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habet auf jeden leisen Mißton, auf die geringste Uneinigkeit, wenn Ihr anders allzeit fröhlich sein wollt. Wohl bleiben die dunklen Fluthen nicht aus, aber auch über diesen Wassern liegt der Geist Gottes und die Heilandshände, die aus Wasser Wein bereiten. Wer mit dieser Freude an seinem Gott in den Ehestand tritt, der hat immer Ursache, fröhlich zu sein, denn Gottes Güte und Christi Gnade ist alle Morgen neu. Er fällt nicht aus der Freude heraus und kann alle Tage singen:

„Mein Herze geht in Sprüngen
Und kann nicht traurig sein,
Ist voller Lust und Singen,
Sieht lauter Sonnenschein.
Die Sonne, die mir lachet,
Ist mein HErr Jesu Christ,
Das, was mich singen machet,
Jst, was im Himmel ist."

Aus dieser Freude kommt auch alle wahre irdische Freude und die selige Kunst, den Andern fröhlich zu machen. Und das ist vornehmlich Deine Aufgabe, liebe Braut, daß Du Deines Mannes Herz fröhlich machst. Wer seinen Mann fröhlich macht, wer ihm sein Haus so lieb zu machen versteht, daß ihm das Herz lacht, wenn er sein Dach von ferne erblickt, der hat, dünkt mich, als Weib Großes und Köstliches an seinem Mann geleistet. Darum zuerst die Hausregel „Seid fröhlich allezeit!“

Aber freilich, hat Jemand dies erste selige Geheimniß einer fröhlichen Haushaltung gefunden, dann muß er auch zuschauen, daß er's erhalte, daß dem Delkrug nichts mangle und das Mehl nicht verzehrt werde. Ist der Friede aus Gott die Quelle aller Freude, so ist das Gebet der goldene Eimer, mit dem wir täglich schöpfen können. Darum sagt der Apostel: „Betet ohne Unterlaß". Nun ja, daß ein Paar betet an seinem Hochzeitstage, das will ich glauben; es wird doch eine Stunde im Leben sein, da der Ernst und die Güte Gottes Einem das Gebet auf die Lippen treibt, aber beten ohne Unterlaß, was will das heißen? Ja, wenn beten nichts Anderes wäre, als die Hände falten, als eine fromme Gewohnheit, oder auch als Etwas, wozu man sich in Zeiten der

Frommel-Gedenkwerk. Bd. V. Reden aus dem Amt.

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Noth entschließt, dann möchte es als Thorheit erscheinen, zu sagen: Betet ohne Unterlaß“. Beten aber ist ein Zustand der Seele, ein Eingewurzeltsein in Jhn, den ewigen Lebensgrund, wie der Baum sich mit tausend Fasern und Wurzeln in die Erde senkt. Wer aus Gott herausfällt, fällt aus dem Frieden und aus der Freude, und dann kommt das trozige Menschenherz zu Tage. In keinem Verhältniß wird aber so offenbar, was in uns ist, als in der Ehe, im täglichen Zusammenleben. Da giebt's jeden Tag bei Gott abzubitten, wegzubeten vom Herzen, was den Frieden stören will, herabzubeten von Gottes Kraft ins schwache Herz. Je mehr sich die Seele Gott hingiebt im Gebet, desto mehr nimmt sie Gott in sich auf. Darum bete Jedes zunächst für sich selber im Ehestand. Wer betet, ist geheiligt und gewappnet, der geht mit leuchtendem Angesicht durch die Welt, wie Moses Angesicht leuchtete, als er mit Gott geredet hatte. Solch Beten bringt die heilige Scheu zwischen den Ehegatten und die wahre Achtung, ohne welche die feurigste Liebe bald erkaltet. Aber auch beten für einander. Es gilt vor Allem Dir, lieber Bräutigam. Siehe, die Eltern Deiner Braut haben Dir das Beste gegeben, was sie in ihrem Hause haben, mehr als vergängliches Silber und Gold — sie haben Dir eine unsterbliche Seele, die Seele ihres Kindes, anvertraut. Für diese Seele sollst Du sorgen, sie nicht verlieren. Darum, an Dein Gewissen lege ich sie Dir, für die Du Rechenschaft geben sollst am jüngsten Tage. Du bist einst in Kampf und Schlacht gezogen, heute will Jemand an Deiner Seite kämpfen den guten Kampf des Glaubens, dessen Lohn die Krone des Lebens ist. nimm sie mit in diesen Kampf und reiche ihr wie unsere Vorfahren zur Morgengabe Schild und Schwert: den Schild des Glaubens und das Schwert des Geistes. Ja, nehme Eins das Andre mit und trage es auf den Schwingen des Gebets vor Gottes Thron. Darum „betet ohne Unterlaß!" Wo aber Gebet, da ist auch Segen. Die Gebete sind die ausgespannten Segel, die Arbeit die Ruder und der Segen von Oben der glückliche Wind; so geht das Lebensschiff, so muß ja Alles zum Segen werden, wo Alles mit fröhlichem und betendem Herzen an- und aufgenommen wird.

