ursprungs der Sternkunde Einwürfe machte, gab zu den Lettres sur l'origine des sciences, sur l'Atlantide de Platon et sur l'ancienne histoire de l'Asie, welche 1777 und 1778 in 2 Bünden in 8. zu Paris erschienen, Veranlassung. Voltaire hielt die Braminen für die Urheber, Bailly nur für die Aufbewahrer und Fortpflanzer der Wissenschaften, indem er an nahm, dafs im entferntesten Alterthum in den Gegenden der asia tischen Tartarei ein Volk gelebt habe, dessen Einsichten fast den unsrigen gleich gekommen wären; dies Volk sei untergegangen, aber die Bruchstücke seiner Kenntnisse hätten sich unter den uns bekannten ältesten Völkern erhalten. Diese mit vieler Belesenheit durchgeführte Hypothese ist schwerlich mehr als ein Spiel der Phantasie. In den Jahren 1781 und 82 schrieb er ein grosses Werk über den Ursprung der Fabeln und der alten Religionen, wovon aber erst nach seinem Tode, 1798, 2 Bünde in 8. unter dem Titel: Essai sur les fables et sur leur histoire zu Paris erschienen sind. 1784 nahm ihn die französische Akademie und 1785 die Akademie der Inschriften zum Mitgliede auf. Er gehörte also nun allen drei grofsen französischen Akademien an, welche Ehre er mit niemand weiter als Fontenelle getheilt hat. 1784 ernannte ihn der König auf Antrag der Akademie der Wissenschaften zu einem der Kommissarien, die den damals in Paris grofses Aufsehen erregenden thierischen Magnetismus untersuchen sollten. Der Rapport des commissaires chargés par l'Académie des sciences de l'examen sur le Mesmérisme, Paris 1784, 4., ist seine Arbeit. Als der Minister Breteuil derselben Akademie im Jahr 1786 einen Plan zur Erbauung eines neuen Hôtel-Dieu für Paris zur Untersuchung vorlegte, ernannte sie zu diesem Ende eine Kommission, von der er Mitglied wurde. Er stimmte dahin, dass man statt eines einzigen kolossalen Gebäudes verschiedene Hospitüler für Paris erbauen möchte. Sein lehrreicher Bericht, der viel nützliche Vorschläge enthält, ist 1787 unter dem Titel: Rapport des commissaires chargés par l'Académie des sciences de l'examen du projet d'un nouvel Hôtel-Dieu in 4. gedruckt worden. Bis jetzt war sein ganz der Wissenschaft gewid metes Leben ein ruhiges und glückliches gewesen. Die Revolution zerstörte alles. Er wurde 1789 zum Sekretär des Ausschusses der Pariser Bürgerschaft, die sich zur Erwählung der Deputirten zu den États-généraux versammelt hatte, und bald nachher zum Deputirten selbst ernannt. Im Mai dieses Jahres erwählte ihn der Tiers-état zu seinem Präsidenten. Er war es, der die Nationalversammlung am 20. Junius in das Ballhaus (jeu de paume) führte, wo sie den Eid ablegte, sich nicht eher zu trennen, Frankreich eine Constitution gegeben. Wenige Tage nach der Einnahme der Bastille wurde er zum Maire oder ersten Bürgermei ster von Paris ernannt, und in dieser Qualität überreichte er

