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Haubois.

Haubois.

·3

4

Violin. sol.

Violin.

Viola.

Teodata.
3

Bassi.

Dieses Citat führt uns auf Steffani's Instrumentation im allgemeinen. In ,,Servio Tullio" finden wir das Streichquartett, erste und zweite Violinen, Violen und Bässe, mit oder ohne Cembalo. So ist die Ouverture, so sind auch die in der Oper zahlreichen Vor- und Zwischenspiele Ritornelle -durchwegs besetzt. (Die Ritornelle sind meist im ungraden Takt und homophon gehaltene Sätzchen, die den motivischen Gehalt der Arie fast stets vorausnehmen.)

Die Arien haben, wie wir schon betonten, entweder Cembalo- oder die genannte Quartettbegleitung. In einigen Stücken, die einen besonderen Stimmungscharakter tragen, verwendet der Komponist die Geigen solistisch, abwechselnd mit dem Tutti des vollen Orchesters, so z. B. zwei Soloviolinen mit Cembalo in der bereits erwähnten Arie der Silvia (I, Sc. 8), dann in der Arie der Tanaquil (I, Sc. 23), wo Steffani die

bei ihm seltene Vorschrift,,dolce" giebt, ferner in der des Rutilio (II, Sc. 6), des Servio (II, Sc. 16), wo Soli mit Tutti wechseln u. s. f. Erst in der letzten Scene des dritten Aktes treten zu dem ziemlich gleichförmigen Orchesterklang (Streichquartett) vier Trompeten (Sopran, Tenor, Alt und Bass [Posaunen?]), Pauken, Holzbläser (Pifferari) und später Fagott. Wenn Chrysander1) sagt,,,Steffani's Behandlung der Instrumente bietet wenig Eigentümliches dar; weder erweitert er den Kreis des Gebräuchlichen, noch macht er von dem Vorhandenen eine auffallend neue Anwendung", so hätte er recht, sofern er nur,,Servio Tullio" gekannt und gemeint hätte. Doch schon in der Oper,,Niobe" verwendet unser Meister Blasinstrumente nicht nur im Schlussensemble, sondern auch in anderen Teilen des Werkes, bald konzertierend, bald mit unverkennbarer Absicht der Charakteristik. Der Fortschritt ist in die Augen springend. Wenn auch, z. B. in ,,Niobe", II, Sc. 8, die der Gesangstimme ,,se la vita" antwortenden Terzenfiguren der Flöten:

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französischer, Lullyscher Provenienz sind, so finden sich doch immerhin Orchesterpartieen von eigenartigem Kolorit, so z. B. in,,Niobe" I, Sc. 13, wo gleich zwei Orchester - - ein kleines Streichquartett hinter der Scene und das grosse, Streichquartett und Flöte, im Orchesterraum das kurze Recitativ des Amfion begleiten. Die Stelle ist musikalisch von hervorragender Schönheit, eine Vorahnung Mozartschen Geistes. Ich gebe sie hier im Auszug wieder:

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Der melodische Schwung und die feine Kontrapunktierung der Mittelstimmen sind ebenso echt steffanisch, wie die Vorhalte (besonders das vorgehaltene b im Bass des vierten Taktes, eine beliebte Wendung unseres Meisters). Im übrigen zeigen auch sorgsame dynamische Angaben, wie „Soli piano“ und der Reichtum an Klangfarben: z. B. in einem Takte,,piff.", im nächsten ein Tutti der Streicher (I, Sc. 20, II, Sc. 4), dass Steffani in der Instrumentation eigene Wege geht. Die Arie des Poliferno in der Oper „Niobe“ (I, Sc. 20), „Fiera a letto“ gewinnt durch die Hinzufügung des Fagotts zum Cembalobass und zu den Bläsern, einen eigenen Reiz:

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Die Ouverture zu dieser Oper (Niobe) ist ausnehmend stark instrumentiert. Wir haben hier das vierstimmige Streichorchester, vier hohe Posaunen (oder Trompeten) und Pauken in G C. Das Orchester spielt,,a tenda chiusa", d. i. bei geschlossenem Vortrag.

Gegen „Niobe" fällt die Oper „La lotte d'Alcide" etwas ab. Die Orchesterbehandlung, wie überhaupt die ganze Oper,

ist von Lully ziemlich stark beeinflusst und zeigt weniger persönliches Gepräge. Dagegen steht Steffani in den folgenden Werken:,,Rivali concordi",,,Tassilone",,,Briseide" wieder auf der Höhe, ja er geht in mancher Beziehung, z. B. in der Verfeinerung der dynamischen Nuancen dolce, forte (in raschem Wechsel, wie wir ihm bei Lully so oft begegnen), sowie in der Häufung von Solozwischenspielen, einen Schritt weiter. So kombiniert er einmal die Hautbois solo mit den Violinen und dem übrigen Streichorchester, oder er lässt zum Streichquartett noch die Tromba hinzutreten. Die Verwertung dieses Kunstmittels zur Illustration des Jubels, hat ja dann später Händel zu gewaltiger Höhe gesteigert.

Über die Beschaffenheit, resp. den Unterschied der Streichinstrumente bei den Italienern und Franzosen, klärt uns Raguenet auf1). Er sagt,,,die Italiener hätten ihre Geigen mit dickeren Saiten bezogen als die Franzosen; ihre Bögen seien länger, ihr Ton sei zweimal so stark als bei den französischen Instrumenten; ihre ,,Archiliuten" 2) seien doppelt so gross und ihre tiefen, starkklingenden Bassgeigen fehlten dem französischen Orchester völlig".

Steffani schreibt in seinem Orchester für die italienischen Geigen. Seine Schlüsselbezeichnung für die ersten und zweiten Violinen ist unser heutiger Violinschlüssel); wir treffen ihn auch bei den übrigen Italienern, während Lully in seinem stets fünfstimmigen (1) Streichorchester die ersten (hohen) Geigen mit G-Schlüssel auf der ersten Stufe

die mittleren Geigen mit C-Schlüssel auf der zweiten Stufe: die Bassons mit dem Bassschlüssel bezeichnet. Bei Steffani stehen die Violen durchweg im Altschlüssel. Der Umfang der Bassstimme geht bis ins tiefe D

1) s. Marpurg, a. a. O., p. 400.

2) Damit sind die grossen Basslauten gemeint.

3) Doch stehen z. B. in der Arie des Tarquinius (am Schluss des

Prologs) die ersten und zweiten Geigen auch im

Schlüssel.

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