Da versteht man auch das letzte Wort des Apostels: Seid dankbar in allen Dingen". Daß ein Hochzeitspaar dankt in der Trauungsstunde, verwundert uns nicht, ist's doch lauter Güte und Gnade, die zum Dank treibt. Aber dankbar sein können in allen Dingen, auch in denen, da uns Uebles und Trauriges widerfährt, scheint uns, wenn nicht undenkbar, so doch unausführbar. Wenn dem Menschen seine Gedanken durchkreuzt werden, so dünkt ihm zum Danken wenig Ursache zu sein, und da das den Allermeisten im Leben widerfährt, erscheint ihnen ihr Leben ein zweckloses und verfehltes, und darum giebt es auch so wenig dankbare Gemüther. Wer aber betet, dem wird auch das Danken leicht. Wo man dankt, da lichtet sich das Verworrenste, und man erkennt auch in der Trübsal nur Friedensgedanken unseres Gottes und nicht Gedanken des Leides. Wenn etwas aber der Gatten Herz einander recht nahe bringt, so ist es Trübsal und Leid. Da kann sich ja erst recht offenbaren, wieviel Eins dem Andern ist und Eins vom Andern besitzt. Es ist schön und herrlich, wenn man die Freude theilt und der Mann keine Freude hat, die das Weib nicht mitgenießt; aber noch herrlicher dünkt es mir zu sein, wenn kein Leid im Hause ist, das nicht gemeinsam getragen wird. Nun denn, wenn der HErr käme in Euer Haus und hätte ein rauhes Gewand und spräche: „Siehe, die ich lieb habe, die züchtige ich": Wollt Ihr dann nicht auch dankbar sein in allen Dingen und sprechen: „Der Name des HErrn sei dennoch gelobt?" Wäre es Euch wirklich zu schwer, schiene es Euch zu hoch, was der Apostel Euch vorhält? Ist es nicht, wie der Text sagt: „der Wille Gottes" an Euch? Allerdings kein fordernder Wille bloß; denn wo Gott fordert, da gewährt Er auch. Es ist ja der Wille Gottes in Christo Jesu an Euch. Hier ist der Mann, in welchem und durch welchen das Schwerste leicht wird. Er hat Friede und Freude in diese friede und freudelose Welt gebracht, und darum können wir in Seiner Kraft allezeit fröhlich sein. Er hat den Zugang zum Vater geöffnet, selbst gebetet ohne Unterlaß, damit auch wir es könnten in Seinem heiligen Namen. Sein Leben, Sterben und Auferstehen ist das leuchtendste Unter

pfand, daß auch die Wege der Seinen durch Nacht zum Licht und vom Kampf zum Siege gehn.