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dem Könige die Nationalkokarde und die Schlüssel von Paris. Er verwaltete sein mühsames Amt mit Festigkeit und Mäfsigung, und rechtfertigte das Zutrauen, welches ihn dazu berufen hatte. Selbst seine Feinde mussten gestehen, dafs er ein rechtschaffener Mann war und stets das Beste seines Vaterlandes wollte. Er war xwei und ein halbes Jahr Maire, und würde es vielleicht noch länger geblie ben sein, wenn sich nicht der ehrgeizige Pétion, von seinem mächtigen Anhange unterstüzt, um diese Stelle beworben hätte. Er durchreiste nun bis zur Mitte des Jahrs 1792 verschiedene Provinzen Frankreichs und liefs sich dann in der Nähe von Nantes auf dem Lande nieder. Unterdessen conspirirten die Jakobiner wider ihn, und legten ihm allerhand Vergehungen zur Last, wovon aber keine erwiesen ist. Man rieth dem unglücklichen Mann, sein Vaterland zu verlassen; allein er konnte sich nicht zu einem Schritt entschliefsen, der einen Schein des Verbrechens auf ihn geworfen haben würde. Er blieb, und wurde ein Schlachtopfer der Anarchie. Gegen Ende des Oktobers 1793 brachte man ihn in die Conciergerie. Einer der Hauptpunkte der Anklage war, dafs er bei dem im Monat Julius 1791, nach der Rückkehr des Königs aus Varennes, auf dem Marsfelde von den Jakobinern veranlafsten Auflauf als Zeichen der Empörung die rothe Fahne aufgepflanzt habe, da er hierin doch ganz einem Gesetze gemäfs gehandelt hatte, das wenige Tage zuvor von der Nationalversammlung gegeben worden war. Diese Fahne ward auf den Karren gesteckt, auf welchem er den 11. November 1793 zum Richtplatze geschleppt wurde. Die Barharen führten ihn, um seine Qual zu verlängern, in dem ungestümsten Wetter durch viele Umwege zum Marsfelde, wo er an eben dem Orte guillotinirt wurde, an welchem er jenes angebliche Verbrechen begangen haben sollte. Ex starb mit der Standhaftigkeit eines Weisen. Du zitterst, rief ihm einer seiner Henker zu. Ich zittre vor Kälte, war die Antwort. Sein Freund Lalande hat ihm ein würdiges Ehrengedächtnifs in einer vortrefflichen Lobschrift gesetzt, die auch unter uns durch eine gute, mit literarischen Anmerkungen begleitete Uebersetzung (Gotha 1795, 8.) bekannt ist. Ausserdem vergleiche man den von Biot und Beuchot verfafsten Artikel über ihn im dritten Bande der Biographie universelle. Seine philosophischen, belletristischen und politischen Schriften sind unter dem Titel: Discours et mémoires de M. Bailly in 2 Bünden in 8. 1790 zu Paris erschienen. Diese Sammlung enthält unter andern aufser den obgedachten Lobschriften noch Éloges auf Cook und Gresset. Erst nach dem Tode seiner Wittwe sind seine mit grofser Einfachheit und Würde geschriebenen Mémoires d'un témoin de la révolution ou Journal des faits, qui se sont passés sous ses yeux, et qui ont préparé et fixé la constitution françoise (von 1791), Paris 1804 in 3 Bänden in 8. gedruckt worden. Sie enthalten eine sehr ausführliche und umständliche Erzählung alles dessen, was

von dem ersten Moment der Revolution an unter seinen Augen geschah. Noch erwähnen wir: Recueil de pièces intéressantes sur les arts, les sciences et la littérature, ouvrage posthume de Bailly, Paris 1810, 8. Man findet darin Biographien deutscher Maler und einige andere prosaische und poetische Aufsätze von nicht sonderlichem Belange, denen der Herausgeber Cubières - Palmezeaux eine Vie privée, littéraire et politique de Bailly vorgesetzt hat. Wir geben zur Probe von seinem Stil einige schöne Bruchstücke aus seiner 1768 zu Berlin gedruckten Lobrede auf Leibnitz.

ÉLOGE DE LEIBNITZ.

Lorsqu'un grand talent se montre, il éclipse tout ce qui l'entoure: des milliers d'hommes se mesurent à ce colosse, et peut-être se plaignent-ils de la nature; peut-être pensent-ils que, pour organiser une seule tête, elle 'dépouille une génération entière. La nature est juste; elle distribue également tout ce qui est nécessaire à l'individu, jeté sur la terre pour vivre, travailler, et mourir; elle réserve à un petit nombre d'hommes le droit d'éclairer le monde, et en leur confiant les lumières qu'ils doivent répandre sur leur siècle, elle dit à l'un: tu observeras mes phénomènes; à l'autre: tu seras géomètre; elle appelle celui-ci à la connoissance des lois; elle destine celui-là à peindre les moeurs des peuples et les révolutions des empires. Ces génies passent en perfectionnant la raison humaine, et laissent une grande mémoire après eux. Mais tous se sont partagés des routes différentes: un homme s'est élevé qui osa être universel, un homme dont la tête forte réunit l'esprit d'invention à l'esprit de méthode, et qui sembla né pour dire au genre humain: regarde et connois la dignité de ton espèce!

A ces traits l'Europe reconnoît Leibnitz, qui fut à la fois poète, jurisconsulte, historien, politique, grammairien, géomètre, physicien, théologien et philosophe, ou simplement philosophe; car les différentes recherches où l'homme s'engage, ne sont que le développement des vues du philosophe qui, spectateur de l'univers, placé entre dieu et son ouvrage, contemple l'un pour mieux connoître l'autre.

