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Ja, wenn wir nicht vergessen, dann will der HErr vergessen, vergeben und vergessen, königlich, ohne Bedingung. „Ich will vergeben, will Frieden geben an diesem Ort“, das soll jeder gedeckte Abendmahlstisch uns sagen, so anders wir in Buße und Glauben kommen. „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes ? Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja viel mehr, der auch auferstanden ist und sizet zur Rechten Gottes und vertritt uns".

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II.

Aber freilich, nicht Vergebung allein will unser HErr im heiligen Mahle uns schenken: Er will sich uns mittheilen. „Ich in ihnen und sie in mir", diese Bitte des Hohenpriesters für die Seinen, hier im Abendmahle kommt sie zur höchsten Erfüllung. Als einen Ersaß für seine leibliche Nähe hat der HErr das Vermächtniß seines Leibes und Blutes den Seinen hinterlassen, daß sie ihn fühlen und greifen, ja daß sie schmecken sollten die Kräfte der zukünftigen Welt, so oft sie den heilsamen Kelch nehmen. „Wenn ich dich nur habe"; gewiß, wir haben ja unsern HErrn auch im Worte, haben Ihn und fassen den Saum Seines Gewandes auch in den Führungen unseres Lebens wie in den Geschicken der Völker, und doch, das ist der Segen dieses heiligen Mahles, daß wir hier in persönliche Gemeinschaft mit unserm HErrn treten und spüren sollen, wie eine Kraft von dem Erhöhten ausgeht. Wie die Sonne leuchtend hoch am Himmel steht, aber wärmend und belebend wirft sie ihre Strahlen auch auf das fernste, tiefste Thal, so will der himmlische Christus Sein göttlich Leben in die Seinen ausstrahlen, so will Er neuen Lebensmuth, neue Lebenskraft in ihnen wirken, so oft sie Ihn bitten, bei ihnen einzugehen und das Abendmahl mit ihnen zu halten. Da erfahren sie es, herrlicher als der Psalmist des alten Bundes: „Der HErr ist meines Lebens Licht, vor wem sollte mir grauen? meines Lebens Macht, was können mir Menschen Ihn allezeit vor Augen und auf seiner Seite hat, Gewißheit Seiner gnadenvollen Nähe ins Herz gegeben, der braucht nicht mehr zu fragen nach dem trügerischen Urtheil der

Der HErr ist thun?" Wer wem Er die

Welt, der wird in den mancherlei und schweren Fragen und Entscheidungen, vor die ihn das Leben stellt, die rechte Bahn, den rechten Kurs finden. Der wird dies Leben nicht zu leicht aber auch nicht zu schwer nehmen, weil er weiß: „Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden“, Christen sind Menschen der Zukunft. Sie wandern im Glauben und nicht im Schauen. Wenn aber Christus, ihr Leben, sich offenbaren wird, werden auch die Seinen mit Ihm offenbar in der Herrlichkeit. Das ist

"

III.

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der Trost unserer Pilgrimschaft, wie ihn das heilige Mahl uns von Neuem versiegeln will. Ein Pilgermahl ist es, das wir feiern, ein Tisch, gedeckt in der Wüste mit den Kräften der zukünftigen Welt, ein Mahl mit Himmelsbrot und Himmelstrank zu Eliae Häupten unter dem Wachholder, mit der Engelstimme: Stehe auf, iß und trink, du hast noch einen großen Weg vor dir, aber gehe in Kraft dieser Speise bis an den Berg Gottes". „Als die Hinwegeilenden", mit dem Hut auf dem Haupt und dem Stab in der Hand, sollten die Feiernden im alten Bunde das Passah essen. So thun auch wir und feiern mit dem Bekenntniß auf den Lippen: „Ich bin beides HErr, Dein Pilgrim und Dein Bürger". Wir sind in einem großen Zuge, dessen Spize schon oben angekommen ist, und unsere Abendmahlstische hier unten, sie stoßen an die Tische droben, da der HErr, wie er es seinen Jüngern vorausgesagt, von Neuem das Abendmahl feiern wird mit den Vollendeten in Seines Vaters Reich. Die Herzen in die Höhe! Wenn wir Ihn nur haben und halten im festen Glauben, in treuer Liebe und in der Hoffnung des ewigen Lebens, dann mag es hineingehen in dunkle Zeit, in Leid und Kampf, nach innen oder außen: wie unser Tag so wird auch unsre Kraft sein, und unser Alter wie unsre Jugend, und unser Sterben Gewinn, denn Christus ist unser Leben. Ja, „Wenn ich Ihn nur habe“, ,,Wenn Er mein nur ist." - Amen.

IV. Trauneden.

1. Rede

über 1. Thessalonicher 5, 16 bis 18:

„Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlaß, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christo Jesu an euch."

Gehalten in Karlsruhe, den 14. September 1861, bei der Trauung des Rittmeisters Freiherrn C. T. v. A.

„Lobe den HErrn meine Seele und was in mir ist seinen Heiligen Namen! Lobe den HErrn meine Seele und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat!"