So bittet Ihn denn, daß Er komme, heute in Euer Haus zur Hochzeit, wie dort zu Cana, mit Euch wandle, wie mit den Emmausjüngern, denen das Herz brannte bei seiner Nähe, Euch Seine starke Hand reiche wie Petro auf dem Meer bei Euch bleibe, wenn es Abend werden will, und einst Euch zu sich nehme zu seiner großen Hochzeit dort werdet Ihr im höheren Sinne Euern Text verstehen, im höhern Chor ihn singen und sprechen: Nun jezt HErr! Allezeit fröhlich bei Dir! Dich anbetend ohne Unterlaß, Dir dankend in Ewigkeit Deinem Namen sei Ehre und Preis. Hallelujah! Amen.

2. Traurede

über Josua 24, 15:

So erwählet euch heute, welchem ihr dienen wollet; dem Gott, dem eure Väter gedienet haben jenseit des Wassers, oder den Göttern der Amoriter, in welcher Lande ihr wohnet. Ich aber und mein Haus wollen dem HErrn dienen."

Bei einer Offizierstrauung, Berlin 1875.

In meiner alten Heimath steht zu Heidelberg ein Haus, an welchem mit goldenen Buchstaben die Worte des 127. Psalm sich finden: „Wo der HErr nicht das Haus bauet, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wo der HErr nicht die Stadt behütet, so wachet der Wächter umsonst.“ Wunderbar! Dies Haus blieb einzig übrig, als Krieg und Brand die Stadt in Schutt und Asche legten.

Und doch gilt jenes Psalmwort im tiefsten Sinne nicht vom Hause aus Holz und Stein erbaut, sondern von dem Hause, das Jhr, lieben Brautleute, heute bauen wollet. Euer Kirchgang ist ein Zeugniß: „Wir wollen mit dem HErrn anfangen zu bauen und bitten, daß Er den Bau behüte." Und mit Euch ziehen

in die Kirche und geleiten Euch zum Altar die Freunde EuresHauses. Wohl sucht Ihr schmerzlich an diesem Tage die liebsten Hände Euch zu segnen: Deine Eltern, liebe Braut, sie haben Dich gesegnet bei Deinem Ausgange aus dem Vaterhause und sind jeßt mit ihrem Gebete und ihrem Geiste hier an dieser Stätte, Deine Mutter in der Ferne, lieber Bräutigam, und Dein verklärter Vater, sie gedenken heute beide Deiner und Deines Weibes! Und doch, so köstlich es ist, solchen Segen mitzunehmen ins junge Haus, so kommt es doch vornehmlich auf Euch an, nicht bloß das Haus im Aufblick zum ewigen Bauherrn der Welt aufzuschlagen, sondern in dem Hause selbst dem HErrn eine Stätte zu bereiten, ein Haus, darin der Friede wohnt, eine Hütte Gottes bei den Menschen zu bauen. Je edler aber das Herz ist, desto mehr wird ihm vor einer solchen Aufgabe bangen. Ist es doch etwas Anderes, sich grüßen auf dem Lebenswege und wieder etwas Anderes, diesen Weg miteinander gehen; etwas Anderes, den hohen Feiertag festlich begehen, und etwas Anderes, den sauern Werktag theilen. Wenn Ihr aber das Bekenntniß Josuas zu dem Euren macht, so werdet Ihr, deß bin ich gewiß, die hohen Aufgaben erfüllen, die Ihr Euch heute stellt.

Und so laßt mich Euch dies Wort in Kürze ans Herz legen. Es war ein hoher, entscheidender Augenblick, in welchem Josua unser Wort sprach. Um ihn her das Volk, welches der HErr getragen hatte wie ein Adler seine Jungen und wie ein Vater seinen Sohn, mit starker Hand es herausgeführt aus der Knechtschaft Aegyptens in das Land, da Milch und Honig floß, behütet und bewahrt in den Schrecken der Wüste wie in den Fluthen des Rothen Meeres. Da, am Ende dieser Wanderung, legt der greise Josua ihnen die entscheidende Frage vor, ob sie bleiben wollen bei dem Gotte, der sie so wunderbar geführt, oder dienen den Gößen des Landes, in welches sie gezogen. Möchten sie sich entscheiden, wie sie wollten: „Ich aber und mein Haus wollen dem HErrn dienen." Und das Volk antwortete aus einem Munde: „Das sei ferne von uns, daß wir den HErrn

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