Leibnitz, destiné à être la lumière de l'Europe, ne tarda pas à s'éclairer lui-même. Il faut peu de temps à la nature pour perfectionner son ouvrage, quand la raison se développe et se mûrit à la chaleur du génie. On le voit franchir d'un pas rapide le premier âge de la vie, où se traîne le reste des hommes. Leibnitz possédoit un trésor, et l'éloge de son enfance fut de le connoître et d'en jouir. Ce trésor étoit une bibliothèque, espèce de temple où la jeunesse incertaine consulte les oracles du dieu qui préside aux talens 1). La voix de l'orateur et du poète retentit à l'oreille

1) Wilhelm Gottfried Baron von Leibnitz, geboren 1646, war der Sohn von Friedrich Leibnitz, Professor der Moral an der Universität Leipzig. Der Vater hinterliefs ihm eine zahlreiche, aus sehr verschiedenartigen Bestandtheilen zusammengesetzte Bibliothek, die seinen grofsen Geist zuerst anregte, und die nächste Veranlassung zu seiner Universalität wurde.

de Leibnitz, son âme répond à leur enthousiasme, et il se dit: „je serai poète et orateur: dans les sciences même l'imagination m'inspirera de grandes choses." Cependant il rencontre la géométrie, ou la raison elle-même qui s'est assujetti l'univers. Saisi de respect à sa vue, il s'écrie: voilà le guide du sage! Bientôt il maîtrise l'imagination; il lui défend de troubler la raison qui marche devant lui, et ne se permet de suivre l'une que quand l'autre ne peut plus le guider.

Il jette ses premiers regards sur la jurisprudence, cette science malheureusement nécessaire à l'Europe civilisée; cette science, honorée surtout dans la patrie de Leibnitz, où le Germain porte le triple joug des coutumes de ses pères, des constitutions de l'Empire et des lois de Rome. Rome n'est plus, et sa puissance survit à sa ruine pour faire respecter ses lois. Le Corps germanique représente aujourd'hui cette maîtresse du monde; il hérita de ses titres, de ses lois: il eût hérité de sa grandeur si, comme elle, il n'eût connu qu'un intérêt et qu'un pouvoir 2). Du mélange monstrueux des coutumes nationales et romaines, naquirent la contradiction des lois et l'incertitude de la justice. Leibnitz fut frappé de l'imperfection de la jurisprudence. A peine l'étude qu'il en avoit faite, étoit-elle achevée, qu'il osoit prescrire la manière dont cette science devoit être enseignée et étudiée, qu'il donnoit le plan d'un ouvrage qui reste encore à faire, celui où l'on traceroit la chronologie des lois romaines, les vicissitudes' qu'elles ont éprouvées, soit dans Rome libre ou dans Rome asservie, et leur autorité conservée ou détruite par le temps.

La jurisprudence, appuyée sur les siècles qui l'ont vu nastre, s'étendre, s'obscurcir, demande l'étude de l'histoire, où l'homme s'est peint dans ses ouvrages, qui sont les moeurs, les usages et les grands évènemens. C'est sur la connoissance approfondie du genre humain que sont fondées les lois; mais combien le genre humain ne diffère-t-il pas de lui-même? Combien de nuances s'offrent à la philosophie, qui parcourt la terre d'un pole à l'autre et remonte le grand fleuve du temps jusqu'à l'origine du monde! Leibnitz considère toutes les parties de cet immense tableau, il en saisit les rapports, et le resserre en l'embrassant; il compare l'homme abruti par l'ignorance à l'homme élevé par la raison; il l'observe esclave ou libre dans l'histoire des empires et des républiques; sous les différens climats, il le trouve changé par le sol qu'il habite et par l'influence de l'air qu'il respire. Tous ces faits semblent d'abord isolés, et ne montrent que l'homme modifié par les causes physiques et morales; mais ils tendent vers un centre, qui est l'homme de la nature que cherchoit Leibnitz. C'est ainsi que le jurisconsulte devint historien. C'est ainsi, qu'en comparant les moeurs et les usages, il s'enfonça dans la recherche pénible des antiquités.

Le duc de Bronswic veut répandre une nouvelle illustration sur sa maison; il associe à la gloire de cette maison la gloire de Leibnitz, et le

2) Der Leser bedarf der Erinnerung nicht, dafs das heilige römische Reich, von dem hier die Rede ist, seit dem Jahr 1803 nicht mehr besteht, und dafs sich die Dinge seitdem ganz anders gestaltet haben.

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