Ja, Lob und ewiger Dank müssen wohl beide jetzt wie ein heiliger Gesang durch die Herzen ziehen. Oder müßtet Ihr nicht, theure Eltern der Braut, beim Anblick Eures bräutlichen Kindes sagen mit David dem Könige: „HErr, HErr, was bin ich und was ist mein Haus, daß du mich bis hierher gebracht?" Und läßt der lieben Mutter des Bräutigams der freundliche HErr nicht heute nach mancher Trauer der vergangenen Tage einen fröhlichen Blick Seines Angesichts herniederleuchten? Ja, so ist's wohl unser Aller Freudentag, die wir Euch näher oder ferner stehen, denen aber Eure Seele lieb geworden. Vor Allem aber ist es Dein Freudentag, liebes Brautpaar, und Euch muß ja vor Allem Lob und Dank auf den Lippen liegen. Denn sagt: „Wer ist's, der Euch bis hierher gebracht? War't Ihr es selbst? Nein, was Ihr Euch in stiller Stunde gewiß mehr denn einmal

gesagt, heute gilt es, es auch laut zu bekennen: „Das ist vom HErrn geschehen und ein Wunder vor unsern Augen“. Von dem HErrn ist's geschehen, der weit über Berg und Land den Ring Eines Rathes und Einer Liebe schlingt; der mit heiliger Hand die Fäden unseres Geschickes hält und sie verschlingt nach Seinem Wohlgefallen. Ja aus eigenster Erfahrung könnt Ihr mit Paul Gerhards Lied sagen:

„Eines war des Andern Kron',

Eines war des Andern Ruh,
Eines war des Andern Licht,
Wußten's aber Beide nicht.
Da erschien in Werk und That

Dein so tief verborg'ner Rath.“

Mit Zittern und Bangen muß jedes Brautpaar vor den Altar treten, das sich selbst seinen Weg hierher gebahnt, mit bangem Zweifel, ob seine Wahl die rechte und sein Weg ein glücklicher; aber in seliger, kindlicher Zuversicht tritt ein Paar zu dem Traualtar, das den HErrn zum herrlichen, unsichtbaren Brautführer hat. Und das, denke ich wohl, wird auch, liebes Paar, der heilige Grund Deiner Freude am heutigen Tage sein. Aber eben deshalb darf ich auch fröhlich den Mund und ohne Scheu ihn öffnen, um Euch den ganzen und vollen Ernst dieser Stunde ans Herz zu legen. Jst's ja doch eine Stunde, in deren Pulse die Ewigkeit mit hinein schlägt, birgt sie doch in ihrem lichten und doch so dunkeln Schoße die Entscheidung über Euer Wohl und Wehe in der Zeit und ach vielleicht bis hinein in die Ewigkeit! Das sage ich nicht, um Euch Eure Freude zu nehmen, sondern um sie zu gründen auf den Fels, der nimmermehr wankt. Möcht' ich Euch doch wahrhaft glücklich sehen, ach nicht so glücklich wie so manches Ehepaar erscheint in unserer Stadt, wo der äußere Glanz den innern tiefen Jammer verbirgt, sondern ganz und völlig gesegnet aus Zion, was mehr ist als glücklich in der Welt. Und was wäre dieser Fels anders als Gottes heilig, untrüglich Wort? Sein Wort und Seinen Segen nehmt als Eure beste Aussteuer in Eure Ehe.

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Drei Worte aus Gottes Wort habt Ihr gehört: „Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlaß, seid dankbar in allen Dingen" - drei heilige Hausregeln sind es für Euren Ehestand, Geliebte. Hausregeln? Sind es nicht vielmehr drei schwere Hausräthsel? möchtet Ihr sagen, die Du uns aufgiebst? Allezeit fröhlich sein, wer kann das? Beten ohne Unterlaß, wer vermag das? Dankbarkeit in allen Dingen, auch in den bösen, wer kann das leisten? Und doch nicht als ein unerreichbar Jdeal wird uns solches Wort hingestellt, sondern als ein „Wille Gottes“ in Christo Jesu an Euch. Gott fordert nichts, was der Mensch nicht leisten könnte. Rathen wir denn dies Räthsel und löset Ihr es durch Eure Ehe.

Allezeit fröhlich möchte ich Euch haben in Eurem Ehestande. Mit einem fröhlichen Herzen hinein, mit einem fröhlichen Herzen darin! Nicht heute bloß an Eurem Hochzeitstage und so lang die reichen und doch armen Weltflitterwochen dauern, nein allezeit fröhlich! Das natürliche Menschenherz vermag das nicht. Das meint ja wohl: der Weltlauf wechselt zwischen Tag und Nacht, zwischen Sommer und Winter, warum sollte nicht auch mein inneres Leben abschwanken zwischen Leid und Freude? Und darum geht's mit ihrem Leben heute,,himmelhoch jauchzend", morgen „zum Tode betrübt". Wo fehlt's doch dieser Freude, daß sie keine Dauer hat, daß sie verwelkt wie eine Blume, die des Morgens blüht und des Abends abgehauen wird und verdorrt? Doch daran, daß sie eben nichts Anderes ist, denn nur solch ein schwankendes Gras und eine Eintagsblume, die nur obenhin ihre Wurzeln schlägt, weil sie keinen tiefen heiligen Grund hat. Darum ist sie so arm; darum lacht bei ihr oben der Mund, während das Herz unten weint. Freude ist ein Strahl vom Angesichte Gottes. Sie ist nur da, wo die andere Frucht des Geistes ist: der Friede. Jeder Unfriede, jede innere Disharmonie verscheucht die Freude aus Herz und Angesicht. Nur ein Herz, das Friede mit Gott hat, ist freudig. Ein versöhntes Kind ist ein freudiges und fröhliches Kind. So ist denn dieser Friede mit dem HErrn und untereinander die Quelle aller Freude. Ach, daß Ihr darum Acht

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