Page images
PDF
EPUB

will. Wohlan denn, es sei Euer Kind ein gesegnetes Kind! So verschieden die Menschen sein mögen an Geist und Angesicht, schließlich giebt es doch nur zweierlei: Menschen des Segens, Menschen die mit einer Aussaat der Liebe und des Glaubens durch diese Welt gehen, in deren Nähe man besser wird, die, wenn sie aus dieser Welt gegangen sind, noch einen hellen Lichtschein im Herzen aller derer zurücklassen, denen sie Liebes und Gutes gethan, und Menschen ohne Segensspur, deren Gedächtniß verweht wie das Blatt im Winde. Schenke es Euch denn unser HErr, daß Ihr einst mit diesem Kinde vor Seinen Thron treten könnt und sagen: „Siehe HErr, hier sind wir und das Kind, das Du uns gegeben hast, und wir haben es nicht verloren." Das walte an Euch der barmherzige Gott durch Jesum Christum unsern HErrn, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.

2. Taufrede

über Jesaja 43, 1:

„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöset; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein."

Nach dem Tode des ersten Kindes.

So spricht der HErr: „Eure Traurigkeit soll in Freude verkehret werden", mit diesem Worte laßt mich Euch grüßen, geliebte Eltern dieses Kindes. Ein Tag der Schmerzen und der Thränen liegt hinter Euch. Die Wiege Eures Kindleins heute erinnert Euch an das ferne Grab Eures entschlafenen Kindes, an das Mägdlein, das in seliger Ruhe schlummert. Aber die Hand, die geschlagen, die heilt auch, und die Hand die genommen, giebt auch wieder. Und sie hat wieder gegeben, und Gottes Güte hat Euch wiederum angeschaut aus zwei Kinderaugen, und ihr Strahl will hineinglänzen in Eure Thränen und sie trocknen.

Dich, liebe Mutter, hat der HErr behütet und bewahrt über Bitten und Verstehen und den Eingang in Eure neue Heimath hier gesegnet in diesem Kindlein. Aber wo wollen wir hin mit ihm? Wem wollen wir's befehlen, daß es behütet bleibe an

Leib und Seele, Eure Freude und Krone werde? Kommt, wir wollen es in der heiligen Taufe dem HErrn in den Arm legen. Er will ihm als sein treuster Taufpathe die herrlichsten Geschenke in die Wiege geben.

Höret denn das Wort, das Euch in Eurem Kinde Trost, Licht, Stecken und Stab sein soll: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöset; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein".

[ocr errors]

Fürchte dich nicht". Wer will einem Menschen, wer will einem schwachen, ohnmächtigen Kinde sagen: „Fürchte dich nicht"? Ist doch sein Leben wie ein flackernd Licht, das jeder Windzug auslöschen kann. Wir aber, die wir das Leben kennen mit seinen Gefahren, nicht bloß nach außen sondern auch nach innen, mit seinen Schlünden und Abgründen, wissen, was das heißt: „Fürchte dich nicht". Das müßte ein Mensch mit starker Hand sein, der uns so fest hielte, daß keine Furcht uns überkäme. Aber Menschen können es nicht sagen. Uns läßt die stärkste Menschenhand los, und das treuste Auge bricht. Darum tritt ein Stärkerer an die Wiege des Kindes. Er, der Himmel und Erde gemacht hat, der Allmächtige sagt ihm: „Ich bin mit dir, wer mag wider dich sein.“ Da wissen wir das Kind geborgen. Darum getrost, liebe Eltern, auch über Eurem Kinde:

,,Es kann ihm nichts geschehen,

Als was Er hat versehen

Und was ihm heilsam ist“.

will uns aber der HErr die „Es soll mein Kind und ein Sind unsere Kinder das, dann

Jedes Kind ist ja ein Räthsel, ein Geheimniß. Wir wissen nicht, was aus ihm wird. Da seligste, tröstendste Antwort geben: Erbe des ewigen Lebens werden". sind sie das Herrlichste geworden, was ein Mensch zu werden vermag. Aber noch mehr will ihm sein HErr schenken. „Ich habe dich erlöset", spricht Er weiter. Es soll ein Eigenthum Jesu Christi sein, ein Schäflein seiner Weide werden. So ist es erkauft und gezeichnet mit seinem heiligen Kreuze, unter dem guten Hirten soll es geleitet werden zur grünen Aue und zum

frischen Wasser, für sein tiefstes Bedürfniß nach Frieden und Vergebung bei Jhm Befriedigung finden. Was kann dem Kinde dann fehlen? Hält Er es in Seiner starken und treuen Hand, wer will es herausreißen? Ach lieben Eltern, sagt es Euch alle Tage, daß Euer Kind ein heilig Kind ist, berufen zu einer großen Herrlichkeit, zu einem unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das ihm behalten ist im Himmel. Ja, „Ich habe dich erlöset", das wird des Kindes Trost in seinen schweren Stunden im Leben, sein Trost auch im Scheiden sein.

„Und bei deinem Namen gerufen, du bist mein". Von heute an werdet Ihr es bei seinem Namen rufen, und es wird ein köstlich Zwiegespräch sein, wenn Euer Kind einst auf das Wort von Vater oder Mutter „Du bist mein" antwortet ,,und ich bin dein". Aber ein Anderer noch wird es rufen, wie kein Mensch es rufen kann, das ist sein HErr durch den heiligen Geist: Ich kenne die Meinen und bin bekannt den Meinen". Es soll sich als Gotteskind im treusten Gedächtniß der Liebe aufgehoben wissen und dann auch selbst bekennen dürfen mit dem Liede: „Der mich liebt und der mich kennt

Und bei meinem Namen nennt“.

Er wird es rufen, wenn es betet, und ihm antworten. Er wird es tröstend bei seinem Namen rufen in der Anfechtung und wird es warnend rufen, wenn es ausgleiten will.

[ocr errors]
[ocr errors]

,,Du bist mein", ja das ist der Zusammenschluß aller Gnaden der Taufe. Du bist mein" nicht Euer Kind allein also, sondern Gottes Kind, nicht ein Gast bloß auf Erden, sondern ein Bürger des Himmels. Geliebte Eltern, so schaut allezeit Euer Kind an als ein theures anvertrautes Gut, was der HErr jederzeit zurückfordern kann. Mit dem heutigen Tage ist es Sein, und sein Ziel ist, in dem zu sein, was seines Vaters ist. Wer sein Kind alle Tage aus der Hand Gottes nimmt, als Gottes Eigenthum, hat es nicht weniger licb, sondern hütet und pflegt es um so mehr. Aber er bewahrt das Herz doch immer und macht es los in völliger Hingabe und spricht: „HErr es ist Dein, Du hast es gegeben, Du kannst es auch nehmen."

Aber der HErr schenke es Euch, daß es Euer Sonnenschein im Hause bleibe, daß Ihr noch in viel tieferem Sinn als jene römische Mutter, wenn man nach Euren Schäßen fragt, auf die beiden Kinder hier und auf das selige Kind da oben zeigen und sagen könnt: „Siehe, die sind unser Schmuck und Edelstein". Dazu segne Euch und Euer Kind der treue HErr, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.

3. Taufrede

über Psalm 28, 7:

Der HErr ist meine Stärke und mein Schild, auf ihn hoffet mein Herz und mir ist geholfen, und mein Herz ist fröhlich und ich will ihm danken mit meinem Liede."

Bei der Taufe des Sohnes des Frhrn. v. Watter, 1893.

In Christo geliebte Freunde, insonderheit lieben Eltern und Pathen des Kindes! „Lobe den HErrn, o meine Seele", so lautet das Lied unter dem Losungswort am Tag der Geburt Eures Kindes, das auch heute die Losung am Tage der Taufe sein soll. Und gewiß, wenn aus irgend einem Munde das Lob unseres Gottes erklingt, dann aus dem Euren, liebe Eltern. Seit Ihr Euch die Hände gereicht im Land der fernen Heimath, wo Euch jener ehrwürdige, unvergeßliche Knecht Gottes*) gesegnet hat, ist manche bange Stunde über Euer Haupt gezogen, manch seliges Hoffen geknickt. Der HErr betrübt wohl, aber Er erquickt auch wieder, Er führt hinab in die Tiefe, aber auch wieder hinauf zu lichten Höhen. Und so hat Euch Gottes Güte und Gnade wieder gegrüßt aus diesen Kinderaugen, zu Euch geredet aus diesem geschlossenen und doch so beredten Kindermund. Darum sezt Ihr den Denkstein und schreibt darauf: „Der HErr ist meine Stärke und mein Schild, auf ihn hofften wir, und uns ward geholfen."

*) Prälat Gerok.

[ocr errors]

Als die Gesegneten des HErrn kommt Ihr und preiset seine Treue, die über Mutter und Kind gewacht und ihre heilige Hand gehalten, die Euch den Erben Eures Namens gegeben und auch diesen Tag vor seinem Angesicht Euch geschenkt hat. Aber Ihr kommt doch zugleich als die Bittenden: „HErr, wir lassen Dich nicht, Du segnest denn auch unser Kind!“ Und Er will es segnen, ihm in der heiligen Taufe geben, was kein Mensch und keine Welt ihm geben, aber auch keine Macht der Erde ihm rauben kann. Der HErr ist meine Stärke und mein Schild", das soll auch ihm jezt versiegelt werden in dieser heiligen Stunde. Mit Seiner Macht und Stärke neigt sich der Vater im Himmel jezt zu dieses Kindes Ohnmacht, mit Seinem Reichthum und Seiner Fülle zu des Kindes Mangel und Armuth und giebt ihm den Freibrief, daß es an Sein großes Herz allzeit kommen und beten darf: „Abba, lieber Vater!“ Da soll kein Weg so verschlungen, keine Nacht so dunkel sein, daß nicht Gottes Liebe der leuchtende Stern über seinem Haupte bleibe und die Lösung aller Lebensräthsel. Auf Ihn soll seine Seele hoffen und ihr wird geholfen sein.

So manche Hoffnung wird diesem Kinde im Leben zu Schanden werden, ist es doch hineingeboren in eine wankende, unsichere Welt, in der nichts beständig scheint als der Wechsel; aber, ob auch Berge weichen und Hügel hinfallen, Gottes Gnade soll nicht von ihm weichen, und der Bund seines Friedens soll nicht hinfallen. In allen Stürmen, in aller Noth will Er ihm Schutz und Schirm bleiben, in der Flucht seiner Tage soll es bei Ihm Zuflucht suchen und finden, und gerade in den tiefsten Stunden des Lebens, da es sich selbst und keiner ihm helfen kann, erfahren: Der HErr ist nahe denen, die Ihn anrufen; er ist ein Fels; wohl dem, der sich auf Ihn verläßt.

Aber nun tritt auch der Heiland zu ihm als sein guter Hirte und will ihm sagen: „Fürchte dich nicht, ich bin deine Stärke und dein Schild." In Eures Kindes Herzen schlägt ein Pilgrims- und Fremdlingsherz, dessen Sehnen diese Welt und Zeit nicht zur Ruhe bringen kann; es trägt ein Heimweh in

« PreviousContinue »